Gesucht: Koalition der Kriegswilligen für den Golf unter US-Führung

Washington schmiedet an einer Koalition, die im Persischen Golf patrouillieren soll, um den Schiffsverkehr vor angeblicher iranischer Sabotage zu schützen. Die USA verfolgen damit ein doppeltes Ziel: Die Sanktionen gegen den Iran zu verschärfen und sich internationale Legitimität zu verschaffen.
Gesucht: Koalition der Kriegswilligen für den Golf unter US-FührungQuelle: Reuters © Antonio Gemma Moré/U.S. Navy/Handout via Reuters

von Rainer Rupp

Die Initiative der US-Kriegsmarine ist die jüngste in einer Reihe von Bemühungen der unkontrollierbaren Kriegstreiber in der Trump-Administration, arabische und weitere Verbündete zu einer aggressiveren militärischen Haltung gegenüber dem Iran zu drängen. Es ist das direkte Ergebnis der Besuche des US-Außenministers Mike Pompeo und des Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton kürzlich in der Region. Beide hatten eine besser organisierte militärische Front unter Führung der USA in Konfrontation zum Iran gefordert.

Laut General Joseph Dunford, als Chef der Vereinigten Stabschefs der oberste US-Offizier, sollen die Kriegsschiffe der "Koalition der Willigen" angeblich "die Freiheit der Schifffahrt" garantieren und zu diesem Zweck "für Öltanker auf dem Weg vom Persischen Golf über die Straße von Hormus in den Golf von Oman und weiter in den Indischen Ozean sowie über den Bab al-Mandab – dem Eingang zum Roten Meer auf der Westseite der Arabischen Halbinsel – weiter in Richtung Sueskanal Begleitschutz fahren.

Beide Meerengen sind strategische Engpässe im Öl-Handel mit Asien und Europa, über die rund 30 Prozent des exportieren Rohöls transportiert werden. Ohne den US-Wirtschaftskrieg und die militärischen Provokationen gegen Iran wären die Öl-Transportwege im Mittleren Osten überhaupt nicht gefährdet.

Allerdings klingen die vorgeblich altruistischen Motive der USA, "die Freiheit der internationalen Schifffahrt zu garantieren", wieder einmal verdächtig nach einem Vorwand für Washington, eine entscheidende militärische Kontrolle über den internationalen Öl-Handel zu erzwingen. Mit einer "Koalition der Willigen" wäre es für die amerikanischen Kriegstreiber viel einfacher, die mit iranischem Öl beladenen Tanker – auch unter nicht iranischer Flagge – aufzuspüren und auf hoher See zu kapern. Da es dafür kein UN-Mandat gibt, sondern nur eine US-Sanktion nach US-amerikanischem Recht, wäre die Beschlagnahme der mit iranischem Öl beladenen Tanker nach internationalem Seerecht jedoch schlichtweg ein Akt der Piraterie.

Wie das geht, hat jüngst die britische Kriegsmarine bereits geprobt und vorgeführt, als sie nahe Gibraltar auf "Wunsch" (oder besser Befehl) Washingtons den mit 300.000 Tonnen Öl beladenen iranischen Tanker "Grace 1" unter fadenscheinigen Gründen aufgebracht hat. Der Protest unserer scheinheiligen, angeblich "auf Gesetzen ruhenden" (rule based) westlichen Wertegemeinschaft über dieses flagrante Verbrechen Großbritanniens gegen das geltende Seerecht war – ein unüberhörbares Schweigen!

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Implizit stellt dieses Schweigen der "Wertegemeinschaft" den US-geführten militärischen Kontroll-Operationen über den Seetransport des Ölhandels im Mittleren Osten einen Blanko-Check aus. Sollte es tatsächlich zur Schaffung einer "Koalition der Willigen" kommen, dann würde es den Kriegstreibern in Washington und ihren Schoßhündchen in London eine weitere Möglichkeit geben, um ihre verbrecherischen Piraten-Aktionen diplomatisch und medial zu vernebeln.

Wie bereits in früheren US-Aggressionen – ob gegen den Irak, Libyen oder Syrien, für die es kein UNO-Mandat gab – hat Washington sich stets hinter einer als vorgebliches Gegengewicht zu UNO erfundenen "Internationalen Gemeinschaft" versteckt, deren Willen die USA angeblich "nur" ausführten. Dabei setzte sich bei genauem Hinsehen solche "Internationale Gemeinschaft" stets aus der einen oder anderen von ihnen selbst geschaffenen Koalition "williger" Vasallenstaaten zusammen.

Vor diesem Hintergrund ist die bloße Idee, unter dem Kommando aus dem Pentagon in dieser Zeit der zunehmenden Spannungen zwischen den USA und dem Iran noch mehr Kriegsschiffe von noch mehr Nationen in den Persischen Golf zu schicken, eine im höchstem Maße gefährliche Provokation.

In der gleichen Woche, in der das Pentagon laut über seine Marinekoalition der Willigen nachdachte, war bereits erkennbar, in welche Richtung sich diese US-Initiative entwickeln sollte. Zeitgleich beschuldigten die USA und Großbritannien die iranischen Streitkräfte, angeblich mit drei kleinen Booten versucht zu haben, in der Nähe der Straße von Hormus einen britischen Tanker in iranische Hoheitsgewässer abzudrängen. Dieser Versuch sei nur durch eine herbeieilende britische Fregatte verhindert worden.

Der Bericht über diesen angeblichen Vorfall war zuerst aus "anonymen" US-Quellen – wahrscheinlich von der Abteilung psychologische Kriegsführung im Pentagon oder bei der CIA – dem US-Nachrichtensender CNN zugespielt worden. In epischer Breite wurde anschließend dieser angebliche "iranische Versuch der Piraterie" in allen Main-Stream-Medien der westlichen "Wertegemeinschaft", inklusive ARD und ZDF ausgebreitet.

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Die iranische Regierung hat einen derartigen Vorfall resolut abgestritten. Die verbreitete Erzählung enthalte nicht eine Spur von Wahrheit, so der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif, der die Anschuldigungen als "wertlos" zurückwies. Aber unsere deutschen Politiker und unsere Qualitäts-Medien hinterfragen bekanntlich solche US-Medienversionen nicht ernsthaft. Dabei spielt sicherlich auch ein gewisser Rassismus und westliche "kulturelle" Überheblichkeit eine Rolle, wonach die "Orientalen" schon so aussehen, dass man ihnen nicht trauen kann. Dabei hat die Regierung in Teheran ohne zu Zögern den Abschuss der 250 Millionen Dollar teuren US-Spionage-Drohne für sich reklamiert. Weshalb sollten sie dann bei dem angeblichen britischen Tanker-Zwischenfall lügen?

Kein anderes Land von denen, die in der Lage sind, die Situation im Golf mit Satelliten zu überwachen, hat die US-Version auch nur ansatzweise bestätigt. Wer dagegen – vor allem bei Kriegsvorbereitungen – auf eine nachgewiesenermaßen endlos lange Geschichte von Lügen und Betrügereien zurückblicken kann, das sind die US-Strategen. Darin sind sie unbestritten Weltmeister. Das wissen durchaus mittlerweile auch die Redaktionen unserer selbsternannten "Qualitätsmedien". Wenn diese Qualitätsjournalisten dennoch den Leuten immer wieder unkritisch solche Märchen aus Washington oder London nacherzählen, dann ist das nichts anderes als bewusste Desinformation zugunsten der Kriegstreiber.

Man kann in diesem bereits aufgeladenen geopolitischen Kontext im Persischen Golf und in der weiteren Region leicht vorhersehen, wie zusätzliche Streitkräfte zur Unterstützung anglo-amerikanischer Provokationen aufgrund von Fehleinschätzungen, Missverständnissen oder vorschnellen Reaktionen katastrophale Folgen haben könnten.

Zugleich ist es nur ein kleiner Trost zu wissen, dass Medienberichten zufolge durchaus einige der arabischen Anrainer-Staaten am Persischen Golf mit wachsender Besorgnis verfolgen, wie sie von Washington rücksichtslos und gegen ihr eigenes, besseres Urteilsvermögen skrupellos in eine Konfrontation mit ihrem Nachbarn Iran gedrängt werden.

Selbst der Washington Post ist das aufgefallen. Sie berichtete letzte Woche:

Die eskalierenden Spannungen am Persischen Golf haben Unterschiede zwischen den Vereinigten Staaten und ihren regionalen Verbündeten aufgedeckt, zum Teil darüber, wie aggressiv die Trump-Regierung den Iran konfrontiert.

Da sich diese Länder wahrscheinlich an der Front eines militärischen Konflikts mit dem Iran befinden, zögern einige der kleineren Staaten, die kämpferisch-aggressive Haltung der Vereinigten Staaten und der regionalen Schwergewichte Saudi-Arabien und der Vereinigten Arabischen Emirate zu unterstützen.

Weiter heißt es in dem Bericht, dass die "kleineren US-Verbündeten in der Region … eine Beilegung der Krise durch Verhandlungen" wünschen. Aber unter Führung des blutigen "Reformers" Kronprinz Mohammed bin Salman versuche Saudi-Arabien – das übrigens Deutschlands offizieller "strategische Partner" in der Region ist – die kleinen Staaten Kuwait und Oman, trotz ihrer bilateralen Beziehungen zum Iran, auf Konfrontationskurs zu Teheran zu zwingen.

Auch Katar ist wegen seiner normalen Beziehungen zu Iran ein weiterer, wichtiger Golfstaat, der zwischen den Fronten steht. Unter anderem deshalb wurde das gasreiche Emirat von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten mit einer zweijährigen Blockade des Handels und der politischen Beziehungen in die Enge getrieben. Während Katar ein Verbündeter der USA und ein sunnitisch-arabischer Nachbar ist, teilt das Land auch die engen historischen Handelsbeziehungen der Region mit dem schiitischen Iran im Norden.

Die Versuche der Regierung in Washington und der mit ihr verbündeten Al-Qaida- und IS-Sponsoren in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), die Region in eine Kriegs-Koalition gegen den Iran zu pressen, stehen im Widerspruch zu Jahrhunderte bestehenden kulturellen Bindungen des Großteils der Bevölkerung der kleineren, arabischen Golfstaaten zum Iran.

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Zusammenfassend erkennt man in den jüngsten Bemühungen Washingtons, mit einer Koalition der Willigen und deren Kriegsschiffen den maritimen Öl-Handel in der gesamten Region zum Nachteil Irans zu kontrollieren, die typisch US-amerikanische Vorgehensweise für einen Regime-Wechsel:

Zuerst gilt es, mit nicht-militärischen Mitteln – wie etwa wirtschaftlichen Sanktionen, durch Hunger, medizinische Notstände und Flüchtlingsströme – regionale Instabilitäten zu schaffen, um dann diesen heraufbeschworenen Notstand als Vorwand zu nutzen, um die "Probleme" mit einer US-geführten militärischen Koalition der Willigen im Sinne Washingtons "zu lösen". Dabei wird die alte Regierung des angeblichen entlarvten, derzeitigen "Schurkenstaats" mit einer neuen, vom gesamten Wertewesten gefeierten "demokratischen Regierung" von US-Gnaden ersetzt.

Mit welcher Menschenverachtung diese US-Strategie des Regimewechsels mit Unterstützung der ach so "humanen", westlichen Demokratien vorangetrieben wird, lässt sich leicht an den wahrlich historischen Beispielen im Irak, in Libyen und Syrien erkennen.

Im aktuellen Fall mit der Zielfokussierung auf den Iran kann man nur hoffen, dass die kleineren Regionalstaaten, die viel mehr zu verlieren haben als die in Washington bequem sitzenden US-Generäle und Kriegstreiber, dem Drang der USA und seiner saudischen und VEA-Verbündeten widerstehen wollen und können.

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