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Iran warnt London vor Vergeltungsmaßnahmen wegen Festsetzung von Supertanker

Der Oberste Gerichtshof von Gibraltar hat entschieden, dass der Supertanker "Grace 1" weiter festgehalten wird. Der Iran kündigte deshalb an, britische Schiffe festsetzen zu wollen. Die eigentlich wichtige Frage ist jedoch: Was hat "Grace 1" wirklich geladen?
Iran warnt London vor Vergeltungsmaßnahmen wegen Festsetzung von SupertankerQuelle: AFP © AFP PHOTO / CROWN COPYRIGHT 2013

von Zlatko Percinic

Der Vorwurf des britischen Überseegebiets Gibraltar – und damit eigentlich Großbritanniens – lautet, dass der Supertanker im April zwei Millionen Barrel Rohöl geladen hat und dieses zur syrischen Raffinerie in Banias bringen sollte, die unter Sanktionen der Europäischen Union steht. Deshalb haben Spezialkräfte der gibraltarischen Polizei und extra aus Großbritannien eingeflogene Royal Marines in den frühen Morgenstunden des 4. Juli den Supertanker geentert und festgesetzt.

Das ist zumindest der offizielle Teil eines weiteren dramatischen Aktes in einer sich zuspitzenden Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran, da der spanische Außenminister und designierte EU-Außenbeauftrage Josep Borrell behauptet, dass diese Operation auf Geheiß der USA stattgefunden habe. Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton, fand auf jeden Fall nur lobende Worte:

Exzellente Neuigkeiten: Großbritannien hat den Supertanker Grace I festgesetzt, (der) mit iranischem Öl beladen und nach Syrien unterwegs ist, was eine Verletzung von EU-Sanktionen ist. Amerika & unsere Alliierten werden weiterhin verhindern, (dass die) Regime in Teheran & Damaskus von diesem illegalen Handel profitieren.

Abgesehen davon, dass das so nicht korrekt ist, wie Bolton es formuliert hat (ein Transport in Richtung Syriens verletzt noch lange keine EU-Sanktionen), stellt sich nun die Frage, weshalb die "Grace 1" für weitere 14 Tage festgehalten wird, wenn doch alles so klar ist, wie Washington und London vorgeben. Eine durchaus plausible Erklärung bietet TankerTrackers.com (TT), ein Unternehmen, das sich auf die Verfolgung von Öllieferungen rund um die Welt spezialisiert hat.

Demnach habe die "Grace 1" gar kein Rohöl geladen, wie es überall heißt, sondern Heizöl, das schwerer als Rohöl ist. Deshalb ist das Schiff auch nicht durch den Sueskanal gefahren, sondern musste Afrika umrunden. Der Tanker ist schlicht zu schwer für den Kanal, der eine maximale Tiefe von 20,1 Metern erlaubt. Doch die "Grace 1" kommt aufgrund der schweren Ladung laut TT auf 22,5 Meter Tiefe.

Aus demselben Grund bezweifelt TT auch die Behauptung der britischen und US-Behörden, dass das Ziel des Supertankers die Raffinerie Banias in Syrien ist. Die dort angebrachten Bojen (SBM) zur Be- bzw. Entladung von Öltankern befinden sich an Stellen, an denen das Meer lediglich 19 Meter tief ist. Das bedeutet, es hätte sehr langer Schläuche bedurft, um die Ladung abzupumpen. Hinzu kommt, dass die Raffinerie Banias gar nicht für die Aufnahme von Heizöl ausgestattet ist, sondern für schweres Rohöl.

Wie TT weiter berichtet, zeigt die Historie der "Grace 1", dass sie hauptsächlich für STS-Lieferungen eingesetzt wird, also ship-to-ship. Dabei wird das Öl nicht in Häfen bzw. Raffinerien ausgeladen, sondern auf See auf andere Schiffe umgeladen, die dann die Produkte zu ihren Endkunden bringen. Und Heizöl ist bereits ein raffiniertes Ölprodukt, dessen Ursprung nicht mehr zurückverfolgt werden kann.

Was von den Medien als "Ablenkungsmanöver" vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate bezeichnet wurde, nachdem sich der Supertanker vor der Umrundung Afrikas einige Tage vor dem Emirat Fudschaira aufgehalten hatte, war nichts dergleichen. Denn TT kann belegen, dass eine gewöhnliche STS-Umladung des Heizöls auf einen anderen Tanker stattgefunden hat, der seine Fracht schließlich in Singapur entladen hat.

Sollte sich die Analyse von TankerTrackers.com tatsächlich bewahrheiten, dann handelte es sich bei der britischen Operation vor Gibraltar in der Tat um einen "illegalen Akt", wie der Sprecher des iranischen Außenministeriums die Festsetzung des Tankers bezeichnete. Ein illegaler Akt, der auf fragwürdigen Informationen basierte, die den Behörden auf Gibraltar von nicht näher genannten Quellen zugespielt wurden und nur zu einer gefährlichen Verschärfung der Lage beigetragen haben.

Wie schnell ein internationaler Zwischenfall ausgelöst werden kann, zeigt nun der Fall des britischen Supertankers "Pacific Voyager", der nach der iranischen Androhung von Gegenmaßnahmen gegen britische Schiffe vor der iranischen Küste stehen blieb. In sozialen Netzwerken wurde umgehend behauptet, dass die Revolutionsgarden nun ihre Drohung wahrgemacht und ihrerseits das britische Schiff geentert haben. Die Regierung in Teheran wies solche Berichte als "fabriziert" zurück.

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