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"Es gibt keine Klimakrise": Ein dringlicher Brief an UN-Generalsekretär mit Lobby-Geschmäckle

UN-Generalsekretär António Guterres hat eine "Europäische Klimaerklärung" erhalten, in der es heißt, dass es keinerlei "Klimakrise" gibt. Die Verbindungen der Unterzeichner zu Großkonzernen und Lobbyinstituten werfen jedoch ein Schlaglicht auf einige der darin vertretenen Thesen.
"Es gibt keine Klimakrise": Ein dringlicher Brief an UN-Generalsekretär mit Lobby-GeschmäckleQuelle: AFP

In einem Brief an den UNO-Generalsekretär António Guterres haben sich angesichts des Klimagipfels der Vereinten Nationen nach eigenen Angaben "prominente Wissenschaftler und Fachleute" zusammengetan, um ihn in ihrer sogenannten "Europäischen Klimaerklärung" zu warnen, dass die derzeitige "Klimapolitik sinnloserweise und schwerwiegend das Wirtschaftssystem untergrabe".

Kaum weniger drastisch als die als "Schwarzmaler" kritisierten Mitglieder der Fridays-For-Future-Bewegung warnen die Unterzeichner, dass diese Politik "die Leben in Ländern gefährden, denen der Zugang zu erschwinglicher, zuverlässiger elektrischer Energie verwehrt ist".

Deshalb fordern sie den UNO-Generalsekretär auf, eine "Klimapolitik zu verfolgen, die auf solider Wissenschaft, realistischer Ökonomie und echter Sorge um diejenigen basiert, die durch kostspielige, aber unnötige Versuche der Minderung geschädigt werden".

Nach eigenen Angaben vertreten 500 Wissenschaftler das Anliegen, angeführt von dem CLINTEL-Mitbegründer Guus Berkhout. CLINTEL, die Climate Intelligence Foundation, eine Gruppe pensionierter Wissenschaftler und Ingenieure um den emeritierten niederländischen Professor Guus Berkhout, vertritt offiziell das Ziel, in ihrer Stiftung Klimaforschung "auf einer ganz anderen Grundlage als die des UN-Klimapanels, dem IPCC" zu betreiben.

Der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) oder Weltklimarat existiert seit dem Jahr 1988, 195 Länder sind Mitglieder, mehr als 120 Organisationen als Beobachter registriert. Tausende Wissenschaftler aus allen Ländern bieten im Rahmen des IPCC naturwissenschaftliche Grundlagen für wissenschaftsbasierte Entscheidungen.

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Die niederländische Stiftung CLINTEL hingegen wird von einer Reihe wohlhabender privater Geldgeber gestützt, unter anderem soll sie laut De Telegraaf höhere Summen aus dem Immobiliensektor erhalten, während zahlreiche Unterzeichner des aktuellen dringlichen Briefs an den UNO-Generalsekretär mit Konzernen im Bereich der fossilen Energien oder aber mit pro-marktwirtschaftlichen Lobbygruppen und Denkfabriken verbunden sind.

Sie schreiben, dass Klimaveränderungen "vom zyklischen Verhalten des Klimasystems zu erwarten sind" und dass es "keinen Beweis dafür gibt, dass Kohlendioxid eine Hauptursache für die globale Erwärmung ist".

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Eine weitere "dringende Botschaft" der Gruppe ist die "starke Ablehnung" eines EU-Ziels der Klimaneutralität, die im Juni von Polen und drei weiteren Mitgliedsstaaten blockiert wurde und auf der Tagung des Europäischen Rates im Oktober erneut diskutiert werden soll.

Verbindungen zu "Big Oil" und neoliberalen Instituten

Viele der Unterzeichner und Initiatoren unterhalten enge Kontakte zur Mineralölindustrie und einschlägigen Lobbygruppen. So war niederländische Ingenieur Guus Berkhout, Gründer von CLINTEL, beispielsweise für den niederländisch-britischen Mineralölkonzern Royal Dutch Shell tätig und hat in den 1980er-Jahren das Delphi Consortium gegründet, das sich mit der geophysikalischen "Erkundung und Produktion der Ressourcen der Erde" befasst, insbesondere für die Öl- und Gasindustrie.

Außer ihm sind auch andere der Unterzeichner im Bereich der fossilen Energien aktiv oder aber oft damit verbundenen US-amerikanischen oder transatlantischen Denkfabriken. Dazu zählt das CATO-Institut, das eine klare wirtschaftsliberale Ausrichtung hat und unter anderem von großen Unternehmen in der Energie-, Pharma und Tabakindustrie finanziert wird. Neben dem Heartland Institute, dem George C. Marshall Institute und dem Competitive Enterprise Institute ist es dafür bekannt, aus dieser klar wirtschaftlich motivierten Richtung öffentlichkeitswirksame Attacken auf jegliche ihr widerstrebende Politik zu orchestrieren, die beispielsweise Regeln und Regulierung zum Schutz von Gesundheit oder Umwelt mit sich bringt. Mit dem CATO verunden ist der Unterzeichner Richard Lindzen.

Der deutsche Unterzeichner Professor Fritz Vahrenholt war zunächst Umweltsenator in Hamburg und ging danach in die Wirtschaft, seither ist er bei verschiedenen Energiekonzernen, darunter die Deutsche Shell AG sowie RWE, unter anderem für Öffentlichkeitsarbeit tätig. Auch er ist dafür bekannt, Publikationen verfasst zu haben, die den menschengemachten Klimawandel leugnen und dabei nach Ansicht unabhängiger Akademiker eher der Industrie dienen und beispielsweise "passgenau auf die RWE-Strategie zugeschnitten" sind.

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Lindzen und Vahrenholt sind wie mehrere der Unterzeichner außerdem im Wissenschaftsbeirat des transatlantischen, in London ansässigen Anti-Klimawissenschaftsinstituts Global Warming Policy Foundation (GWPF), das die Quellen seiner finanziellen Unterstützung eher bedeckt hält.

Andere, wie Patrick Michaels, gehören zum Competitive Enterprise Institute, das große Summen vom Ölkonzern ExxonMobil erhalten hat, den der frühere US-Außenminister Rex Tillerson jahrelang leitete, um so die internationale Politik im Sinne der Konzerninteressen zu beeinflussen.

Charles Battig und Willie Soon wiederum haben, wie zehn weitere Unterzeichner, Verbindungen zum Heartland Institute, das sich dem Abbau staatlicher Regulierung zum Umwelt- und Gesundheitsschutz widmet, unter anderem aus der Tabak- und Mineralölindustrie finanziert wird und sich bereits für die Leugnung gesundheitsschädigender Auswirkung des Rauchens und des krebserregenden Insektizids DDT eingesetzt hat. Außerdem berät es Mitglieder der Trump-Administration und hat deren Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen befürwortet, auf das sich 197 Staaten im Jahr 2015 geeinigt hatten.

Alle drei Organisationen sind Mitglied im Atlas Network, einem vom Koch-Konzern finanzierten internationalen Dachverband pro-marktwirtschaftlicher Gruppen. Koch Industries betätigt sich in den Produktionsbereichen Erdöl, Erdgas, Chemie, Energie, Asphalt, Kunstdünger, Nahrungsmittel und Kunststoff.

Ian Plimer war laut Guardian Direktor eines großen australischen Eisenerz-Unternehmens und CLINTEL-Mitglied Hugh Morgan Präsident des australischen Wirtschaftsrats sowie Geschäftsführer der Western Mining Corporation.

Angesichts dieser Verbindungen zu fossilen Energiesektoren und Antiregulierungs-Lobbygruppen erklärt sich auch die selbst für viele andere Industriekonzerne erstaunliche Behauptung, dass zusätzliches CO2 für die Natur und Landwirtschaft von Vorteil sei und die Erde schone, da es die Erträge der Pflanzen weltweit erhöhe.

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