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Wegen Russland: US-Regierung will aus Abrüstungsvertrag aussteigen

Die US-Regierung will aus einem wichtigen Abrüstungsvertrag mit Russland aussteigen. Man werde den INF-Vertrag aufkündigen, sagte Trump am Samstag vor Journalisten in Nevada. Die Verantwortung dafür trage demnach die russische Regierung. Moskau reagierte mit scharfer Kritik.
Wegen Russland: US-Regierung will aus Abrüstungsvertrag aussteigen Quelle: www.globallookpress.com

Beim INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces) handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen den Vereinigten Staaten und der damaligen Sowjetunion aus dem Jahr 1987. Er verbietet seitdem den USA und Russland unter anderem den Bau, Besitz und das Testen landgestützter, atomar bewaffneter Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern.

Trump warf der russischen Regierung indes vor, gegen das Abkommen verstoßen zu haben. Moskau halte sich nicht an das Abkommen, "also werden wir das Abkommen beenden", sagte Trump am Samstag zu Journalisten in Elko im Bundesstaat Nevada.

Russland hat das Abkommen verletzt. Sie haben es viele Jahre lang verletzt," zeigte sich Trump überzeugt. 

Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton will nun nach Moskau reisen, um dort mutmaßlich den russischen Präsidenten Wladimir Putin über den Schritt in Kenntnis zu setzen. Unter anderem soll Russland den neuen landgestützten Marschflugkörper 9M729 (NATO-Codename: SS-C-8 Screwdriver) für das nuklear bestückbare Trägersystem Iskander-K mit einer Reichweite von 2600 Kilometern produziert haben. Nach Ansicht US-amerikanischer Militärkreise soll es sich bei dem Marschflugkörper um eine landgestützte Variante des Marschflugkörpers Kalibr handeln.

Trump sagte, seine Regierung werde solche Waffen bauen, sollten Russland und auch China nicht einem neuen Abkommen darüber zustimmen. Nähere Angaben über die genauen Vorstellungen der US-Regierung wurden indes bisher nicht öffentlich.

Aus dem russischen Außenministerium verlautete derweil am frühen Sonntagmorgen, Washington habe schon lange an der Zerschlagung des Vertrags gearbeitet.

Und das absichtlich und Schritt für Schritt", zitierte die Agentur Interfax eine namentlich nicht genannte Quelle im Außenamt in Moskau.

Die USA versuchten, Verpflichtungen und Partnerschaften aufzugeben, um dann ihre Vorstellungen anderen zu diktieren.

Das Hauptmotiv ist der Traum [der USA] von einer unipolaren Welt. Ob er wahr wird? - Nein!",erklärte er demnach weiter.

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Auch russische Parlamentarier übten Kritik. Die USA hätten keine Beweise für Verstöße Russlands gegen den INF-Vertrag, sagte Franz Klinzewitsch, Mitglied des Föderationsrates. Allerdings sei die Entscheidung Trumps „keineswegs überraschend“.

Tatsächlich warfen die USA im Juli 2014 Russland vor, Moskau habe mehrfach Mittelstreckenraketen testen lassen und damit gegen den Vertrag verstoßen. Doch wurden keine konkreteren Angaben und in den Folgejahren, offiziell auch keine Vertragsverletzung geltend gemacht. Moskau seinerseits warf im Gegenzug der US-Regierung vor, in drei Punkten selbst längst gegen den INF-Vertrag verstoßen zu haben. So würden für US-Raketenabwehrtests  Raketen genutzt, die Mittelstreckenraketen charakteristisch ähnelten. Zudem sei die Verwendung von Angriffsdrohnen ebenfalls ein Verstoß gegen das Vertragswerk, da diese zu 100 Prozent bodengestützte Marschflugkörper seien.

Zudem, so Klinzewitsch, sei die Entscheidung ohne Berücksichtigung der Interessen der europäischen Verbündeten getroffen worden.

Man will uns - wie seinerzeit die Sowjetunion - in einen Rüstungswettlauf drängen. Das wird nichts. Ich habe keine Zweifel, dass unser Land unter allen Umständen seine eigene Sicherheit garantieren kann", sagte der Verteidigungs- und Sicherheitsexperte.

Anfang des Monats machten die 28 Mitgliedsstaaten der NATO Druck auf Moskau und forderten die russische Regierung dazu auf, "glaubwürdige Angaben" zum kritisierten Raketensystem vorzulegen. Der russische Präsident Wladimir Putin wies die Anschuldigungen zurück und wies seinerseits darauf hin, dass von den Abschussrampen des NATO-Raketenschutzschirms in Rumänien jederzeit auch atomar bestückte US-Marschflugkörper gestartet werden könnten.

Trumps Ankündigung dürfte nun für zusätzliche Spannungen zwischen den beiden Ländern sorgen. Trump gilt zwar in den USA als "russlandfreundlich", doch verfolgt seine Regierung einen konfrontativen Kurs gegenüber dem Kreml, der immer neue Sanktionen nach sich zieht.

Die Abrüstungsverträge sind einer der Streitpunkte zwischen den beiden Militärmächten. Das ausgeklügelte System ist in die Jahre gekommen und braucht eine Erneuerung. Das jüngste und weitreichendste Abkommen - der New START-Vertrag von 2010 - läuft 2020 aus. Den ABM-Vertrag zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen haben die USA schon 2002 unter US-Präsident George W. Bush aufgekündigt. Zuvor stellte der Vertrag eine der Hauptsäulen der Entspannungspolitik dar und wurde über 30 Jahre lang eingehalten. Der Rückzug aus diesem Vertrag sei der wahre Grund für eine wieder eskalierende Konfrontationsspirale:

Wenn wir von einem Rüstungswettlauf sprechen, dann begann dieser genau an diesem Punkt, stellt Putin klar.

Bush argumentierte seinerzeit, dass der Vertrag die Fähigkeit der USA behindere, sich vor "zukünftigen Terroristen oder Angriffen vonseiten der Schurkenstaaten" - nach US-Definition - zu schützen. Seitdem habe Washington Russland mit sogenannten Raketenschutzschilden geradezu umzingelt, diese nach Rumänien und Polen ausgeweitet und eine Batterie des Patriot-Langstrecken-Flugabwehrsystems nach Litauen verlegt. So könne etwa das seit 2016 im Rahmen des US-Raketenschildes auf dem rumänischen Militärflugplatz Deveselu stationierte Aegis Ashore Missile Defense System (AAMDS), jederzeit auch für nuklear bestückte Marschflugkörper genutzt werden.

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Der nukleare Aufbau der USA vor der Haustür Russlands veranlasste Moskau dazu, seine neuesten Iskander-Systeme in der russischen Exklave Kaliningrad zu stationieren, um dadurch der Bedrohung durch den angriffsfähigen US-Raketenschild in Polen und Rumänien zu begegnen.

Der Weg, der zur Konfrontation führte, hätte vermieden werden können, wenn sich die USA bereit erklärt hätten, bei der Entwicklung der Raketenabwehr mit Russland zusammenzuarbeiten - ein Angebot, das von Moskau immer wieder erweitert wurde", erklärte der russische Präsident Wladimir Putin.

Im Februar 2018 stellten die USA schließlich ihre neue Nukleardoktrin vor. Diese sieht unter anderem vor, flexibler einsetzbare Atomwaffen mit begrenzter und dadurch vermeintlich kontrollierbarer Sprengkraft zu entwickeln: sogenannte Mini-Nukes mit einer immer noch gewaltigen Sprengkraft von bis zu 20 Kilotonnen. Zum Vergleich: Die Atombomben von Hiroshima und Nagasaki lagen beide unter 20 Kilotonnen. Man brauche die neuen Atomwaffen, so die Argumentation, um über eine „glaubwürdige Abschreckung“ zu verfügen.

In der Doktrin wird auch die bereits seit dem Jahr 2010 geplante Modernisierung der in Europa stationierten US-Atombomben noch einmal bekräftigt.

Derweil berichten britische Medien, dass der Schritt Trumps und Boltons, den INF-Vertrag aufzukündigen, von Vertretern des Pentagon und State Departments abgelehnt werde. Ein für Montag anberaumtes Treffen im Weißen Haus, um den mutmaßlich bevorstehenden Rückzug der US-Administration vom INF-Vertrag zu diskutieren, wurde demnach verschoben.

Eine Anpassung der Verteidigungsausgaben der USA für das Jahr 2019 sieht gesetzlich vor, dass der US-Präsident dem Senat bis zum 15. Januar mitteilt, ob Russland "einen wesentlichen Verstoß" gegen den Vertrag begeht und ob das Vertragswerk für die USA rechtsverbindlich bleibt.

Ehemalige US-Beamte erklärten demnach ebenso, dass Bolton Gespräche über die Verlängerung des New-Start-Vertrages aus dem Jahr 2010 mit Russland blockiere. Der Vertrag sieht vor, die Anzahl strategischer Atomsprengköpfe und ihrer Trägersysteme zu begrenzen. Das Abkommen läuft im Jahr 2021 aus, und während Moskau sein Interesse an einer Verlängerung signalisierte, stelle sich Bolton gegen die Wiederaufnahme eines strategischen Stabilitätsdialogs, um dabei über die Zukunft der Rüstungskontrolle zwischen den Russland und den USA zu diskutieren.

Bei einem Kollaps des INF-Abkommens und einer Nichtverlängerung des New-Start-Vertrags gäbe es zwischen den USA und Russland keine strategischen Rüstungskontrollabkommen mehr.

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