Deutschland

US-Botschafter Grenell zum Streit um Huawei: Bundesregierung hat USA beleidigt

In der Debatte um die Beteiligung des Huawei-Konzerns am 5G-Ausbau in Deutschland hat Wirtschaftsminister Altmaier China mit den USA verglichen. Die Reaktionen sind heftig. US-Botschafter Grenell sprach von einer "Beleidigung". Dabei hat Altmaier recht.
US-Botschafter Grenell zum Streit um Huawei: Bundesregierung hat USA beleidigt© Screenshot: Twitter / US-Botschaft Berlin

Der US-amerikanische Botschafter in Deutschland Richard Grenell hat der Bundesregierung vorgeworfen, die USA in der Debatte um die Beteiligung des chinesischen Unternehmens Huawei am Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes in Deutschland beleidigt zu haben. In einer am Montag verbreiteten Stellungnahme des Diplomaten heißt es:

Die jüngsten Äußerungen hochrangiger Vertreter der deutschen Regierung, die Vereinigten Staaten seien vergleichbar mit der Kommunistischen Partei Chinas, sind eine Beleidigung für die Tausenden amerikanischen Soldatinnen und Soldaten, die dazu beitragen, die Sicherheit Deutschlands zu gewährleisten.

Die Äußerungen seien auch eine Beleidigung für Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner, die sich für ein starkes westliches Bündnis einsetzten.

Auch wenn sein Name nicht genannt wurde, richtete sich die Kritik Grenells an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier von der CDU. Altmaier hatte am Sonntag in der ARD-Sendung Anne Will die USA mit China verglichen. Sich zunächst an den Journalisten Georg Mascolo wendend sagte Altmaier:

Ich kann mich erinnern, als Sie damals, ich war Kanzleramtsminister, in der NSA-Affäre dauernd untersucht haben, wie unzuverlässig und unvertrauenswürdig denn staatliche Stellen in den USA sind. Da haben wir auch keinen Boykott verhängt. Auch die USA verlangen von ihren Firmen, dass sie bestimmte Informationen, die zur Terrorismusbekämpfung nötig sind, dann mitteilen. Ich bin entschieden der Auffassung, dass wir mit China und Huawei beiderseitig sicherstellen müssen, dass es keinen Zugang zu deutschen Daten gibt.

Die USA und ihnen nahestehende deutsche Politiker und Medien geben immer wieder vor, eine derartige Weitergabe von Informationen an die chinesische Regierung im Falle einer Einbeziehung von Huawei am 5G-Ausbau zu befürchten. 

In der Sache hat Altmaier recht, man könnte ihm eher vorwerfen, zu zurückhaltend gewesen zu sein. Bislang gibt es keine Beweise für sogenannte Hintertüren in Huawei-Geräten, über die chinesische Dienste Informationen abgreifen können. Bekannt ist dagegen, dass ein US-Gesetz Hersteller dazu zwingt, amerikanischen Behörden den Zugriff auf Daten über Landesgrenzen hinweg zu erlauben.

Durch die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden wurden auch Vorwürfe bekannt, wonach die NSA in den USA produzierte Hardware des Huawei-Konkurrenten Cisco abfängt, Überwachungswerkzeuge einbaut, und sie dann neu verpackt an die eigentlichen Empfänger im Ausland verschickt.

Grenell sah durch die Äußerungen nicht nur die USA beleidigt, sondern auch Millionen chinesischer Bürgerinnen und Bürger, denen grundlegende Freiheiten verwehrt und die zu Unrecht von der Kommunistischen Partei Chinas inhaftiert würden:

Zwischen China und den Vereinigten Staaten gibt es keine moralische Äquivalenz und jeder, der dies behauptet, ignoriert die Geschichte – und wird sie zwangsläufig wiederholen.

Auf Twitter verteidigte sich Altmaier. Ihm sei es nicht um einen Vergleich der Systeme gegangen, sondern um die Integrität der Daten deutscher Nutzer.

Doch wenigstens medial drang der Minister damit kaum durch. Das Springer-Blatt Bild etwa kritisierte Altmaier für seinen Vergleich scharf. Das Blatt, dessen Journalisten sich in ihrem Arbeitsvertrag zur "Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft" bekennen, zitierte eine Reihe von deutschen Transatlantikern, die Grenell zur Seite sprangen. Der CDU-Abgeordnete Norbert Röttgen, der auf dem CDU-Parteitag vergeblich für einen Ausschluss Huaweis geworben hatte, sagte:

Die USA ist eine Demokratie, die Fehler macht, China eine Diktatur, die ganz auf digitale Überwachung setzt.

Ähnlich äußerte sich der Nachwuchsabgeordnete Philipp Amthor, ebenfalls von der CDU:

Wir dürfen auf gar keinen Fall den Eindruck einer Äquidistanz zwischen China und den USA aufkommen lassen. Die USA teilen als westlicher Rechtsstaat unsere Werte und wir arbeiten mit ihren Nachrichtendiensten eng und gut im Kampf gegen Terror und Unfreiheit zusammen, während die chinesischen Dienste vor allem der freiheitsunterdrückenden Kommunistischen Partei Chinas dienen.

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag Michael Theurer forderte Altmaier sogar auf, sich zu entschuldigen:

Herr Altmaier sollte sich einfach entschuldigen, anstatt wie ein bockiges Kleinkind auf seinem vermeintlichen Recht zu beharren und noch mehr diplomatisches Porzellan zu zerdeppern. Sein Vergleich ist voll daneben und schadet der deutsch-amerikanischen Freundschaft.

Sein Fraktionskollege Alexander Graf Lambsdorff assistierte ihm:

Altmaiers Äußerung zeigt, dass die GroKo als außenpolitischer Geisterfahrer unterwegs ist. Bei aller Kritik an Trump sind die USA und wir als westliche Demokratien noch immer enge Verbündete. Daten aus Amerika schützen uns vor islamistischem Terror, unsere Geheimdienste arbeiten eng zusammen. China dagegen ist eine kommunistische Diktatur, die Minderheiten unterdrückt und Wirtschaftsspionage gegen deutsche Unternehmen betreibt. Das nicht nur nicht vergleichbar, das ist ein himmelweiter Unterschied.

Die CDU hatte am Wochenende auf ihrem Parteitag beschlossen, Huawei nicht explizit vom Ausbau des 5G-Mobilfunks in Deutschland auszuschließen. In einem am Samstag verabschiedeten Beschluss heißt es, vertrauenswürdig könnten "nur solche Ausrüster sein, die einen klar definierten Sicherheitskatalog nachprüfbar erfüllen". Die Einflussnahme fremder Staaten auf die 5G-Infrastruktur müsse ausgeschlossen sein.

Hintergrund des Streits um Huawei ist, wie im Fall Nord Stream 2, das Ringen um die Stellung Deutschlands in der sich herausbildenden multipolaren Weltordnung. Das Festhalten an Huawei darf als vorsichtiger aber doch bestimmter Versuch der Bundesregierung verstanden werden, sich von der schwindenden US-amerikanischen Hegemonialmacht zu emanzipieren.

US-Botschafter Grenell war schon mehrmals durch undiplomatische Auftritte aufgefallen. Erst im August hatte er mit dem Abzug der US-Truppen gedroht, weil die Bundesregierung zu wenig für ihr Militär aufwendet. Auch bei den Themen Nord Stream 2 und Iran hatte er Deutschland wiederholt harsch kritisiert.

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