Europa

Richtungsstreit bei Front National: Jean-Marie Le Pen droht seiner Tochter mit "Straßenschlachten"

Dem Front National droht eine Zerreißprobe. Marine Le Pen möchte rechtsextreme Altlasten der Partei entsorgen - unter anderem mit einem neuen Namen. Doch in der Partei rührt sich Widerstand. Ganz vorne mit dabei: ihr Vater Jean-Marie Le Pen.
Richtungsstreit bei Front National: Jean-Marie Le Pen droht seiner Tochter mit "Straßenschlachten"Quelle: Reuters © Gonzalo Fuentes

von Timo Kirez

Die Wahlniederlagen des letzten Jahres haben deutliche Spuren hinterlassen. Der Front National und vor allem dessen Vorsitzende Marine Le Pen wirken geschwächt. In der Partei lodert ein Richtungsstreit, der sie endgültig zerreißen könnte. Die Protagonisten der mit harten Bandagen geführten Auseinandersetzung sind Vater und Tochter Le Pen.

Hintergrund der Auseinandersetzung sind die Pläne Marine Le Pens, den Front National stärker in die politische Mitte zu rücken. Um das Image einer rechtsradikalen Partei loszuwerden, möchte Marine Le Pen unter anderem einen neuen Namen für den Front National (FN). Das Wort "Front" habe etwas Militärisches, sagte Le Pen am letzten Donnerstag laut einem Bericht der französischen Nachrichtenagentur AFP.

Marine Le Pen will schon eine Namensidee haben

Ihre Partei habe sich jedoch gewandelt, und diese Veränderung müsse sich auch in einem neuen Namen widerspiegeln. Sie habe auch schon eine Idee, deutete Le Pen an. Im März sollen die Front-National-Anhänger bei einem Parteikongress im nordfranzösischen Lille über den neuen Namen abstimmen. Es geht um nichts weniger als den Front National salonfähig zu machen. Zum größten Hindernis für dieses Vorhaben wird nun ausgerechnet Marine Le Pens Vater Jean-Marie Le Pen.

Der bald 90 Jahre alte Gründer der Partei hatte die 1972 entstandene Partei bis 2011 geführt. Im Jahr 2015 wurde er jedoch ausgeschlossen, nachdem er die Gaskammern der Nazis zum wiederholten Male als "Detail der Geschichte" bezeichnet hatte. Übrigens eine der eher zahmeren Bemerkungen von Jean-Marie Le Pen. Der alte Patriarch hatte auch schon mal von einer "Ofenladung" im Zusammenhang mit dem französisch-jüdischen Sänger Patrick Bruel gesprochen. Bruel hatte angekündigt, nicht mehr in Frankreich aufzutreten, sollte Jean-Marie Le Pen Präsident werden.

Obwohl Jean-Marie Le Pen aus seiner Partei ausgeschlossen ist, bleibt er trotzdem deren Ehrenvorsitzender. Das hatte ein Berufungsgericht Anfang Februar in Versailles entschieden und folgte damit dem erstinstanzlichen Urteil eines Gerichts in Nanterre bei Paris. Das Amt des Ehrenvorsitzenden legitimiert Jean-Marie Le Pen, in Führungsgremien der Partei mit am Tisch zu sitzen. Bei dem Parteikongress im März soll nun auch darüber abgestimmt werden, ob das Amt des Ehrenvorsitzenden abgeschafft werden soll.

JMLP: "Verrat an der Geschichte"

Im Vorfeld des kommenden Parteikongresses in Lille heizt Jean-Marie Le Pen die Stimmung nun kräftig an. In einem Interview mit dem französischen Journal du Dimanche kommentiert er in gewohnt angriffslustiger Manier sein schwieriges Verhältnis zu seiner Tochter. Zuvor hatte er sich in einem offenen Brief an seine Tochter gewandt und vor einer Namensänderung gewarnt. Dies wäre "ein Verrat an der Geschichte" und zudem "verdächtig und inakzeptabel".

Zudem pocht er auf sein Recht, an dem Parteikongress teilnehmen zu dürfen. Der alte Parteichef droht:

[…] Wenn wir auf diese Ebene des Denkens herabsteigen, dann wird es Straßenschlachten zwischen uns geben. […]

Gleichzeitig bietet er seiner Tochter jedoch einen Waffenstillstand an. Er schlage ein Treffen in den nächsten Tagen vor, um die Differenzen rechtzeitig vor dem Parteitag auszuräumen. Zudem werde sie ihn sowieso nicht loswerden können, denn:

"Ich existierte vor ihr, und sie existiert dank mir. Sie ist immerhin aus mir rausgekommen. Wenn ich etwas zu sagen habe, dann sage ich es", so Jean-Marie Le Pen. Und weiter:

Sie kann ihre Verbindung zu mir nur durch Selbstmord brechen! Es ist mein Blut, das durch ihre Adern fließt. Sie wäre nicht das, was sie ist, wenn ich nicht den FN geleitet und ihre Kandidatur für die Parteipräsidentschaft unterstützt hätte.

"Die Patrioten": Konkurrenz durch früheren Stellvertreter

Doch nicht nur ihr Vater bereitet Marine Le Pen derzeit Kopfzerbrechen. Ihr früherer Stellvertreter Florian Philippot gründete eine neue Anti-EU-Partei in Frankreich. Philippots Anhänger kamen am Sonntag nahe dem nordfranzösischen Arras zum Gründungsparteitag der "Patrioten" zusammen. Sie wollen bei Wahlen auch gegen Le Pens Front National antreten.

Der 36-Jährige Philippot will den sofortigen Austritt Frankreichs aus der Europäischen Union: Wenn man im Euro und in der EU bleibe, sei es unmöglich, die Politik zu ändern, sagte er gegenüber dem französischen Sender Europe 1. Nach Philippots Angaben hat die im September initiierte Partei bereits 6.500 Mitglieder.

Philippot hatte den FN im Herbst im Streit verlassen. Er war nach den Niederlagen bei den Präsidenten- und Parlamentswahlen unter Druck geraten, weil die besonders von ihm vertretene Forderung nach einem Euro-Austritt bei den Wählern nicht gezogen haben soll. Marine Le Pen stellt dieses Thema mittlerweile entsprechend nicht mehr in den Vordergrund. Der Parteitag des Front National in Lille soll am 10. und 11. März stattfinden. Für Anfang März hat Jean-Marie Le Pen angekündigt, den ersten Band seiner Memoiren zu veröffentlichen. Fortsetzung garantiert.

Mehr zum Thema - Macron - Frankreich wird Syrien angreifen, sollte Chemiewaffeneinsatz bewiesen werden

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.