Nahost

Kein Öl für Syrien: USA sabotieren Wiederaufbau des zerstörten Landes

Der Krieg in Syrien rückt seinem Ende entgegen. Der Wiederaufbau des Landes gerät dadurch immer stärker in den Fokus. Doch Washington will die Syrer mit Sanktionen im Elend halten – damit diese sich gegen das "Assad-Regime" erheben.
Kein Öl für Syrien: USA sabotieren Wiederaufbau des zerstörten LandesQuelle: Reuters

von Karin Leukefeld, Damaskus

Der letzte Winter hat die Syrer besonders hart getroffen. Es fehlt an Öl, Heizöl und Gas zum Kochen. Die syrischen Ressourcen östlich des Euphrat werden von den syrischen Kurden kontrolliert. Gegen Bargeld lassen sie zu, dass Tanklastwagen auf den Ölfeldern abgefüllt werden. Das Geld kommt von syrischen Geschäftsleuten, die das Öl an die syrische Regierung verkaufen.  

Dass Damaskus keinen Zugriff auf seine nationalen Ölressourcen hat, liegt an der US-Regierung und ihren Partnern. Die US-Armee hat die Gebiete östlich des Euphrat besetzt und kooperiert dabei mit den syrischen Kurden. Mal geben die Kurden die Öllieferungen frei, dann wieder nicht. Abhängig ist das vom politischen Druck, der auf sie von den USA ausgeübt wird.

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Syrien erhält Unterstützung von seinen Verbündeten Russland und Iran und neuerdings auch aus dem Irak. Die allerdings geraten dafür ins Visier Washingtons und werden mit Sanktionen bestraft. Eine Kreditvereinbarung mit dem Iran, wonach dieser an Syrien Öl im Wert von 3,5 Milliarden US-Dollar liefert, wird nach Auskunft des syrischen Ministerpräsidenten Emad Chamis aktuell neu verhandelt. Aber vor wenigen Tagen machte Chamis die USA und Ägypten dafür verantwortlich, dass die Öllieferungen aus dem Iran an Syrien seit sechs Monaten blockiert würden. Iranische Tanker seien von Ägypten im Suezkanal gestoppt worden.

Ägypten weist den Vorwurf zurück. Der Durchgang durch den Suezkanal sei für jedes Schiff frei und könne nur blockiert werden, wenn die UNO eine Warnung ausspreche oder das Schiff sich falsch verhalten habe, erklärte die Suezkanalbehörde.

US-Sanktionen verhindern Öllieferungen

Tatsache ist, dass seit Monaten kein Öl in Syrien ankommt, weil jeder von den USA bedroht wird, der das arabische Land mit Öl oder Benzin beliefern will. Am 25. März 2019 veröffentlichte das US-Finanzministerium eine entsprechende "Warnung" an "Reedereien, Schiffsbesitzer, Manager, Kapitäne, Versicherer und Finanzinstitutionen".

Auch wer "in irgendeiner Weise Geldtransfer, Logistik oder Versicherung" für Öllieferungen an Syrien bereitstelle, müsse mit Sanktionen rechnen. Ausdrücklich genannt werden Russland und der Iran. Die USA seien entschlossen, "illegale finanzielle oder andere Unterstützung für die syrische Regierung" zu blockieren. Öllieferungen an die staatlichen syrischen Häfen, "egal von welchem Ort oder welcher Nationalität", würden unterbunden.

Hier liegt der Grund, warum seit Januar 2019 rund 55 Öl-Tanker aus dem Iran den Suezkanal nicht Richtung Syrien passieren konnten. Es liegt nicht daran, dass es keine freie Durchfahrt gäbe, sondern daran, dass die Gebühren für die Passage von den Schiffen in US-Dollar bezahlt werden müssen. Aus Angst, von den US-Sanktionen getroffen zu werden, weigert sich die Kanalbehörde, das Geld von Tankschiffen für Syrien anzunehmen.

Als Alternative für die Lieferung des iranischen Öls nach Syrien gibt es nur zwei andere Wege: die Tankschiffe fahren um das Kap der Guten Hoffnung, durch den atlantischen Ozean, die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer und laufen dann die syrischen Häfen an. Oder Teheran schickt das Öl mit Tanklastzügen durch den Irak nach Syrien.

Die US-Regierung will "aggressiv jede Person als Ziel (für Sanktionen) markieren", die das "syrische Regime" unterstützt. Mit seinen "internationalen Partnern" will Washington alles tun, um "das Assad-Regime” zu blockieren. "Die Normalisierung von wirtschaftlichen oder diplomatischen Beziehungen und die Bereitstellung von Finanzen für den Wiederaufbau" sollen "verhindert" werden. Die Vereinigten Staaten seien zudem "entschlossen, das Assad-Regime und seine Unterstützer vom globalen Finanz- und Handelssystem abzutrennen", heißt es in der Verfügung des US-Finanzministeriums.

Das sei die Antwort auf die anhaltenden Verbrechen, die "das Regime gegen das syrische Volk" verübe. Gemeinsam mit den EU-Sanktionen würden die USA den Druck auf die syrische Regierung unter Präsident Baschar al-Assad Regime maximal erhöhen und "dem Regime und seinem Netzwerk von finanziellen und logistischen Unterstützern zusätzliche Kosten aufzwingen".

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Wie bei allen Wirtschaftssanktionen ist auch in diesem Fall vor allem die Bevölkerung der Leidtragende. Die Idee hinter den US/EU-Sanktionen gegen Syrien ist, – so der ehemalige US-Außenminister Rex Tillerson im Januar 2018 – dem Land so viele wirtschaftliche Probleme zu bereiten, so dass sich die Bevölkerung gegen die Regierung erhebt.

Nach acht Jahren Krieg sind die Syrer allerdings der Aufstände und Kampfhandlungen müde. Die Sorgen über die US-Strafmaßnahmen und die Zukunft sind groß, doch geduldig warten die Autofahrer in kilometerlangen Schlangen vor den Tankstellen in Damaskus darauf, dass es doch wieder Benzin geben wird, auch wenn es nur 20 Liter sind.

Damaskus regiert mit Sparmaßnahmen auf Versorgungskrise

Die Regierung ordnete Sparmaßnahmen an, Krankenhäuser, Bäckereien, Schulen haben bei der Belieferung mit Heizöl Vorrang. Private Verbraucher (Autobesitzer) erhalten weniger Benzin als Taxi- und Busfahrer. Motorradfahrer erhalten 3 Liter pro Woche. Wird aber keine Lösung gefunden, werden eines Tages die Räder still stehen, auf den Straßen und in den Fabriken.

Nach Angaben des syrischen Ölministers Ali Ghanem gegenüber der Zeitung Asharq al Awsat vor einer Woche, hat der Ölsektor des Landes nach acht Jahren Krieg 74,2 Milliarden US-Dollar Verlust zu verzeichnen. Der aktuelle Öl-Bedarf Syriens wurde von Ghanem auf bis zu 136.000 Barrel täglich veranschlagt. Hätte das Land Zugang zu seinen nationalen Ressourcen östlich des Euphrat, könnte sowohl die Bevölkerung als auch die Industrie und Wirtschaft ausreichend mit Energie versorgt werden.

Vor dem Krieg förderte Syrien rund 350.000 Barrel Öl pro Tag. Für den eigenen Bedarf wurde nur etwa die Hälfte gebraucht, so dass die andere Hälfte verkauft werden konnte. Abnehmer syrischen Öls waren laut des Global Trade Atlas im Jahr 2010 Deutschland (32 Prozent), Italien (31 Prozent), Frankreich (11 Prozent), Niederland (9 Prozent), Österreich (7 Prozent), Spanien (5 Prozent) und die Türkei (5 Prozent). Alle diese Länder stellten ihren Ölhandel mit Syrien 2012 ein, nachdem die Europäische Union Sanktionen gegen das Land verschärfte. Kurz darauf, im April 2013, wurden die Ölsanktionen der EU für diejenigen Gebiete in Syrien wieder aufgehoben, die unter Kontrolle der bewaffneten Opposition stehen. Die Gegner der syrischen Regierung sollten gestärkt werden.

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