Nahost

Israelischer Verteidigungsminister: Es gibt keine humanitäre Krise in Gaza - WHO warnt vor Kollaps

Die Weltgesundheitsorganisation warnt, dass der Gesundheitssektor im Gazastreifen kurz vor dem Zusammenbruch steht. Warnungen gab es auch im Kabinett Israels, doch der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman weist jegliche Verantwortung seines Landes zurück.
Israelischer Verteidigungsminister: Es gibt keine humanitäre Krise in Gaza - WHO warnt vor KollapsQuelle: Reuters

Laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) steht das Gesundheitswesen im Gazastreifen kurz vor dem Kollaps. Mehr als 1.700 Patienten befinden sich demnach womöglich bald in akuter Lebensgefahr. 

Unzureichende Strom- und Medikamentenversorgung

Täglich sind bereits 28 Krankenhäuser und mehr als 150 Einrichtungen der Primärversorgung im Gazastreifen von Stromausfällen über 12 bis 16 Stunden betroffen. Seit Januar rationiert das Gesundheitsministerium die Brennstoffversorgung, nachdem Lieferungen der UNO für Notstromaggregate in 14 öffentlichen Krankenhäusern drastisch zurückgegangen sind. Zudem gibt es eine drastische Unterversorgung bei Medikamenten.

Die Krankenhäuser in Gaza waren bereits zuvor überlastet und Betten über 90 Prozent belegt. Aufgrund der knappen Stromversorgung gibt es täglich nur vier bis acht Stunden Strom, ohne den die Versorgung vieler Patienten nicht gewährleistet werden könne. Allein zwischen Ende Januar und Anfang Februar diesen Jahres mussten bereits zwei Krankenhäuser geschlossen werden, das Durra Krankenhaus, das ein Einzugsgebiet von 250.000 Menschen versorgt. In der Durra -Kinderklinik, die normalerweise bis zu 180 Patienten pro Tag behandelt, waren jüngst viele Betten leer. Weil sich Kraftstoffreserven dem Ende neigten, funktionierten alle Dienstleistungen auf minimalem Niveau. Ein weiteres Krankenhaus im nördlichen Gazastreifen wurde teilweise geschlossen, die Notaufnahme ist nur begrenzt in Betrieb. 

Die generell unterfinanzierten öffentlichen Krankenhäuser kämpfen zudem mit einem gravierenden Mangel an Medikamenten und medizinischer Versorgung. Ende Januar waren im öffentlichen Gesundheitssystem in Gaza 206 lebenswichtige Medikamente und damit mindestens 40 Prozent der lebensnotwendigen Medikamente vollständig erschöpft.

Israelischer Verteidigungsminister Avigdor Lieberman: Es gibt keine humanitäre Krise in Gaza

Auch der Stabschef der israelischen Verteidigungskräfte, Gadi Eisenkot, warnte jüngst vor der humanitären Krise im Gazastreifen - und löste damit eine Diskussion im Kabinett aus, die nach Einschätzung der israelischen Tageszeitung Haaretz grundsätzliche Uneinigkeit zwischen führenden Politikern und Armeeoffizieren bezüglich der Lage in Gaza unterstrich.

Israel Katz, Nachrichtendienst- und Verkehrsminister, hatte betont, dass die Politik Liebermans direkt die Hamas unterstütze. Lieberman hingegen beharrte darauf, dass Israel keine Verantwortung für den Gazastreifen übernehmen und auch Wirtschaftsprojekte dort nicht gefördert werden sollten, bevor nicht die Frage der verschwundener Israelis und Leichen zweier Soldaten geklärt sei. Katz solle sich stattdessen auf den Krieg gegen Verkehrsunfälle konzentrieren und sei lediglich frustriert, dass seine eigenen Pläne nicht vorangebracht würden.

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Vielmehr sehe Lieberman diplomatische und politische Probleme des Gaza als Ursache für die Krise an und dass es nicht die Rolle Israels sei, diese zu lösen. Eisenkot jedoch verwies darauf, dass Israel zwar effektiven Grenzschutz betreiben könne, damit aber nicht vermöge, sich in der Region verbreitende Krankheiten einzudämmen.

Die Situation wurde jedoch durch Zwischenfälle im Westjordanland erschwert, in denen es in den vergangenen Wochen zu Toten und zahlreichen Verletzten kam.

Frühgeborene tot, Kranke und Verletzte nicht behandelt

Nach Angaben von Dr. Mahmoud Daher, Leiter des lokalen Büros der Weltgesundheitsorganisation, leidet der Sektor im Gaza seit Jahren unter chronischem Medikamentenmangel, allerdings habe sich die Situation drastisch zugespitzt und läge nun bei über 40 Prozent.

Laut einem Bericht der Zeitung Hareetz mussten im vergangenen Monat zwei Frühgeborene starben, weil es nicht genügend Medikation gegen ihre Atemnot zur Verfügung stand, viele Diagnosen könnten aufgrund nicht funktionierender MRTs und CTs in mehreren Krankenhäusern im Gaza gar nicht durchgeführt werden.

Die Hareetz zitiert einen Bericht der Organisation von Ärzten für Menschenrechte in Israel (Physicians for Human Rights–Israel), wonach die Stilllegung von Diagnosegeräten aufgrund fehlender Budgets für die Wartung sowie der Schwierigkeit, israelische Genehmigung für die Lieferung von Ersatzteilen zu erhalten, dazu geführt habe, dass zwei wichtige medizinische Zentren ihre professionelle Zuverlässigkeit verloren haben.

Zu den verzweifelten Lösungsansätzen zählen beispielsweise die Einstellung von Operationen, Einschränkung der Medikamentenabgabe und die Schließung bestimmter Stationen, wie die der Onkologie-Station im südlichen Gazastreifen, weil es an 19 verschiedenen Krebsmedikamenten mangelt oder die Schließung kleinerer Krankenhäuser, um Generatorbrennstoff einzusparen. Auch könnte nur noch ein Teil der Gaza-Bewohner, die durch die israelische Armee verletzt wurden, behandelt werden. Nach Angaben der WHO betraf dies in den vergangenen zwei Monaten 858 Menschen, darunter 180 Minderjährige.

Der drastische Mangel an Ausstattung im Gesundheitssektor wurde von der sich im vergangenen Jahr verschärften Stromknappheit verstärkt, wodurch Gesundheitseinrichtungen auf Generatoren und Notstromaggregate angewiesen sind, die laut einer Warnung der UNO innerhalb der nächsten Woche erschöpft sein werden. Auch ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation vom Januar schreibt, dass sich 1.715 Patienten in unmittelbar lebensbedrohlichen Situationen befinden, wenn den Krankenhäusern der Treibstoff ausgeht. 

Nach Angaben des humanitäre Informationsportals ReliefWeb sind im Jahr 2018 über 1,27 Millionen Menschen im Gazastreifen auf lebensrettende Gesundheitsdienste angewiesen.

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