Asien

John Boltons Kaukasus-Reise: Das Buhlen um Armenien

John Bolton reiste nach seinem Moskau-Besuch weiter in die südkaukasischen Hauptstädte Baku, Jerewan und Tiflis. Das zeigt neuerlich: Washington hat es besonders auf die russisch-armenische Partnerschaft abgesehen. Thema waren auch Waffenverkäufe nach Armenien.
John Boltons Kaukasus-Reise: Das Buhlen um Armenien© aysor.am

von Wladislaw Sankin 

Wie auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel vor zwei Monaten, reiste der Sicherheitsberater des US-Präsidenten John Bolton gleich nach seinen zweitägigen Gesprächen in Moskau in drei südkaukasische Republiken. Nur die Reihenfolge war bei ihm andersherum. Statt mit Tiflis anzufangen - wie Merkel - landete er zunächst in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku.

Als nördlicher Nachbar des Iran ist Baku für die Trump-Administration besonders interessant. "Intensiv" waren nach Boltons Einschätzung daher die Gespräche mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilcham Alijew "über die Eindämmung Irans und dessen Atom-Programm". Im Norden Irans wohnen Millionen Aserbaidschaner, und die Beziehungen zwischen den beiden Staaten bergen wegen der historischen Grenzverläufe großes Konfliktpotenzial. Derzeit sind sie aber stabil und partnerschaftlich. Auch wegen seiner engen Verbindungen zur Türkei und nach Russland lässt sich Aserbaidschan ungern in Washingtons Einflusszone einbinden.

Bolton fordert "armenische Souveränität" 

Armenien ist Teil des von Russland dominierten Verteidigungsbündnisses OVKS (Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit) und auch Abnehmer russischer Waffensysteme. Das Land ist auch wirtschaftlich von Russland stark abhängig. Politisch orientiert sich Erivan dennoch multilateral, weswegen dort auch bereits viele westliche, speziell auch US-amerikanische NGOs aktiv sind. Es gibt außerdem eine enge Partnerschaft mit der EU.

Es ist auch bekannt, dass sowohl der US-Geheimdienst CIA als auch die US-regierungsnahe "NGO" National Endowment for Democracy (NED) den künftigen Premier-Minister Nikol Paschinjan im Zuge der Vorbereitung des Machtwechsels unterstützt haben. Mit der Person des bis vor kurzem unbekannten 43-jährigen Politikers hoffen die USA auf eine Änderung des bisherigen armenischen Russland-Kurses. Das ließ John Bolton während seines Armenien-Besuches unmissverständlich durchblicken, indem er Paschinjan und seine Partei "Elk" bei den bevorstehenden Parlamentswahlen bereits als Sieger betrachtete.

Über die Politik Russlands in der Region redete der Berater Trumps in Erivan im Sinne einer Stärkung der armenischen Souveränität, was nach Meinung der Amerikaner eigentlich eine erhoffte Schwächung des Einflusses Moskaus bedeuten soll.

Für Armenien ist eine fundamentale Frage die vollständige Erlangung der Souveränität und Unabhängigkeit von äußeren Einflüssen. Ich denke, für das Volk ist es wichtiger, die breitgefächerten Möglichkeiten in der Weltarena zu haben, also nicht durch historische Schablonen eingeschränkt zu sein. Aus der Sicht der USA gilt: je stärker die Demokratie ist, desto mehr Möglichkeiten hat man, mit den USA und anderen Staaten zu kooperieren, die die gleichen Werte teilen", sagte Bolton während seines Besuchs beim armenischen Ableger des US-Senders Radio Freiheit (Radio Liberty).

Unter Druck wegen Syrien-Einsatz 

Die US-Delegation machte keinen Hehl daraus, dass ihr das angekündigte armenische Engagement in den von Dschihadisten befreiten Gebieten Syriens missfällt. Die kleine Kaukasus-Republik will demnächst bis zu Hundert Ärzte, Ingenieure und sonstige Fachleuten in die Region Aleppo entsenden, wo es seit jeher armenische Gemeinden gibt. Die Mission werde unter eigener Flagge und lediglich zu rein humanitären Zwecken durchgeführt. Eine angeblichen Verbindung zur russischen Armee, unter deren Obhut die Mission stünde, würde gar nicht existieren, versuchten die Armenier ihren US-Gästen klarzumachen, wie das Analytik-Portal eadaily.com schreibt.

USA stufen den Südkaukaus strategisch als eine sehr wichtige Region ein. Deswegen ist die Verbesserung der Beziehungen zu Armenien eine sehr wichtige Priorität für die US-Administration", sagte John Bolton in Erivan.

Dass diese Worte keine bloßen diplomatischen Floskeln sind, sondern einem langfristigen Plan der USA entsprechen, offenbarte ein anderer US-Reisender, der wenige Tage vor Bolton nicht nur die armenische Hauptstadt, sondern auch das von Armenien besetzte Gebiet von Bergkarabach mit seiner inoffiziellen Visite bedachte – Rudolph Giuliani. Als Ex-Bürgermeister von New York erlange er nach den Anschlägen am 11. September 2001 weltweite Bekanntheit. Derzeit ist Giuliani Vertrauter von Donald Trump und seit dessen Amtsantritt Berater zu Fragen der Cybersicherheit.

Waffenverkäufe an Armenien?

John Bolton versuchte auf seiner Reise, dem Mitglied des Sicherheitsbündnissen OVKS  Armenien auch US-amerikanische Waffen zum Kauf anzubieten, schreiben russische und armenische Medien. Darauf soll der armenische Premier Nikol Paschinjan geantwortet haben, wenn ein Angebot vorläge, könne man es sich anschauen.

Armenische Politiker werden andererseits nicht müde, ihre Genugtuung über die militärische Zusammenarbeit mit Russland zu verkünden. Die komplizierte geostrategische Lage Armeniens zwischen dem historischen Gegner Türkei und dem heutigen Gegner Aserbaidschan lässt die Armenier wohlbedacht Schutz bei ihrem großen historischen Verbündeten Russland suchen.

Georgien - Routine und die alte Anspannung

Einen ganz anderen Stand im Verhältnis zu den USA hat das westlich von Armenien gelegene Georgien. Das Land entwickelt sich seit dem Aufflammen des Nationalismus zu Zeiten des Zerfalls der UdSSR zu einem de-facto NATO-Mitglied. Das Treffen brachte deshalb keinerlei neue Akzente. Es waren diesmal wieder die gleichen Stellungnahmen und die gleichen Reden, die Politiker beider Seiten schon bei ähnlichen Treffen in den letzten Jahren gesagt haben:

USA bleiben als strategischer Partner Georgiens nach wie vor die wichtigste Stütze für das Land bei der Stärkung der Sicherheit und territorialen Integrität des Landes", fasste das georgische Außenministerium nach dem Besuch von Bolton zusammen.

Eine proamerikanische Provinz mit einer antirussischen Bevölkerung ist jedoch Georgien bis heute nicht, selbst nach dem von Georgien provozierten russisch-georgischen Krieg im August 2008. Es gäbe kein Interesse in der georgischen Gesellschaft an wachsenden Spannungen zu Russland, das Gegenteil sei sogar der Fall, sagte der russische Senator Oleg Morosow im Gespräch mit dem Portal eadaily.com mit Blick auf die georgischen Präsidentschaftswahlen. Bei keinem der Kandidaten spiele eine "russische Frage" im Wahlkampf eine Rolle, was für eine Normalisierung und einen pragmatischeren Ansatz spreche, so der russische Senator, der Georgien in den letzten Jahren öfter bereist hat.

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