Nahost

Neuer Premierminister Armeniens will Beziehungen zu Russland entgegen westlichen Hoffnungen ausbauen

Armeniens neuer Premierminister Nikol Paschinjan ist nach Russland gereist, um Präsident Putin persönlich zuzusichern, dass Armenien in Sachen Wirtschaft und Sicherheit eng mit Moskau zusammenarbeiten will. RT Deutsch sprach exklusiv mit zwei Armenien-Experten.
Neuer Premierminister Armeniens will Beziehungen zu Russland entgegen westlichen Hoffnungen ausbauenQuelle: Sputnik

von Ali Özkök

Einige westliche Medien stellten in Frage, ob der neue Premierminister Nikol Paschinjan an gute Beziehungen mit Russland interessiert ist, nachdem er die politische Macht in Jerewan übertragen bekommen hat. In seinen Protestzügen gegen den abgesetzten Premierminister Sersch Sargsjan kanalisierte er die öffentliche Unzufriedenheit über die wahrgenommene politische Vetternwirtschaft im Land.

An den Beziehungen zur Schutzmacht Russland wollte der neue Regierungschef der ehemaligen Sowjetrepublik Armenien dennoch nicht rütteln. Mit Spekulationen über eine vermeintlich kritische Haltung dem Kreml gegenüber räumte Paschinjan auf, als er beim Treffen mit Putin am Montag unterstrich, dass Jerewan eine noch engere sicherheitspolitische und wirtschaftliche Kooperation mit Russland wünsche. Der Premier unterstrich beim Treffen mit Putin in Sotschi:

Wir haben Dinge zu besprechen, aber es gibt auch Dinge, die keiner Diskussion bedürfen.

Paschinjan lobte in diesem Zusammenhang die historisch enge Kooperation seiner Regierung mit Moskau, die nicht neu verhandelt werden müsse:

Ich kann Ihnen versichern, dass es in Armenien einen Konsens gibt und niemand jemals an der Bedeutung des strategischen Charakters der armenisch-russischen Beziehungen gezweifelt hat.

Auch der armenischstämmige Journalist und politische Kommentator Grigor Atanesian geht auf Nachfrage von RT Deutsch nicht davon aus, dass Paschinjan ernsthaft eine Distanzierung von Moskau im Sinn hat:

Ich würde nicht sagen, dass Premierminister Paschinjan sich von Russland distanzieren will. Ich denke, ganz im Gegenteil - Paschinjan hat großen Aufwand betrieben, um dem Kreml zu versichern, dass Armenien unter seiner Führung ein russischer Verbündeter, Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion und der CSTO bleibt.

Der politische Aktivist und Armenien-Analyst Yeghia Tashjian hingegen erklärte im Gespräch mit RT Deutsch, dass die Sorgen Moskaus nicht ganz unbegründet waren:

Russland steht dem neuen Premierminister noch skeptisch gegenüber. Die Bedenken Russlands gehen auf das Jahr 2017 zurück, als das "Jelk-Bündnis" unter der Leitung des derzeitigen Premierministers der armenischen Nationalversammlung einen Resolutionsentwurf vorlegte, in dem der Rückzug Armeniens aus der Eurasischen Wirtschaftsunion gefordert wurde. Der Entwurf wurde abgelehnt, aber er provozierte auch Russland.

Tashjian vermutet, dass Armenien von Russland eine deutlichere Positionierung gegenüber dem armenischen Erzfeind Aserbaidschan fordert. Moskau baute in den vergangenen Jahren seine Beziehungen mit dem Turkstaat aus. Tashjian sagte:

Es ist nicht klar, was Paschinjan im Kopf hatte, aber es kursieren Gerüchte, dass die armenische Seite nicht glücklich darüber sei, dass ihr strategischer Partner Russland auch Aserbaidschan schwere Waffen zur Verfügung stellt. Paschinjans Bemerkungen über Russlands glorreiche Militärparade am Tag des Sieges gegen Nazi-Deutschland am neunten Mai war vielleicht die Eröffnung einer neuen militärischen Vereinbarung.

Die Initiative sei auch der schwachen innenpolitischen Ausgangsstellung des neuen armenischen Premierministers geschuldet, glaubt Tashjian:

Paschinjan braucht schnelle Siege und Unterstützung aus Russland, um sein Ansehen bei den kommenden Wahlen zu festigen.

Der Premierminister fordert, dass neue Energie in die Entwicklung der bereits engen Beziehungen zwischen Moskau und Jerewan eingebracht werden müsse. Er dankte Putin für die Art und Weise, wie der russische Führer mit den armenischen Straßenprotesten umgegangen ist, die die Hauptstadt für Wochen lahmlegten.

Russland intervenierte nicht militärisch, sondern stand während der Proteste in engem Kontakt mit armenischen Politikern.

Wir schätzen die ausgewogene Position, die Russland während unserer innenpolitischen Krise eingenommen hat", sagte Paschinjan. "Ich denke, es war eine sehr konstruktive Haltung."

"Auf jeden Fall scheint der Kreml jetzt überzeugt zu sein, dass Russland in Armenien nichts zu befürchten hat. Und es sollte ausreichen, zumindest vorläufig, angesichts all der anderen internationalen Fragen, in die Moskau verwickelt ist, wie die schweren US-Sanktionen, die Zukunft des syrischen Friedensprozesses, die Ukraine oder den Skripal-Fall", kommentierte Atanesian, der sich auf politische Entwicklungen in Armenien spezialisiert hat.

Der russische Präsident Wladimir Putin sagte während der Unterredung mit Paschinjan, Russland betrachte Armenien als einen seiner engsten Verbündeten in der Region. Auch Moskau wolle die Beziehungen intensivieren.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg in Ihrem Amt als Regierungschef", wünschte Putin. "Ich hoffe, unsere Beziehungen entwickeln sich so stabil wie bisher."

Armenien erlangte 1991 die Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Im Zuge der Besatzung der Region Bergkarabach wurde die Kaukasusrepublik von Aserbaidschan und der Türkei wirtschaftlich und militärisch unter Blockade gestellt. Jerewan wandte sich daraufhin an Russland, um seine Sicherheit zu gewährleisten.

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