Europa

Wegen "russischer Besatzung": Merkel dämpft Hoffnung Georgiens auf raschen NATO-Beitritt

Die Bundeskanzlerin reist gegenwärtig durch den Südkaukasus. In Georgien sprach sich Merkel für eine Mitgliedschaft des Landes in der NATO aus, dämpfte zugleich aber Hoffnungen auf einen schnellen Beitritt. Dem stehe die "russische Besatzung" im Weg.
Wegen "russischer Besatzung": Merkel dämpft Hoffnung Georgiens auf raschen NATO-BeitrittQuelle: Reuters © Reuters

Bei ihrem Besuch in Georgien hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Hoffnungen der Kaukasus-Republik auf einen schnellen EU- und NATO-Beitritt gedämpft. Sie machte am Freitag vor Studenten in der Hauptstadt Tiflis deutlich, dass dies auch mit dem Konflikt mit Russland um die beiden abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien zusammenhänge.

Merkel bekräftigte ihre Kritik daran, dass Russland mit Abchasien und Südossetien praktisch 20 Prozent des georgischen Territoriums besetzt halte. Diese Konfliktsituation sei ein wesentliches Hindernis für einen Beitritt Georgiens in die beiden westlichen Bündnisse.

"Man darf sich damit nicht abfinden", sagte Merkel. Allerdings bedürfe die Lösung dieses Problems längerer Zeit. "Das ist keine Eintagsfliege." Und dass die Grenzlinien wieder undurchlässiger werden, "ist natürlich kein gutes Zeichen".

Bevor sie sich im Rahmen ihrer Reise durch den Südkaukasus auf den Weg nach Armenien machte, besuchte sie am Freitagvormittag noch die "Verwaltungsgrenzlinie", die das von Tiflis verwaltete Gebiet von Südossetien trennt.

Ich stehe zur territorialen Integrität Georgiens. Und was immer wir tun können, um diesen Konflikt mit Blick auf die Menschen zu lösen, wird Deutschland versuchen beizutragen.

Die Kanzlerin verwies zudem auf die "guten deutsch-georgischen Beziehungen", schließlich kamen "die ersten deutschen Siedler vor 200 Jahren" ins Land. Georgiens Ministerpräsident Mamuka Bachtadse bekräftigte den Wunsch seines Landes, Mitglied der EU und der NATO zu werden.

Merkel erklärt Täter zu Opfern

Bereits am Donnerstag hatte Merkel gesagt, sie habe schon nach dem "georgisch-russischen Krieg" im August 2008 den Abzug der russischen Truppen aus den abtrünnigen Gebieten gefordert. Sie werde Georgien darin weiter unterstützen.

Mit ihren Aussagen, die Georgien als Opfer einer russischen Aggression darstellen, stellt die Kanzlerin die Realität jedoch auf den Kopf. Denn wie selbst die EU-Kommission feststellte, wurde der Krieg von Georgien unter dem damaligen Präsidenten Micheil Saakaschwili entfesselt.

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Nach einer Generalmobilmachung befehligte er am 8. August 2008 sein Militär, die abtrünnige Region Südossetien zurückzuerobern, die sich noch zur Zeit der Sowjetunion von Georgien losgesagt hatte.

Deren Hauptstadt Zchinwali nahm das georgische Militär mit Haubitzen und Mehrfachraketenwerfern unter Beschuss, während Panzer auf die Stadt vorrückten. Hunderte Zivilisten wurden bei dem Eroberungsversuch getötet.

Die georgische Armee griff auch die russischen Friedenstruppen an, die dort im Rahmen eines "gültigen internationalen Mandats" (so die EU-Kommission) seit 1992 stationiert waren. Bereits am ersten Tag wurden über ein Dutzend russische Friedenssoldaten getötet. Dem russischen Militär gelang es jedoch innerhalb weniger Tage, die Aggressoren zurückzuschlagen.  

Militärische Einbindung auch ohne formalen NATO-Beitritt – Moskau warnt

In Sachen NATO-Beitritt mache speziell im Fall Georgien die regionale Verortung nahe Russland "einiges schwieriger", so die Bundeskanzlerin. Es gelte, näher zusammenzukommen, ohne schon einen formalen Beitritt zu haben. Georgien oder die Ukraine gehörten aber praktisch zum "nächsten Ring" von Ländern, die für einen Beitritt in Frage kämen.

Wie sich das "näher zusammenzukommen" praktisch gestaltet, zeigte sich vergangene Woche: Unter Beteiligung der Bundeswehr wurde in Georgien ein groß angelegtes Militärmanöver unter dem Namen "Noble Partner" ("Edler Partner") zur operativen Einbindung der Streitkräfte des Landes in die NATO abgehalten.

Vor Wochen hatte Moskau eindringlich vor einer Aufnahme der ehemaligen Sowjetrepublik in das transatlantische Militärbündnis gewarnt. "Dies könnte einen schrecklichen Konflikt provozieren, und es ist nicht klar, warum dies notwendig sein sollte", erklärte Premierminister Dmitri Medwedew.

Auch Präsident Wladimir Putin warnte jüngst vor einer Aufnahme Georgiens und auch der Ukraine in die NATO:

Der Schlüssel zur Gewährleistung der Sicherheit in Europa liegt in der Ausweitung der Zusammenarbeit und der Wiederherstellung des Vertrauens und nicht in der Stationierung neuer NATO-Stützpunkte und militärischer Infrastruktur in der Nähe der Grenzen Russlands, wie es jetzt geschieht. Wir werden angemessen auf solche aggressiven Schritte reagieren, die eine direkte Bedrohung für Russland darstellen.

Angesichts der Aussagen der Kanzlerin während ihres Georgien-Besuchs dürften die Alarmglocken im Kreml nun noch lauter schrillen.

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(rt deutsch/dpa)

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