Asien

Kerala: Das kleine Entwicklungswunder in Indien

Der indische Bundesstaat Kerala, in dem seit vielen Jahren die Kommunistische Partei regiert, ist ein Musterbeispiel einer erfolgreichen Entwicklungspolitik. Entgegen dem indischen Durchschnitt genießen die Einwohner einen hohen Lebensstandard.
Kerala: Das kleine Entwicklungswunder in IndienQuelle: www.globallookpress.com © Philippe Lissac/GODONG

von Hasan Posdnjakow

Trotz wirtschaftlicher Fortschritte herrscht in Indien in weiten Landesteilten immer noch furchtbare Armut. Hundert Millionen Menschen leben im Elend. Die Gesundheitsversorgung ist für die Mehrheit der Bevölkerung katastrophal. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung kann weder lesen noch schreiben.

Es gibt aber auch Ausnahmen zu diesem düsteren Bild. Ins Auge sticht vor allem der südöstliche Bundesstaat Kerala. An der tropischen Malabarküste im Südwesten Indiens gelegen, hat Kerala etwa 35 Millionen Einwohner. Fast 55 Prozent der Einwohner sind hinduistischen Glaubens, knapp 29 Prozent sind Muslime und etwas mehr als 18 Prozent sind bekennende Christen.

Wie der Rest Indiens litt Kerala stark unter der Herrschaft der Briten. Im Jahr 1939 gründete sich die Regionalorganisation der Kommunistischen Partei Indiens. Ihr Ziel: die Arbeiter und Bauern von den Fesseln des rigiden Kastensystems und des Feudalismus zu befreien, die in Kerala besonders stark ausgeprägt waren. Die Partei stütze sich vor allem auf arme und landlose Bauern.

Es gelang den Kommunisten, im Jahr 1957 die Regionalwahlen zu gewinnen. Die neue kommunistische Regierung beschloss eine umfassende Landreform, die jedoch von der Zentralregierung und den Großgrundbesitzern sabotiert wurde. Zwei Jahre später stürzten diese Kräfte die Regionalregierung. Seitdem wechseln sich eine "Demokratische Linksfront" unter Führung der Kommunistischen Partei und die Mitte-Links-Partei "Indischer Nationalkongress" regelmäßig als Regierungspartei ab.

Als in den 1960er-Jahren erneut die Kommunistische Partei die Wahlen gewann, beschloss sie weitere Reformen, die die brutale Ausbeutung der Landarbeiter bekämpfen und den arbeitsrechtlichen Schutz der Landarbeiter verankern sollten. Zudem erhielten die Bauern Zugang zum Rentensystem, und eine öffentliche Lebensmittelverteilung an Arme wurde eingerichtet. Diese Reformwelle wurde durch eine starke gesellschaftliche Bewegung der unteren Schichten vorangetrieben. In Kerala konnten sich große demokratische Massenorganisationen der Armen und Ausgebeuteten etablieren. Trotz der niedrigen Einkommen ist die Bevölkerung politisch sehr aktiv.

Im Laufe der Jahrzehnte führte die fortschrittliche Regierung Keralas eine Reihe von Reformen und Maßnahmen ein, die die Lebensbedingungen der überwältigenden Mehrheit der Einwohner drastisch verbesserten. Bis 1991 konnte Kerala eine Alphabetisierungsrate von fast 100 Prozent erreichen. Damals lag der landesweite Durchschnitt gerade einmal etwa 50 Prozent. Noch heute stagniert er bei 74 Prozent. Die arbeitende Bevölkerung verfügt über ein hohes Bildungsniveau.

Vorbildliches Gesundheitssystem und hohes BIP

Der Bundesstaat weist ein für Entwicklungsländer vorbildliches Gesundheitssystem auf. Es gibt über 300 Krankenhausbetten pro 100.000 Einwohner. Damit ist Kerala Spitzenreiter in Indien und kann sich mit Staaten wie den USA, Israel und Schweden messen. Die Kindersterblichkeit ist mit knapp über zehn pro 1.000 Kindern vergleichbar mit dem Niveau Deutschlands in den 1980er-Jahren oder aktuell mit der Türkei oder dem EU-Staat Rumänien. Der landesweite Durchschnitt liegt bei über 40.

Auch die Geburtenrate ist deutlich unter dem indischen Durchschnitt. Die Lebenserwartung von fast 75 Jahren liegt auf dem Niveau Rumäniens und Ungarns und ist nur etwas geringer als in den Vereinigten Staaten (79 Jahre).

Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf war in Kerala im letzten Jahr fast doppelt so hoch wie im indischen Durchschnitt. Die Armutsrate war im Jahr 2013 mit sieben Prozent die zweitniedrigste in Indien. Der landesweite Durchschnitt lag bei 22 Prozent. Im Jahr 2005 kürte Transparency International Kerala zum am wenigsten korrupten Bundesstaat Indiens.

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