Lateinamerika

Uruguay spricht sich gegen Sanktionen und US-Militärintervention in Venezuela aus

Parlament, Regierungspartei und Gewerkschaften in Uruguay fordern das Ende der Sanktionen gegen Venezuela und fordern bestehen die Achtung des Völkerrechts. Zudem stellen sie die Frage: "Wie frei können Wahlen unter Sanktionen und Kriegsdrohung sein?"
Uruguay spricht sich gegen Sanktionen und US-Militärintervention in Venezuela aus

von Maria Müller, Montevideo

In der vergangenen Woche reagierten die linken und demokratischen Kräfte in Uruguay auf das Ergebnis der Absprachen im Rahmen der Internationalen Kontaktgruppe für einen Dialog in Venezuela. Die im gesamten politischen Spektrum Uruguays aus unterschiedlichen Blickwinkeln kritisierten Widersprüche der Schlusserklärung der ICG führten dann zu den Erklärungen des Mitte-Links-Bündnisses.

Der Widerspruch zwischen der Regierungsposition Uruguays am Vortag des ICG-Treffens, auf Vorbedingungen für den Dialog verzichten zu wollen, und der Schlusserklärung mit ihren Forderungen und Anschuldigungen gegenüber Venezuela führte zu beträchtlichen Spannungen.

Man wollte deshalb deutlich machen, dass die gemeinsame Aktion mit den europäischen Staaten nicht bedeutet, auf eigene grundlegende Überzeugungen zu verzichten. Gleichzeitig wollen Rechts und Links weiterhin die Dialoginitiative in der Hoffnung unterstützen, sie könnte als Gegengewicht gegen die bedrohliche Politik der USA gegen Lateinamerika eine konstruktive Rolle spielen.

Parlament Uruguays

Die "Permanente Kommission"aus Abgeordneten und Senatoren, die die Aufgaben der Volksvertretung während der Sommerpause wahrnimmt, votierte mit den Stimmen der Frente Amplio für die folgende Resolution:

Wir unterstützen die Schritte der uruguayischen Regierung im Sinne einer friedlichen Verhandlungslösung in Venezuela, die von den Venezolanern selbst durchzuführen ist. Wir fordern die Beendigung der Wirtschafts- und Handelsblockade gegen Venezuela sowie dessen freie Verfügung über die eigenen finanziellen Ressourcen. Nur so kann verhindert werden, dass die Bevölkerung unter dem Mangel bei Grundbedürfnissen wie Nahrungsmitteln und Medikamenten leidet.

Des Weiteren wird dringend darauf hingewiesen, dass "die Konflikte auf demokratischem Weg gelöst werden müssen. Die venezolanische Verfassung hat dafür eine Volksbefragung vorgesehen."


Regierungskoalition Frente Amplio

Am gleichen Tag verabschiedete der Parteivorstand der regierenden Partei Frente Amplio (FA) einstimmig eine Resolution mit ähnlichem Inhalt. Auch sie unterstützt das Vorgehen der Regierung im Rahmen der internationalen Dialoginitiativen. Eine Lösung in Venezuela könne jedoch nur nach internationalen Rechtsprinzipien zwischen den beiden politischen Lagern in Venezuela entwickelt werden.

Des Weiteren wird auch hier gefordert, die obersten Grundsätze der Vereinten Nationen zu respektieren: Souveränität der Staaten, Selbstbestimmung, keine Intervention von außen. Und:

Eine humanitäre Hilfe muss nach den Entschließungen der Generalversammlung der UNO unter humanitären Prinzipien und der Neutralität durchgeführt werden. Sie muss die Souveränität, die Unverletzbarkeit des Staatsgebietes und die nationale Einheit des Landes respektieren, das die Lieferungen aufgrund seines Gesuchs an die UNO erhält.

Gewerkschaftsdachverband

Bereits am Vortag hatte das Führungsgremium der Gewerkschftszentrale PIT-CNT beschlossen, im Falle einer militärischen Intervention in Venezuela den Generalstreik auszurufen.

Die Gewerkschaften appellierten an die nordamerikanische Regierung, ihre Pläne für einen militärischen Angriff auf Venezuela einzustellen. Eine kriegerische Intervention würde zu schweren Konsequenzen für alle Völker der Region führen, auch für die Menschen Uruguays. Außerdem stellten die Gewerkschafter die "illegale Selbstproklamation" des Gegenpräsidenten Juan Guaidó in Frage. Die Internationale Kontaktgruppe forderte in ihrer Erklärung "neue Präsidentschaftswahlen unter verfassungskonformen Bedingungen".

Ob die venezolanische Opposition jedoch gegenwärtig überhaupt Wahlen wünscht, ist eine offene Frage. Denn nach der Verfassung muss ein Interimspräsident spätestens einen Monat nach seinem Amtsantritt zu Wahlen aufrufen – das hat Juan Guaidó jedoch nicht getan. Ein weiterer Beleg dafür, dass er sich selbst am Rande der gesetzlichen Legitimation sieht.

Wie frei sind Wahlen unter Sanktionen und Kriegsdrohung?

Es ist ebenfalls eine offene Frage, ob die von der Internationalen Kontaktgruppe geforderten freien Wahlen unter den gegebenen zugespitzten Umständen überhaupt frei und unabhängig sein können. Bedenkt man die Umstände, unter denen solche Wahlen durchgeführt werden müssen, bemerkt man schnell die Fiktion der schönen Worte.

Mit den Sanktionen und militärischen Bedrohungen legen Washington und seine Verbündeten der venezolanischen Bevölkerung eine Schlinge um den Hals, mit der sie jede "Freiheit der Wahl" ersticken. Hier ist kein Raum mehr für politische, sprich unabhängige, Entscheidungen. Die venezolanischen Wähler wissen, dass sie ihr Überleben wählen müssen – unter den Bedingungen der internationalen Erpressung.

Selbst wenn man die Behauptung akzeptierte, die vorangegangenen Präsidentschaftswahlen seien manipuliert gewesen, müsste man heute darüber stolpern, dass die Manipulation der Wählerschaft durch den äußeren Druck inzwischen ins Extreme angestiegen ist und ein Wahlergebnis deshalb noch weit weniger Legitimität besitzt.

Welche Alternativen der Wahl gibt es ?

Wenn die Venezolaner Nicolás Maduro wieder zum Präsidenten wählen, würde die "Internationale Gemeinschaft" das Ergebnis nicht akzeptieren. Die Folge wäre eine weitere Verschärfgung der Sanktionen und ein drohender Bürgerkrieg mit ausländischer Intervention.

Wenn sie Juan Guaidó wählen, um der tödlichen Falle zu entkommen, gibt es ebenfalls einen Bürgerkrieg. Die sicherlich an einen politischen Genozid heranreichende massenhafte Verfolgung der Chavisten und der von Maduros Regierung begünstigten Bevölkerungsschichten wird kaum zu verhindern sein.

Die Basis der PSUV zählt zwischen sechs bis acht Millionen Anhänger, wie sich auch noch bei den letzten Wahlen zeigte. Diese politische Kraft ist zu groß, um einen definitiven Machtwechsel und eine endgültige US-Dominanz in Venezuela erreichen zu können. Künftige Wahlen könnten sie immer wieder ans Ruder bringen, sie würden sich dem Ausverkauf der Bodenschätze des Landes widersetzen. Glaubt jemand im Ernst, die USA würden künftig ein demokratisches Wechselspiel der politischen Kräfte Venezuelas tolerieren?

Nach der Logik der USA braucht es für eine dauerhafte Unterwerfung des Landes einen Bürgerkrieg wie in Syrien, Libyen oder Afghanistan. Bei diesem Szenario muss bedacht werden, dass die bewaffneten Milizen ihre Stadtviertel und Zonen verteidigen werden, es könnte zu territorialen Aufspaltungen kommen. Polizei und Militär würden sich wahrscheinlich auf unterschiedlichen Seiten beteiligen. Auch die wohlhabenden Gebiete werden mit Gewalt konfrontiert sein.

Wenn Washington versuchen würde, eine Kandidatur Maduros bei solchen Wahlen durch juristische oder sonstige Manöver zu blockieren – nach dem Muster Lulas in Brasilien – wären die Konsequenzen ebenfalls unkalkulierbar.

Unter den aktuellen Bedingungen ist zu bezweifeln, ob die von der "Internationalen Gemeinschaft" und der Kontaktgruppe ICG geforderten "freien und unabhängigen Wahlen" wirklich den Frieden in Venezuela schaffen – solange der äußere Druck ebendieser internationalen Gemeinschaft auf den Venezolanern lastet.

Das weiß Washington, das weiß Brüssel, das weiß Berlin.

Jede Entwicklung, die eine der beiden politischen Hauptkräfte von der Regierungsgewalt ausschließt, wird zum Chaos führen. Von daher wäre an einer Übergangsphase mit einer gemeinsamen Regierung der nationalen Einheit zu überlegen. Sie wäre eine Voraussetzung, um die innere Lage zu stabilisieren und die äußere Aggression zu beenden. Eine Utopie?

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