Lateinamerika

Der Labor-Kandidat: Wie Juan Guaidó zur US-Marionette wurde (Teil 1)

Juan Guaidós Karriere kann als rasant bezeichnet werden. Vom politischen Neuling zum transatlantischen Demokratie-Superstar. Doch hinter der Karriere verbirgt sich eine behutsame und langfristig angelegte Strategie zur Destabilisierung Venezuelas.
Der Labor-Kandidat: Wie Juan Guaidó zur US-Marionette wurde (Teil 1)Quelle: Reuters

Plötzlich war er da: Juan Guaidó, selbsternannter "Interimspräsident" und für nicht wenige gebeutelte Venezolaner politischer Hoffnungsträger. Doch bekanntlich projizieren nicht nur diese ihre Sehnsüchte in den dynamisch daherkommenden 35-jährigen. Auch von Washington bis Berlin setzt man alles auf eine Karte. Allerdings geht es der transatlantischen Gemeinschaft, gerne auch "internationale" Gemeinschaft genannt, wohl kaum um die Hoffnungen und Träume der venezolanischen Bevölkerung, die, wie so oft zuvor, ohnehin am Ende bitter enttäuscht würden.

Vor dem schicksalhaften 23. Januar, an dem er sich selbst zum Übergangspräsidenten kürte, hatte kaum jeder fünfte Venezolaner jemals von Juan Guaidó gehört. Aus dem Dunstkreis radikal neoliberaler Oppositionsgruppen emporgestiegen, betrat das keineswegs unbeschriebene Blatt die ganz große politische Bühne – allerdings nicht ohne sich am Telefon zuvor noch mit US-Vizepräsident Mike Pence abzusprechen. Die Zeit schien reif, nun die Früchte der mühsamen gemeinsamen Arbeit zu ernten.

Juan Guaidó - keineswegs ein unbeschriebenes Blatt

Selbstverständlich konnte man sich dabei auf die wohlwollende Begleitmusik renommierter Medienerzeugnisse wie die New York Times verlassen. Diese frohlockten, dass dieser "glaubwürdige Rivale" namens Juan Guaidó dem amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro "mit einem erfrischenden Stil und einer Vision, das Land voranzubringen", gehörig einheizen werde. Bei all dem Vorschusslorbeer und den wohlwollenden Berichten über den neuen Hoffnungsträger durften natürlich die Kampfbegriffe westlicher Geopolitik "Demokratie" und "Freiheit" nicht fehlen, die Guaidó angeblich repräsentiere. Aus dieser Deckung trauten sich dann auch weitere Freunde Washingtons, um Guaidó als Übergangspräsidenten anzuerkennen. Zu nennen sind hier Kanada, zahlreiche europäische Nationen, Israel und der Block rechter lateinamerikanischer Regierungen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und die Lima-Gruppe.

Der eine oder andere mag sich da fragen, wie der rasante Aufstieg des Juan Guaidó möglich war, zumal unter dem "repressiven Regime" des "Diktators" Maduro. Tatsächlich ist es alles andere als Zufall, dass ausgerechnet Guaidó die Rolle des Demokratie-Rebellen übernehmen durfte. Interne Dokumente der US-Regierung nahestehender Organisationen verweisen darauf, wie die aufkeimende Zierpflanze Guiadó über Jahre behutsam gepflegt und gedüngt wurde. Das Ziel: die bolivarische venezolanische Regierung untergraben, das Land destabilisieren und die zunehmende Spannung ausnutzen, um den Jungspund an die Spitze des Staates zu hieven.

"Juan Guaidó ist eine Figur, die für diesen Umstand geschaffen wurde", erklärte etwa Marco Teruggi, ein argentinischer Soziologe und führender Chronist der venezolanischen Politik, gegenüber dem investigativen Rechercheportal The Grayzone.

Es ist die Logik eines Labors – Guaidó ist wie eine Mischung aus mehreren Elementen, die einen Charakter erschaffen, der ehrlich gesagt zwischen lächerlich und beunruhigend schwankt", ist Teruggi überzeugt.

Dem kann Diego Sequera, seines Zeichens Schriftsteller und Journalist für das investigative Medium Misión Verdad, nur beipflichten:

Guaidó ist außerhalb Venezuelas beliebter als innerhalb, besonders bei der Elite der Ivy League und in Washingtoner Kreisen. Er ist dort ein bekannter Charakter, ist vorhersehbar rechtsgerichtet und gilt als loyal zum Programm", weiß Sequera zu berichten.

"Demokrat" Guaidó soll jetzt das venezolanische Bollwerk knacken

Wen kann es da noch wundern, dass es gerade Guaidó als Sprössling einer der radikalsten und gewaltbereitesten Fraktionen der sogenannten venezolanischen "Opposition" zum Posterboy der globalen Demokratieexporteure brachte? Diese haben, wie so oft zuvor, eine spezielle Spielart der Demokratie im Sinn, die vor allem einem Zweck dient: durch Konflikt und Chaos die Interessen des tiefen Washingtoner Staates zu bedienen. Guaidós Aufstieg markiert den Höhepunkt im nunmehr zwei Jahrzehnte andauernden Bestreben, das zähe venezolanische Bollwerk gegen den US-Imperialismus in dessen "Hinterhof" zu zerschlagen.

Trotz zahlreicher Attentate und einem kurzzeitigen Staatsstreich gelang es dem Architekten des Bollwerks, Hugo Chávez, Venezuela gegen die Tentakel des militärisch-industriellen Komplexes zu verteidigen. Sein Nachfolger Nicolás Maduro rechnete sicherlich nicht damit, dass man es Venezuela unter seiner Führung nun gestatten würde, eine selbstbestimmte Zukunft anzupeilen. Er sollte Recht behalten.

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Zuletzt wurde das mutmaßlich ölreichste Land der Welt als Teil einer lateinamerikanischen "Troika der Tyrannei" ausgemacht, die es nach Ansicht Washingtons nun endlich wieder nach den eigenen Vorstellungen umzugestalten gilt – selbstverständlich zum Wohl der US-Industrie und der lokalen Bevölkerungen gleichermaßen.

Wie etwa erneut die New York Times bereits im letzten Jahr in einem ebenso erhellenden wie beschönigenden Artikel berichtete, bediente man sich dabei auch trojanischer Pferde aus den Reihen der venezolanischen Armee, doch auch dieser Anlauf misslang, unter anderem weil die Regierung in Caracas mutmaßlich Wind von der Sache bekam und einen Großteil der geschätzt 300 bis 400 untreuen Militärs dingfest machte. Es überrascht daher nicht, dass man auch Maduro nach dem Leben trachtete. Nach Angaben der venezolanischen Regierung sollte es Maduro unter dem US-Codenamen Operation Constitution im Präsidentenpalast von Miraflores an den Kragen gehen. Im Rahmen der Operation Armageddon sollte ihn während einer Militärparade im Juli 2017 der Tod ereilen, und vielen wird noch in Erinnerung sein, wie der letzte mutmaßliche Mordanschlag mittels einer Drohne als Hirngespinst und, wie könnte es anders sein, "Propaganda" des Diktators Maduro abgetan wurde. Doch zurück zu Guaidó.

Das Revolutionslabor formt den "Studentenführer"

Etwa ein Jahrzehnt vor diesen Ereignissen, im Jahr 2005, wurde eine kleine Schar venezolanischer "Studentenführer" dazu auserkoren, in der serbischen Hauptstadt Belgrad eine schon bewährte "Export-a-revolution"-Ausbildung zu durchlaufen, und zwar mit freundlicher Unterstützung des Center for Applied Non-Violent Action and Strategies, kurz CANVAS. Die ominöse Grupperierung kann auf ein illustres Netzwerk von Gönnern verweisen, darunter das National Endowment for Democracy (NED). Das CIA-nahe NED ist ein halbstaatlicher Arm der US-Außenpolitik und "fördert" weltweit die "liberale Demokratie". Ebenfalls mit an Bord sind das International Republican Institute und das National Democratic Institute for International Affairs. Nach Informationen durchgesickerter E-Mails des nachrichtendienstlichen Beratungsunternehmens Stratfor liegt die Veermutung nahe, dass CANVAS unter anderem in den Jahren 1999 und 2000 auch in Serbien aktiv war und auf Mittel der CIA zurückgriff.

Bei CANVAS handelt es sich wiederum um ein Spin-Off Otpors, einer serbischen Protestgruppe, die 1998 von Srđa Popović an der Universität Belgrad gegründet wurde. Otpor, auf Serbisch so viel wie "Widerstand", erhielt durch Mobilisierung der Proteste, die schließlich zum Sturz von Slobodan Milošević führten, internationale Bekanntheit – Vermarktung á la Hollywood selbstverständlich inklusive.

Bei den eigenen Regime-Change-Ambitionen orientierte man sich an den ominösen Lehren des verstorbenen Gene Sharp, dem sogenannten "Clausewitz des gewaltfreien Kampfes". Sharp kooperierte mit einem ehemaligen Nachrichtenanalysten, Colonel Robert Helvey. Gemeinsam machte man sich an die Arbeit, um eine strategische Blaupause für den bewaffneten Protest als Form der hybriden Kriegsführung zu entwerfen. Das auserkorene Angriffsziel: Staaten, die sich dem unipolaren Herrschaftsanspruch Washingtons wiedersetzen.

Auch Otpor weiß einflussreiche Organisationen hinter sich, zu denen wieder das National Endowment for Democracy, USAID und Sharps eigenes Albert Einstein Institute zählen. Nach Angaben des ehemaligen Otpor-Mitarbeiters Siniša Šikman konnte Otpor bei seinen Aktivitäten auch auf direkte CIA-Finanzmittel zurückgreifen.

Wie aus einer durchgesickerten Stratfor-E-Mail eines ehemaligen Mitarbeiters hervorgeht, wurde nach dem erfolgreichen Sturz Miloševićs aus Otpor CANVAS entwickelt – samt zusätzlicher Infrastruktur, um im Namen der "Freiheit" Revolutionen jeglicher Coleur in die Wege zu leiten. Noch immer kann sich CANVAS demnach  auf US-Förderung verlassen, um "Diktatoren" und "autokratische Regierungen", zumindest solche, die nicht zu den "Partnern" Washingtons gehören, das Leben schwer zu machen und sie im Optimalfall zu stürzen. So schließt sich auch der Kreis Richtung Venezuela.

2005 - Venezuela gerät ins Visier der Demokratieexporteure

Wie erneut aus Stratfor-Interna hervorgeht, wendete man sich mit frischem  Sendungsbewusstsein im Jahr 2005 dem äußerst ressourcenreichen Land zu, nicht jedoch ohne zuvor ganze Arbeit in Osteuropa geleistet zu haben. Dort stachelte man gezielt oppositionelle Gruppen an, um Regierungen im Namen der NATO und der US-Regierung zu diskreditieren und zu stürzen.

Mit für Stratfor nicht untypischer und dennoch immer wieder verblüffender Offenheit beschrieb man die Agenda für den Sieg der "Demokratie" in Venezuela:

Der Erfolg ist keineswegs garantiert, und Studentenbewegungen stehen erst am Anfang dessen, was sich als jahrelanger Versuch erweisen könnte, eine Revolution in Venezuela auszulösen, aber die Trainer selbst sind die Menschen, die sich in den "Schlächter vom Balkan" [Milošević] verbissen haben und über verrückte Fähigkeiten (mad skills) verfügen. Wenn Sie sehen, wie Studenten an fünf venezolanischen Universitäten gleichzeitig Demonstrationen abhalten, werden Sie wissen, dass die Ausbildung vorbei ist und die eigentliche Arbeit begonnen hat.

Die "eigentliche Arbeit" begann zwei Jahre später, im Jahr 2007, als Guaidó seinen Abschluss an der Katholischen Universität Andrés Bello in Caracas machte. Es zog den ehrgeizigen Studenten nach Washington, um sich für das Governance and Political Management Program an der George Washington University einzuschreiben. Dessen Leitung lag beim venezolanischen Ökonomen Luis Enrique Berrizbeitia, einem der führenden neoliberalen Ökonomen in Lateinamerika. Zuvor bekleidete der vielseitige Berrizbeitia das Amt des Exekutivdirektors beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und war für mehr als ein Jahrzehnt im venezolanischen Energiesektor tätig. Erst einige Jahre später sollte Chávez die US-freundliche Oligarchen-Regierung in Caracas ablösen.

Die "Generation 2007" wird von der Leine zu lassen

Im Jahr 2005 entwickelte sich der Heimkehrer Guaidó zum studentischen Anführer, vor allem, wenn es um regierungsfeindliche Kundgebungen ging. Empören konnte man sich etwa über die Weigerung der Regierung in Caracas, die Lizenz von Radio Caracas Televisión (RCTV) zu verlängern. Dem privaten Sender also, der zuvor eine zentrale Rolle beim fehlgeschlagenen Putsch gegen Hugo Chávez gespielt hatte. RCTV war entscheidend für die Mobilisierung von Demonstranten gegen die Regierung und für die Verbreitung entsprechend verzerrter oder gefälschter Informationen. Die Rolle von RCTV und anderen Privatsendern bei der Durchführung des Putschversuchs wurde in dem gefeierten Dokumentarfilm "The Revolution Will Not Be Televised" beschrieben.

Im selben Jahr beanspruchten die Studenten den Loorbeer für sich, als es gelang, Chávez' Verfassungsreferendum für einen "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" zu behindern. Ein Erfolg für die neoliberal indoktrinierten Rädelsführer, denn in der Tat sah das Referendum vor, "den rechtlichen Rahmen für die politische und soziale Reorganisation des Landes zu schaffen und organisierten Gemeinschaften direkte Macht als Voraussetzung für die Entwicklung eines neuen Wirtschaftssystems zu geben".

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Die Saat war ausgestreut, und aus den noch jungfräulichen Protesten rund um RCTV und das Verfassungsreferendum entwickelte sich eine Schlingpflanze, ein Kader von durch die US-Regierung unterstützten Regime-Change-Apologeten. Sich selbst bezeichnete man als "Generation 2007".

Die Stratfor- und CANVAS-Strippenzieher hinter den Kulissen identifizierten Guaidós Verbündeten – ein libertäres Organisationstalent namens Yon Goicoechea – als "Schlüsselfaktor" bei der Bekämpfung des Verfassungsreferendums. Im folgenden Jahr wurde Goicochea für seine Bemühungen mit dem Milton Friedman Prize for Advancing Liberty des Cato Institute sowie mit einem Preis von 500.000 Dollar bedacht – die er in vorauseilendem Gehorsam prompt in sein politisches Netzwerk reinvestierte.

Der Kreis schließt sich erneut, auch hinsichtlich der Tatsache, dass Friedman hinter den ebenso berühmten wie berüchtigten Chicago Boys stand, die Augusto Pinochet nach Chile bestellte, um dort die Politik der neoliberalen "Schockdoktrin" im praktischen Feldversuch zu erproben. Beim Cato Institute wiederum handelt es sich um die Washingtoner Denkfabrik, die, einst von den Gebrüdern Koch gegründet, zu einem der wohl aggressivsten Förderer der libertär-neoliberalen Agenda in Lateinamerika aufstieg.

Die "Revolutionäre"  üben sich im 1x1 des Demokratie-Marketings

Aufschlussreich hinsichtlich der Taktiken der Generation 2007 und ihrer Hintermänner ist eine von WikiLeaks veröffentlichte E-Mail des US-Botschafters in Caracas, William Brownfield, an das US-Außenministerium, den Nationalen Sicherheitsrat und das Department of Defense Southern Command. In dieser lobt der US-Diplomat im Jahr 2007 die "Generation von '07" dafür, "den venezolanischen Präsidenten, der es gewohnt war, die politische Agenda zu bestimmen, dazu zu zwingen, überzureagieren". Unter den demnach "aufstrebenden Anführern" identifizierte Brownfield Freddy Guevara und erneut Yon Goicoechea. Wie es heißt, lobte er letzteren als einen "der redegewandtesten Verteidiger der bürgerlichen Freiheit".

Interessant auch die aus diversen Farb- und anderen "Revolutionen" bekannte und einprägsame Symbolik, derer man sich bediente.

Im Jahr 2009 entwickelten die immer selbstbewussteren Studentenführer der Generation 2007 ihre bis dato provokanteste Form des Protests. Im Stil einer erfrischend frech aufbegehrenden Jugend ließen sie auf offener Straße die Hosen runter. Auch dies eine Taktik aus dem kleinen Einmaleins des Gene Sharp für den gelungenen Regimewechsel. Der Protest richtete sich gegen die Verhaftung eines Mitstreiters aus den Reihen einer Gruppierung namens JAVU, auch wenn dies vielleicht gar keine so große Rolle mehr spielte.

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Diese rechtsaußen zu verortende Gruppe "sammelte Gelder aus einer Vielzahl von Quellen der US-Regierung, wodurch sie schnell als Hardliner des oppositionellen Straßenprotests bekannt wurde", so zumindest beschreibt es George Ciccariello-Maher in seinem Buch "Building the Commune".

Auch Guaidó soll nach unbestätigten Angaben bei den Protesten mitgemischt haben, was durchaus plausibel erscheint, schließlich handelte es sich bei den blankziehenden Demonstranten um Mitglieder des inneren Kerns der Generation 2007, zu dem auch Guaidó gehörte. Auch das eigene Symbol samt einprägsamen Resistencia-Slogan wurde während der Protestvorführung eingesetzt.

Um die freiwerdende Anti-Chavéz-Energie zu bündeln, gründete Guaidó eine politische Partei namens "Voluntad Popular" (zu Deutsch: "Volkswille") – geleitet von Leopoldo López, einem Princeton-Absolventen und politischen Agitator. Zudem war López stark in die Programme des National Endowement for Democracy eingebunden und bekleidete das Amt des Bürgermeisters in einem der wohlhabendsten Bezirke Caracas. López wird als Reinkarnation der venezolanischen Aristokratie bezeichnet, die direkt vom ersten Präsidenten des Landes abstammt. Als Cousin von Thor Halvorssen kann er sich darüber hinaus mit Fug und Recht als Teil des Gründungsmythos der New Yorker "Human Rights Foundation" bezeichnen, die ebenfalls alles andere als ein unbeschriebenes Blatt im Regime-Change-Sektor ist.

Doch der Stern der schillernden Figur López sollte mitsamt dem vermeintlichen "Volkswillen" nicht lange strahlen. Laut einer WikiLeaks-Veröffentlichung wurde er von US-Diplomaten als "eine spaltende Figur innerhalb der Opposition" identifiziert, "oft beschrieben als arrogant, rachsüchtig und machthungrig" – also nicht gerade geeignet für die subtilen Taktiken der friedfertigen Washingtoner Hintermänner.

Eine schwere Dürre als willkommene Gelegenheit

Im Jahr 2010 war es dann eine der schlimmsten Dürren seit Jahrzehnten, die es für die eigenen Ziele auszunutzen galt. Insbesondere die betroffene Stromversorgung schien geeignet, um landesinterne Spannung zu erzeugen. Der entsprechende Plan wurde wieder von CANVAS und Stratfor ausbaldowert und basierte auf dem 70-prozentigen Zusammenbruch der Stromversorgung:

"Das könnte das Wendepunktereignis sein, denn es gibt wenig, das Chávez tun kann, um die Armen vor dem Zusammenbruch des (Strom-) Systems zu schützen", heißt es in einem internen Stratfor-Memo. Und weiter:

Dies würde wahrscheinlich öffentliche Unruhen in einer Weise schüren, die keine Oppositionsgruppe jemals zu erzeugen vermag. An diesem Punkt wäre es am besten, wenn eine Oppositionsgruppe die Situation ausnutzen und sie gegen Chávez und in Richtung der eigenen Bedürfnisse richten würde.

Zu diesem Zeitpunkt erhielt die venezolanische Opposition über US-Regierungsorganisationen wie USAID und NED erstaunliche Summen von 40 bis 50 Millionen US-Dollar pro Jahr, so ein Bericht des FRIDE Institute, eines spanischen Thinktanks. Hinzu kamen enorme Finanzmittel aus eigenen Quellen und Konten, die größtenteils außerhalb des Landes lagen.

Während das von Statfor vorgesehene Szenario jedoch nicht zum Tragen kam, legten die Aktivisten von Voluntad Popular und ihre Verbündeten das Gewand der vermeintlichen Gewaltlosigkeit endgültig ab, um von nun an einen radikaleren Plan zur Destabilisierung des Landes zu verfolgen.

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