Nordamerika

John Bolton auf Rachefeldzug: Wiederwahl von Trump sei ein "Risiko" für Israel

Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten, John Bolton, will mit allen Mitteln eine Wiederwahl von Donald Trump verhindern. Bei TV-Auftritten attackiert er ihn scharf und holte jetzt möglicherweise zu einem der stärksten Schläge aus: Trump sei eine Gefahr für Israel.
John Bolton auf Rachefeldzug: Wiederwahl von Trump sei ein "Risiko" für IsraelQuelle: AFP © Abir Sultan

von Zlatko Percinic

Als Nationaler Sicherheitsberater des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika hatte Bolton sicherlich Einblicke in die Arbeitsweise von Trump und Zugang zu Geheiminformationen wie kaum ein anderer. Er ist aber nicht einfach nur ein Berater wie viele andere vor ihm, die dem Präsidenten gedient haben. Er wollte die Politik mitgestalten, Einfluss auf die Entscheidungen des US-Präsidenten nehmen. 

Er gilt als Überbleibsel der Neocons, die mit George W. Bush an die Macht kamen und so viel Leid über die Menschen im Mittleren Osten brachten, dass Barack Obama mit einem Friedensnobelpreis geehrt wurde – einfach nur, weil es den Anschein hatte, er stehe für eine andere Politik. Für Bolton waren mit dem Sturz von Saddam Hussein im Irak noch längst nicht alle Ziele in der Region erreicht.

Sein ultimatives Ziel war der Iran. Zwar ließ er sich in den 1990er-Jahren auch von Taiwan bezahlen, um sich für eine Anerkennung durch die Vereinten Nationen einzusetzen, und sprach sich auch wiederholt für einen Angriff auf Nordkorea aus. Aber der Iran war es, der wirklich an ihm nagte. Im Jahr 2015 verfasste er sogar einen Meinungsartikel in der New York Times, worin er sich für einen Militärschlag gegen iranische Atomanlagen aussprach, ohne sich um die Folgen zu kümmern.

Als Nationaler Sicherheitsberater unternahm er offenbar einiges, die USA in einen Krieg mit dem Iran zu verwickeln. Laut Präsident Trump war das einer der Gründe, weshalb Bolton gehen musste oder gehen wollte, je nachdem, welcher Seite man Glauben schenken möchte. 

Er betrachtete sich auch als Verteidiger Israels während seiner Zeit als US-Botschafter bei den Vereinten Nationen. Das ging sogar so weit, dass sich selbst der israelische UN-Botschafter Dan Gillerman bei einer Veranstaltung 2006 von B'nai B'rith in New York im Scherz dazu äußerte:

Das Geheimnis ist heute raus. Wir sind in Wahrheit nicht nur fünf Diplomaten (bei der israelischen UN-Botschaft/Anm.). Wir sind mit John Bolton mindestens sechs.

Im November 2018 wurde er von der Zionist Organization of America (ZOA) mit dem "Verteidiger von Israel"-Preis geehrt, nachdem sich die Organisation zusammen mit dem Casino-Magnaten Sheldon Adelson seit Sommer 2017 für die Herabsetzung von Boltons Vorgänger, dem hochdekorierten General H. R. McMaster, und für seine Ernennung als Nationaler Sicherheitsberater eingesetzt hatten. Ein Jahr zuvor erhielt Bolton den "Hüter von Zion"-Preis der religiös-zionistischen Bar-Ilan-Universität in Israel.

John Bolton weiß also ganz genau, welchen Einfluss verschiedene Pro-Israel-Organisationen in den USA haben. Daher ist es kaum ein Zufall, dass er sich jetzt an israelische Medien wandte, um vor einer Wiederwahl Donald Trumps im November zu warnen.

In einem Interview mit dem Fernsehsender Channel 13 sagte er am Donnerstag, dass sich die Politik des US-Präsidenten nach der Wahl ändern könnte. Er habe ja in seinem aktuellen Buch (The Room Where It Happened: A White House Memoir) bereits darauf hingewiesen, dass Trump im vergangenen Jahr den iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif beim G7-Gipfel im französischen Biarritz treffen wollte. Wenn er sich dazu entschließen sollte, auf eine diplomatische Initiative mit dem Iran zu setzen, dann sei das ein "Risiko" für Israel.

Bolton dürfte sich im Klaren darüber sein, dass dies Organisationen wie AIPAC, ZOA, CUFI und unzählige weitere auf den Plan rufen wird, ihre Mitglieder gegen Trump zu mobilisieren, wenn er angeblich eine Gefahr für Israel darstellen soll. Dabei lobte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Beziehungen zwischen seinem Land und den USA in überschwänglichen Tönen, als Bolton am 23. Juni 2019 zu Besuch in Jerusalem war:

John, es ist wunderbar, Dich wieder in Israel zu sehen. Du warst viele Jahre lang ein großartiger Freund Israels und viele Jahre lang ein persönlicher Freund von mir. Und Du warst ein außergewöhnlicher Verfechter der amerikanisch-israelischen Allianz. Diese Allianz ist auf einem Allzeithoch. Ich denke, sie hat diese beispiellosen Höhen unter der Führung von Präsident Trump erreicht, und ich denke, dass Amerika keinen größeren Freund als Israel hat. Und Israel hat keinen größeren Freund und Alliierten als die Vereinigten Staaten.

Damit hat Netanjahu absolut recht. Trump brach mit sämtlichen Traditionen vorheriger US-Administrationen und erkannte die Annexion der syrischen Golanhöhen an, ließ die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen und gab Netanjahu grundsätzlich grünes Licht, auch große Teile der Westbank zu annektieren.

Kaum besteht aber auch nur die Aussicht darauf, dass Washington von seinem Kurs des "maximalen Drucks" gegenüber Teheran abweichen könnte, was zur Deeskalation in der Region beitragen würde, ist das alles vergessen und Trump wird zu einer Gefahr generiert.

Seit der Veröffentlichung des Buches befindet sich Bolton auf einer Art Rachefeldzug gegen Donald Trump, weil er nach dem Abschuss einer US-Drohne nicht gegen den Iran losgeschlagen hatte. Das sei eine der "unprofessionellsten Entscheidungen" gewesen, die er in seiner langen Karriere erlebt hatte, schreibt er darin. Dabei habe er Trump doch erklärt, dass der "Einsatz von Gewalt gegen das iranische Atomprogramm die einzig dauerhafte Lösung sein könnte". 

Der Präsident habe dann selbst zu einem späteren Zeitpunkt sogar von sich aus gesagt:

Du sagst Bibi [Benjamin Netanjahu/Anm.], wenn er Gewalt [gegen den Iran] anwendet, werde ich ihn unterstützen. Das habe ich ihm bereits gesagt, aber Du sagst es ihm noch einmal.

Wenn das stimmen sollte, was Bolton in seinem Buch schreibt, dann muss er sich in diesem Moment beinahe wie ein Marathonläufer gefühlt haben, der sich wenige Kilometer vor der Zielgeraden befindet. Tatsächlich sprach er bereits bei einem Besuch in Israel kurz vor dem US-Einmarsch 2003 in den Irak davon, dass sich die USA nach der erfolgten Unterwerfung des Zweistromlandes auch um die "Bedrohung" aus Syrien, dem Iran und Nordkorea kümmern sollten. Als dann Trump doch nicht losschlug, war auch der Marathon für Bolton zu Ende, ohne dass er sein Ziel erreicht hat.

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