Meinung

"Kein Krieg! Danke, Mr. President!" – Trumps Rede und die schiefe deutsche Sicht auf die Realität

Deutsche Medien und Politiker feiern Donald Trump nach seiner Rede zum Konflikt mit dem Iran als Friedensstifter. Das hat mit ihrer schiefen Wahrnehmung der Wirklichkeit zu tun, die es verbietet, den US-amerikanischen "Verbündeten" als Aggressor zu erkennen.
"Kein Krieg! Danke, Mr. President!" – Trumps Rede und die schiefe deutsche Sicht auf die RealitätQuelle: RT

von Andreas Richter

Die Bild hat den US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump nach seiner Rede vom Mittwoch in ihrer Schlagzeile vom Donnerstag zum Friedensstifter gemacht. Das Springer-Blatt titelte:

Kein Krieg! Danke, Mr. President!

Der dazugehörige Beitrag und ein Gastkommentar von Wolfgang Ischinger, dem stramm transatlantischen Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, priesen Trump für seine angebliche Klugheit und Besonnenheit, mit der er "dem Krieg eine klare Absage erteilt" habe.

Ähnlich äußerten sich andere Medien und auch etliche Politiker. Dabei übersahen sie freilich, dass der in seiner jüngsten Ansprache zu beobachtende Trump ganz klar ein geschlagener Mann war. Der Präsident atmete schwer, verhaspelte sich mehrmals und schien gar nicht so sehr überzeugt zu sein von dem, was er sagte. Sein Gesicht wirkte ebenso grau wie die Gesichter der Umstehenden.

Eine wohldosierte Reaktion der Iraner, die infolge vorheriger Ankündigung offenbar auch keine Menschenleben kostete, aber dennoch die Schlagkraft und Treffgenauigkeit der eigenen Waffen demonstrierte, hat letztlich das Pokerspiel des Präsidenten mühelos als solches enttarnt: Als ein Spiel mit einer Hand voller Luschen.

Natürlich kann der US-Präsident immer noch einen Krieg entfachen, natürlich gibt es auch in seiner Regierung viele, die sich genau das wünschen. Aber das würde ihn mit einiger Sicherheit die Wiederwahl kosten und auch ansonsten seinem Land keinen Vorteil einbringen. Wahrscheinlicher wäre dann der ruhmlose Abgang der US-Truppen aus der Region. 

Die verbreitete Ignoranz in Deutschland gegenüber dem immer Offensichtlicheren ist bestürzend, offenbart aber nur einmal mehr die Blindheit der hiesigen Politiker und Medien gegenüber den nüchternen Fakten. Die heimtückische und rechtswidrige Ermordung des in diplomatischer Mission reisenden Generals und seiner Begleiter vor einer Woche durch die USA in Bagdad wurde durchweg als "gezielte Tötung" verharmlost, das Opfer als "Terrorpate" verunglimpft.

Dafür wurde der iranische Gegenschlag, dessen Rechtmäßigkeit nach dem in der UN-Charta festgeschriebenen Recht auf Selbstverteidigung immerhin diskutabel war, sofort als "Aggression" gebrandmarkt und "aufs Schärfste verurteilt". Es ist zur Gewohnheit geworden, rechtliche Fragen durch die Brille persönlicher Sympathien und Loyalitäten – oder klarer: westlicher Interessen – zu betrachten. 

Diese Sichtweise zeigt, dass das angebliche postmoderne Denken in gewisser Weise ein Rückfall in das der Vormoderne ist. Es geht um "gut" oder "böse" statt um richtig oder falsch, Recht oder Unrecht. Ein Tweet des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Michael Roth, und die Antworten darunter verdeutlichen das Elend: Eine Gleichsetzung von USA und Iran als globales Sicherheitsrisiko sei "bescheuert", wären doch die USA eine liberale Demokratie, während im Iran Schwule und Dissidenten "an Baukränen erhängt" würden.

Unabhängig davon, ob mit dieser Darstellung beider Länder die Realität beschrieben oder Klischees bedient werden, ist eine Gleichsetzung von USA und Iran als globales Sicherheitsrisiko bescheuert, einfach weil die USA gewohnheitsäßig Völkerrecht brechen und Kriegsverbrechen begehen, der Iran eben nicht. Wenn es einen Schurken- und Terrorstaat gibt, der jahrein, jahraus ganze Länder und Regionen zerstört und destabilisiert und die internationale Ordnung untergräbt, dann sind das die Vereinigten Staaten von Amerika.

Dass deutsche Politiker und Meinungsmacher ihr Dasein als Anhängsel des schwindenden US-Imperiums samt dessen Weltsicht noch stärker verinnerlicht haben als ihre US-amerikanischen Pendants, ist schlimm genug, geradezu kurios. Mit solch eingeschränkter Sicht auf die Realität erklärt sich auch, dass ein US-Präsident dank seines Scheiterns wieder einmal zum Friedensstifter verklärt wird. Dass sie aus dieser Perspektive immer weniger Recht von Unrecht unterscheiden können, ist allerdings in Anbetracht der möglichen Konsequenzen geradezu beängstigend.

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