Meinung

"Roter Anstrich für die Regierung": Wie die Tagesthemen versuchen, die SPD gesundzubeten

Thomas Baumann kommentiert in den Tagesthemen die 100-Tage-Bilanz von Andrea Nahles als SPD-Vorsitzende. Dabei findet er fast ausschließlich lobende Worte. Mit Nahles, Scholz und Heil zurück zur Kleine-Leute-Partei - was soll da noch schiefgehen?
"Roter Anstrich für die Regierung": Wie die Tagesthemen versuchen, die SPD gesundzubetenQuelle: www.globallookpress.com

von Andreas Richter

Thomas Baumann, stellvertretender Chefredakteur im ARD-Hauptstadtstudio, hat in den Tagesthemen die ersten 100 Tage von Andrea Nahles als Parteivorsitzende der SPD kommentiert. Man sieht als Zuschauer diesen Kommentar und wundert sich. Über welche Partei spricht dieser Mann?

Nahles habe "etwas geschafft, das eine Menge wert ist", nämlich mit Geschick und Fleiß habe sie eine aufgewühlte Partei und deren zerstrittene Flügel beruhigt. Auch als Fraktionschefin habe sie geliefert und mit der Musterfeststellungsklage, der Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung und mit dem Rückkehrrecht für Beschäftige aus Teilzeit- in Vollzeit-Tätigkeit sozialdemokratische Themen durchgesetzt.

Baumann wörtlich:

Die SPD hat dieser Regierungskoalition sehr wohl einen roten Anstrich verpasst.

Hier hat er - vermutlich ungewollt – das eigentliche Problem dieser Partei enthüllt. Das Rot der SPD ist nur noch Lack an der Fassade. Die von Baumann aufgezählten "Erfolge" werden von den Wählern bestenfalls als hilflose Reparaturversuche für die im Zuge der Agenda 2010 von der SPD selbst (mindestens mit-) verursachten Schäden wahrgenommen, nicht als eine programmatische Neuausrichtung der Partei.

Um aus dem 18-Prozent-Loch herauszukommen, so Baumann, müsse die SPD ihren Ruf als Kleine-Leute-Partei wiederherstellen und "jenseits sozialistischer Umverteilungsreflexe ein Wohlstandsversprechen geben und einlösen". Nur: Wie soll das gehen, wenn genau diese vom Kommentator als richtig gepriesene Grundausrichtung für den Verlust eben dieser Klientel verantwortlich ist? Und: Wie soll ein neoliberales Wohlstandsversprechen für kleine Leute "jenseits von Umverteilungsreflexen" überhaupt aussehen?

Dann noch das Personal: Mit Olaf Scholz und Hubertus Heil habe die Partei "hochkompetente Fachleute an den richtigen Stellen", denen es nur an Nahles‘ Leidenschaft etwas fehle. Meint er das ernst? Wie soll die SPD mit diesen Agenda-Veteranen wieder eine Kleine-Leute-Partei werden?

Und Andrea Nahles? Die führt in Baumanns Heimat Bayern fleißig Wahlkampf und übt den Kontakt zur Wirklichkeit. Nach einem Gespräch mit Flüchtlingen, die bei Siemens in Erlangen eine Ausbildung absolvieren, verspricht sie: "Noch in diesem Jahr gibt’s ein Einwanderungsgesetz". Ob die "kleinen Leute" darauf gewartet haben?

Nahles kann nach den bayerischen Landtagswahlen im Oktober ganz schnell wieder aus der Parteispitze verschwunden sein. Die SPD liegt in Umfragen mit zwölf Prozent an vierter Stelle, derzeit deutet nichts darauf hin, dass sie an dieser Lage noch viel ändern könnte. Aber mit dem Segen Thomas Baumanns zurück zur Kleine-Leute-Partei, raus aus dem 18-Prozent-Loch – was soll da für die SPD noch schiefgehen?

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