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Israel zieht Russland in eine anti-iranische "Verschwörung" in Syrien

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu verlässt Moskau nie mit "leeren Händen". In der Regel führt Israel am Tag vor seiner Ankunft Luftangriffe gegen Syrien. Gleiches passiert unmittelbar nach dem Treffen zwischen Netanjahu und Wladimir Putin.
Israel zieht Russland in eine anti-iranische "Verschwörung" in SyrienQuelle: Reuters © Omar Sanadiki

von Kamran Gasanov

Die Raketenstreiks vor den Gesprächen zeigten, wie Haaretz-Journalisten geschrieben haben, die Entschlossenheit Israels, seine Interessen in Syrien zu verteidigen, die darin bestünden, pro-iranische Milizen zu bekämpfen. Was bedeuten dann die Angriffe nach dem Treffen zwischen Putin und Netanjahu?

Im Großen und Ganzen hält Russland jede militärische Präsenz ohne Erlaubnis von Damaskus für illegal. Von diesem Gesichtspunkt wären die Aktionen der Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) auf syrischem Territorium eine direkte Aggression. Nach dieser Logik muss Moskau als Garant der territorialen Integrität Syriens gegen alle "Besatzer" - die USA, die amerikanische Koalition, die Türkei und Israel - kämpfen. Die mangelnde Fähigkeit, dies umzusetzen, zwang Russland dazu, Abkommen zuzustimmen, zum Beispiel mit Ankara, das die türkische Besatzung des Nordwesten Syriens vorübergehend akzeptiert. Jetzt ist für Moskau und Damaskus der Kampf gegen die Aufständischen vorrangiges Thema.

Israel fordert die Vertreibung pro-iranischer Kräfte aus Syrien 

In einer Zeit, in der die Offensive der syrischen Armee im Süden konzentriert ist, wäre es besonders ungünstig, mit Israel wegen des Iran zu streiten. Auf der anderen Seite böte eine Vereinbarung mit Israel erhebliche Vorteile. Als Netanjahu am 11. Juli den Kreml besuchte, stand Damaskus kurz davor, die Provinz Daraa einzunehmen. Putin und Baschar al-Assad benötigten eine Versicherung, dass die IDF die syrische Armee nicht bombardieren würden. Seinerseits fordert Israel die Vertreibung pro-iranischer Kräfte aus Syrien. Der Iran, der Syrien als seinen Hinterhof betrachtet, reagiert äußerst empfindlich auf solche Verhandlungen zwischen Moskau und Tel Aviv. Der außenpolitische Berater von Ajatollah Chamenei, Ali Akbar Velayati, der am selben Tag in Moskau war, machte deutlich, dass Israels Forderungen allen im Iran egal seien.

Obwohl Russland und der Iran enge Verbündete in Syrien sind, deutet einiges darauf hin, dass der Kreml dennoch eine taktische Absprache mit Israel eingegangen ist. Erstens war Netanjahus Flugzeug kaum vom Moskauer Flughafen gestartet, da schossen IDF-Flugzeuge mehrere Raketen auf Vororte von Quneitra. Moskau könnte Israel eine Art Freibrief für "Handlungsfreiheit" gegeben haben, jedes Objekt in Syrien anzugreifen, das eine Gefahr für Israel darstellt - worum gerade der israelische Ministerpräsident den Kreml bat. Unter gefährlichen Objekten versteht man in Israel die Hisbollah, iranische Berater und pro-iranische Milizen. Zweitens erklärte Netanjahu bei seiner Ankunft, dass "wir keine Probleme mit dem Assad-Regime haben". Und das ist eine Gegenkonzession seitens Tel Aviv.

Nach den Ergebnissen des Moskauer Treffens versprach Israel, das Assad-Regime nicht zu destabilisieren, Russland versprach im Gegenzug, die Iraner so weit wie möglich aus dem Süden Syriens zu entfernen. Nach einigen Informationen sollen sie auf einer Distanz von 80 Kilometern gehalten werden. Eine Einschränkung der Präsenz des Iran ist für Russland notwendig, um a) die politische Lösung zu erleichtern (der Iran gilt als Hardliner, der jegliche Opposition als "Terroristen" betrachtet) und b) später kein Opfer der iranischen Hegemonie zu werden. Teheran kann dies als "Verrat" verstehen, hat in der aktuellen Situation aber keine Alternative.

Die Unruhen im Iran sind nicht grundlos

"Im Iran sind alle aufgeregt. Aber nicht wegen des israelisch-russischen Abkommens, das es erlaubt, den Süden Syriens zu befreien, was für den Iran auch von Vorteil ist. Die Bedenken der Iraner sind besonders mit der Tatsache verbunden, dass Netanjahus Besuch parallel zum Gipfel in Helsinki stattfand. Und in Teheran versteht man, dass Washington durch Israelis das Terrain sondiert und prüft, inwieweit Moskau zum Kompromiss über die iranische Präsenz in Syrien bereit ist.

Ich glaube, dass Russland während des Treffens mit Putin nicht auf einen vollständigen Abzug der iranischen Truppen aus Syrien eingehen wird. Die Unruhen im Iran sind nicht grundlos und werden durch die jüngste Erklärung von Putins Sondergesandtem für Syrien Alexander Lawrentjew bestätigt. Dieser hat gesagt, dass der russische Präsident auch den Iran und die Hisbollah gemeint habe, wenn er über den Abzug der ausländischen Truppen sprach", - sagte der russische Orientalist und Journalist Abbas Juma in einem Interview mit dem Autor.

Trotz der größten internationalen Militärpräsenz in Syrien ist der Iran nicht in der Lage, gegen alle Seiten zu kämpfen. Der internationale Druck im Zusammenhang mit dem Rückzug der USA aus dem Nuklearabkommen und der Abwicklung europäischer Investitionen untergräbt Teherans Ressourcen für die Durchführung "hybrider Kriege" sowohl in Syrien als auch im Jemen.

Der russisch-amerikanische Dialog und der Gipfel in Helsinki spielt eine Schlüsselrolle in der Frage der iranischen Militärpräsenz. Israelischen Medien zufolge fordert Netanjahu im Gegenzug für russischen Druck auf den Iran in Syrien eine Lockerung der US-Sanktionen gegen Russland.

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