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Juristische Note: Ehemalige US-Spitzenbeamte schicken aus dem Iran eine Warnung an Trump

In Maschad trafen sich vor einer Woche Akademiker, Journalisten und Politiker zur "6. Internationalen Konferenz unabhängiger Denker und Künstler". Anwesend waren auch verschiedene ehemalige US-Spitzenbeamte, die eine Note an den US-Präsidenten verfassten.
Juristische Note: Ehemalige US-Spitzenbeamte schicken aus dem Iran eine Warnung an Trump© (Screenshot PressTV)

von Jürgen Cain Külbel, Maschad

Maschad, die zweitgrößte Stadt des Iran, im Nordosten des Landes gelegen, war vom 12. bis zum 18. Mai Austragungsort der „6. Internationalen Konferenz unabhängiger Denker und Künstler (New Horizon Conference - NHC)“. Schwerpunkte der diesjährigen Tagung waren die Unterdrückung der palästinensischen Frage, der Rückzug des US-Präsidenten Donald Trump vom Iran-Atomabkommen, Regime-Change-Gelüste Washingtons in dem persischen Land sowie politische und geostrategische Probleme der Region.

NHC ist ein jahrzehntealtes Projekt, basierend auf der Idee des iranischen Regisseurs und Produzenten Nader Talebzadeh, international bekannt für seine bahnbrechende TV-Serie „Der Messiah“, um „alternative“ Denker, Philosophen, Politiker und Journalisten aus aller Welt zu Themen gemeinsamen Interesses als auch zu Angelegenheiten, die von besonderer Bedeutung für die iranischen Führer und die breite Öffentlichkeit sind, zum Gedankenaustausch zusammenzubringen. 

Talebzadeh lud in diesem Jahr 50 Experten aus dem politischen, militärischen und akademischen Bereich sowie aus dem Sicherheits- und Medienspektrum. Diese kamen aus 22 Ländern, darunter vor allem die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland und die Türkei. In „dieser sensiblen Zeit in der Geschichte“ konferierten sie drei Tage lang in Maschad. Talabzadeh stellte klar, „weiche Diplomatie und Dialog“ seien nötig, um „gegen einen gemeinsamen Angriff [seitens der westlichen Kriegs- und Wertegemeinschaft, Anm. d. A.] zu bestehen“.

Nach den Konferenztagen in Maschad bereisten die Experten in einer Art Marathon das Land und diskutierten nachher an 20 iranischen Universitäten ihre Gedanken mit einheimischen Studenten; besonderen Wert legte Talebzadeh darauf, dass die Studenten mit den eingeladenen amerikanischen Akademikern und Experten in einem freien Forum diskutieren konnten.

Stargast der Konferenz sowie an den Universitäten war der russische Philosoph, politische Analytiker und Stratege Alexander Dugin, der schon am Eröffnungstag eine neue Sichtweise auf die internationalen Angelegenheiten vorschlug: „Wir leben in einem unipolaren Zeitalter, das zusammenbricht und in eine Übergangsphase eintritt.“ Er stellt sich eine „multipolare Welt“ vor mit separaten „Einheiten“; ökologisch-kulturellen „Zonen“, die die Vorherrschaft der US-Militär- und Wirtschaftskontrolle beenden. Für Dugin ist „die Zivilisation größer als Nationalstaaten“. Eine multipolare Welt habe Vorteile, so der Russe: Sie stehe im Gegensatz zu einer Welt, die von geheimen Absprachen zwischen den USA, Israel und Saudi-Arabien beherrscht werde.

Konferenzteilnehmer kritisieren US-Dominanz und israelische Politik

Die Liste der Redner am Eröffnungstag der Konferenz lese sich, so die britische Journalistin und Aktivistin Laureen Booth, Schwägerin des von ihr heftig kritisierten ehemaligen britischen Premiers Tony Blair, wie eine „Hasbara-Abschussliste“.

Michael Maloof, ein ehemaliger Offizier der US-Armee und Koordinator für Terrorismusbekämpfung im Außenministerium unter Präsident George W. Bush, schlug in Professor Dugins Kerbe:

Die von Amerika angeführte globale Ordnung bröckelt. Der Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem Atomdeal mit dem Iran ist ein Wendepunkt. Ein ‚Schritt-jenseits‘ der Kunst, Abkommen zu schließen. Trump will den Iran am Geldbeutel angreifen, um den Regimewechsel im Land anzukurbeln. Saudi-Arabien kann keine zwei Jahre überleben, wenn der Ölpreis nicht über 100 US-Dollar pro Barrel liegt. Die größte Gefahr [für das US-Empire] besteht darin, dass Russland, China usw. einen eigenen Wirtschaftsblock bilden könnten; wie beispielsweise die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit neu zu beleben.

Für Philip Giraldi, einen ehemaligen CIA-Beamten, stehen „die USA kurz davor, ein totalitärer Sicherheitsstaat zu werden, und nicht der Führer der freien Welt“. Der früherer Spezialist für Terrorismusbekämpfung meint, „es sei an der Zeit, den US-Imperialismus und die Unipolarität“ in der heutigen Weltordnung zu überwinden. Zudem kritisierte er den Pakt Washingtons mit Israel:

Sehen Sie, wie unsere Beziehung zu Israel den USA schadet. Die USA leistet pro Jahr 3,8 Milliarden US-Dollar Militärhilfe für Israel. Dazu Handelsvorteile von 8 Milliarden Dollar pro Jahr sowie eine Milliarde Dollar pro Jahr für den ‚Iron Dome‘. Die Amerikaner haben keine Gesundheitsversorgung, die Israelis haben sie. [Der israelische Spion] Jonathan Pollard stahl einen riesigen Berg an Informationen, lieferte sie den Russen aus. Israel ist die ‚Nummer Eins‘ in Sachen Spionage und Technologie.

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Dr. Scott Bennett, ein ehemaliger Offizier der US-Armee in einer Einheit für Psychologische Kriegsführung sowie ehemals Koordinator des US-Außenministeriums für Anti-Terror-Bekämpfung, erklärte, er bekämpfe die USA von innen heraus; er betrachte sich als Patriot, der in der Armee bereit war, für sein Land zu sterben und jetzt wieder bereit sei, sein Leben im Kampf gegen die von Neokonservativen fehlgeleitete Politik als auch die Korruption im Washingtoner Regierungsapparat zu opfern. Bennett, der zwei Jahre Gefängnis hinter sich hat, weil er geheime Informationen an die Öffentlichkeit gebracht hatte, bat den Iran, bei der „Befreiung“ der Vereinigten Staaten von der derzeitigen politischen Clique behilflich zu sein.

Die US-Aktivistin Alison Weir, geschäftsführende Direktorin von „If Americans Knew“, stellte in Maschad ihr neues Buch „Die Internationale Kampagne zur Kriminalisierung der Kritik an Israel“ vor und zeigte die Methoden auf, die dazu dienen, die Debatte über die Politik der israelischen Regierung im Keime zu ersticken und Kritiker zu verfolgen. Weir sagte auf der Konferenz:

Ich habe eine politische zionistische Bewegung in meinem Land [USA] entdeckt, von der die Menschen nicht wissen, dass sie existiert, obwohl sie die ganze Welt gefährdet. Ich entdeckte eine internationale Bemühung, die juristische Relevanz des Antisemitismus zu verändern, um so die Kritik an Israel mit [in die Formel des Antisemitismus] einschließen zu können. Schritt für Schritt wurde diese neue Definition in der Europäischen Union, im Vereinigten Königreich, und in den USA eingeführt.

Der in Jerusalem aufgewachsene Israeli Miko Peled, Autor des Buches „Der Sohn des Generals: Die Geschichte eines Israeli in Palästina“, kritisierte die einseitige Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt des Staates Israels durch Trump:

Jerusalem ist ein großes politisches Geschenk für Netanjahu - es macht ihn zu einem sehr wichtigen Premierminister in Israel. Im Jahr 1967 nahm Israel Ostjerusalem ein und begann mit ethnischen Säuberungen. Die Stadt Jerusalem wurde juristisch nie als Teil von Israel anerkannt. Die Anerkennung Jerusalems verleiht dem Staat Israel, dem es nicht besonders gut geht, mehr Legitimität. Die Gewalt hat seit der Anerkennung Jerusalems zugenommen. Es hat Israel ermutigt. Israel ist der ethnischen Säuberungen, des Völkermords und der Apartheid schuldig. Die USA könnten sich der ‚Komplizenschaft‘ im Völkermord schuldig machen – was eine Verletzung der Genfer Konvention darstellt.

US-Teilnehmer verfassen juristische Note an Donald Trump

Unter dem Eindruck der gewaltsamen Ereignisse in Gaza am 14. Mai 2018 – 60 Palästinenser, darunter acht Kinder, wurden während der Proteste gegen die Einweihung der US-Botschaft in Jerusalem getötet – sowie der Nähe der Washingtoner Regierungsverantwortlichen zu den Verbrechen des Staates Israels im Allgemeinen, schickten die an der Konferenz teilnehmenden ehemaligen Spitzenbeamten der US-Regierung aus dem iranischen Maschad eine juristische Note an Donald Trump; Kopien gingen an den Internationalen Strafgerichtshof sowie den UN-Sicherheitsrat.

Sie informierten den US-Präsidenten über seine Pflicht, den US-Kongress, den Internationalen Gerichtshof und den UN-Sicherheitsrat über Israels „Aktivitäten“ im Allgemeinen sowie den kriminellen Akten vom 14. Mai 2018, die mit dem „70. Jahrestag der Vertreibung von 750.000 Palästinensern aus ihren Häusern“ zusammenfallen, in Kenntnis zu setzen. 

Das Schriftstück wurde unter anderen verfasst von Phil Giraldi, Michael Maloof, Scott Bennett sowie von Michael Springmann, ehemaliger US-Konsul in Saudi-Arabien und Autor des Buches „Visas for Al Qaeda: CIA Handouts That Rocked the World: An Insider's View“. Die Unterzeichner sehen in aktuellen israelischen Aktionen eine Gefahr, die „amerikanische Militäraktionen gegen die Türkei, Syrien, den Libanon, den Iran und Russland auslösen könnten, da diese Nationen gegen die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem sind; und zunehmende Spannungen werden zudem durch den Rückzug der USA aus dem Atom-Deal mit dem Iran noch weiter verschärft“.

Eine Kopie des Schreibens ging zudem an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani. Lauren Booth, Tony Blairs Schwägerin, fasste das Ergebnis der „6. Internationalen Konferenz unabhängiger Denker und Künstler“ so zusammen:

Eine neue internationale Bewegung, die im Iran inspiriert wurde, ist geboren. Aktivisten und Diplomaten aus der ganzen Welt, bewaffnet mit politischer und juristischer Expertise, schließen sich iranischen Stimmen an, mit der Entschlossenheit, jene gewaltsame Hegemonie zu beenden, die die Trommel für mehr Kriege rührt.

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