Deutschland

"Maria 2.0" – Kölner Katholikinnen zeigen wenig Interesse

Unter dem Motto "Maria 2.0" demonstrierten am Sonntag in Köln Hunderte Menschen für eine Reform der katholischen Kirche. Ihr Anliegen: Sämtliche Kirchenämter sollten auch Frauen zugänglich sein. Auch Priester hatten zu der Aktion aufgerufen.
"Maria 2.0" – Kölner Katholikinnen zeigen wenig InteresseQuelle: RT © Felicitas Rabe

von Felicitas Rabe

In der Gemeinde St. Theodor und St. Elisabeth in Köln-Vingst verteilte Pfarrer Franz Meurer am Sonntag vor einer Woche persönlich Flugblätter mit dem Aufruf "Steht auf, schweigt nicht". Von der Kanzel aus erläuterte er der Gemeinde die emanzipatorische Bedeutung der Aktion für die Frauen. Unter einem meterhohen Transparent mit dem Konterfei von Papst Franziskus, das über dem Kirchenaltar hängt, kritisierte er, dass Frauen nicht zu Kirchenämtern zugelassen würden. Seit Jahrtausenden würden sie von der katholischen Kirche benachteiligt. 

Eindringlich bat der Mann die anwesenden Gottesdienstbesucherinnen, sich der Aktion am gestrigen Sonntag anzuschließen und in weißer Kleidung eine Menschenkette um den Kölner Dom zu bilden. 

Auf dem ausgeteilten Flyer – verantwortlich gezeichnet: "Maria 2.0 Köln" – wurden im Detail wenig konkrete Forderungen aufgeführt:

- Alle Getauften und Gefirmten sollten Zugang zu allen Ämtern der katholischen Kirche erhalten

- Priester und Bischöfe sollten Reformen anstoßen, um Glaubwürdigkeitsverlust entgegenzuwirken

- Täter und Vertuscher sexueller Gewalt und Machtmissbrauchs sollten strafrechtlich verfolgt werden 

Am gestrigen Sonntag beteiligten sich erstaunlicherweise nur einige hundert Männer und Frauen aus dem großen Erzbistum Köln an der Aktion vor dem Kölner Dom. Die Forderungen der Rednerinnen auf der improvisierten Bühne waren dabei weitgehender als auf dem Flugblatt: gleichberechtigte Teilhabe an allen Weiheämtern für Menschen aller Geschlechter, die Aufhebung des Zölibats und des Verbots der gleichgeschlechtlichen Ehe. 

An der Menschenkette um den Dom beteiligte sich auch Stadtdechant und Domkapitular Robert Kleine. Im Interview wurde er von WDR-Journalisten gefragt, ob er es als realistisch einschätze, dass Frauen in den nächsten 20 Jahren Zugang zu Ämtern in der Kirche haben würden. Abwiegelnd antwortete er, dass die katholische Kirche ja nicht nur in Deutschland bestände – und in vielen katholischen Diözesen weltweit wäre es unvorstellbar, dass Frauen in absehbarer Zeit zu Priesterämtern zugelassen würden. Daher könne er sich das nicht vorstellen. 

Nach all den Skandalen der katholischen Kirche und des Vatikans in den Bereichen Amtsmissbrauch und sexueller Missbrauch an Frauen und Kindern scheint die Aktion "Maria 2.0" mit ihren emanzipatorischen und aufklärerischen Zielen auf den ersten Blick eine folgerichtige Reform für Geschlechtergerechtigkeit und Wahrhaftigkeit zu sein.

Was allerdings gar nicht erläutert wurde, waren die Konsequenzen, die sich für die katholische Kirche aus diesen Forderungen ergeben könnten. Auf die Frage, worin sich die katholische Kirche denn dann noch von der evangelischen Kirche unterscheide, antwortete ein katholischer Pfarrer, dass es in einiger Zeit ohnehin auf eine ökumenische Kirche hinauslaufen würde. Ob weltweit oder nur in Deutschland, ließ er offen. 

Man kann sich natürlich schon lange fragen, ob die besonderen Merkmale der katholischen Kirche mit ihren sieben Sakramenten, dem Priesteramt als Weiheamt (und nicht als Beruf) und den mystischen, spirituellen Elementen im Gottesdienst sich im 21. Jahrhundert nicht längst überholt haben – insbesondere wo der Vatikan und große Teile seiner Priesterschaft entgegen ihrem eigenen Wertekanon in Korruption und sexuelle Gewalt verstrickt sind. 

Vielleicht ist die Institution katholische Kirche tatsächlich in alten patriarchalen Traditionen steckengeblieben und braucht eine Reform. Dennoch regt es zum Nachdenken an, wenn Frauen von einem Männerbündnis aufgerufen werden, ihre Beteiligung einzufordern, ohne dass im Ansatz erklärt wird, was das für die katholische Kirche bedeutet und was damit noch aufgegeben werden soll. 

Zudem landet man mit der Forderung nach Beteiligung an der Macht, wie sie beispielsweise von der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD) erhoben wird, schnell beim großen ungelösten Widerspruch der Frauenbewegung: Verändert sich eine patriarchale Gesellschaft oder Organisation schon dadurch, dass Frauen an den hierarchischen Machtstrukturen beteiligt werden? Braucht eine emanzipatorische Gesellschaft oder Organisation nicht grundlegendere Veränderungen als die Beteiligung der Frauen an der Macht? 

Die relativ schwache Beteiligung an der Protestaktion am Sonntag lässt jedoch darauf schließen, dass viele Kölnerinnen eher der Meinung des in Köln sehr beliebten Kardinals Rainer Maria Woelki sind, der sich gegen die Kirchenreform ausspricht.

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Mehr zum Thema - Bischöfe zeigen sich besorgt: Protestanten und Katholiken verloren 2018 Hunderttausende Mitglieder 

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.