Deutschland

Brandgefährlich: Union fordert Verbleib von US-Atomwaffen

Die CDU bezeichnet das Anliegen der SPD-Spitze und der Grünen, in einer neuen Bundesregierung auf die Stationierung von US-Atomwaffen zu verzichten, als "brandgefährlich". Demgegenüber verweisen nicht nur Stimmen aus der Friedensbewegung auf die Gefahren der atomaren Teilhabe.
Brandgefährlich: Union fordert Verbleib von US-AtomwaffenQuelle: www.globallookpress.com © Bernd von Jutrczenka/dpa / Global Look Press

Die CDU fordert von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ein klares Bekenntnis zum Verbleib der US-Atomwaffen in Deutschland. Forderungen der SPD-Spitze und der Grünen nach einem Abzug der mutmaßlich auf dem Fliegerhost Büchel in Rheinland-Pfalz lagernden Bomben nannte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul im Bundestag am Donnerstag "brandgefährlich". Sie seien ein Sicherheitsrisiko auch für die osteuropäischen Bündnispartner. Weiter formulierte Wadephul seine Forderungen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur:

"Es ist dringend geboten, dass sich Kanzlerkandidat Scholz eindeutig positioniert und ein Machtwort spricht. Sollten die Ampel-Koalitionäre einen Ausstieg Deutschlands aus der nuklearen Teilhabe beschließen oder auch nur Schritte in die Richtung, dann würde dies die Sicherheitsarchitektur Europas erheblich verändern."

Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter zeichnete Horrorszenarien für den Falle eines Abzugs der US-Atomwaffen und warnte vor verheerenden Folgen für die Partnerschaft zu den USA. "Das könnte einen Dominoeffekt in anderen NATO-Staaten mit Nuklearwaffen wie Belgien oder den Niederlanden zur Folge haben oder gar zur nuklearen Rüstung in anderen europäischen NATO-Staaten führen. Dann zerbricht die transatlantische Partnerschaft", sagte er der dpa.

Wie meist in bedeutenden Sicherheitsfragen äußerte sich zu dem Thema auch Wolfgang Ischinger, seines Zeichens Chef der als Rüstungslobbyveranstaltung kritisierten Münchener Sicherheitskonferenz. Er warnte vor der Gefahr, dass Polen auf die Stationierung von Atomwaffen auf seinem Territorium bestehen könnte, sollte Deutschland sich gegen die bisherige Rolle entscheiden, was wiederum Folgen in Moskau hätte, über die er "gar nicht nachdenken möchte", da die NATO so näher an Russland heranrücken würde.

Nukleare Teilhabe Deutschlands "brandgefährlich"

Doch für brandgefährlich halten mehrere Stimmen vielmehr das Festhalten an der nuklearen Teilhabe Deutschlands, die vorsieht, dass die Bundeswehr bei einem entsprechenden Befehl aus den USA mit deutschen Fliegern – die maßgeblich auf Druck der CDU entsprechend ausgestattet sind – US-Atombomben auf vorgegebene Ziele abwerfen müsste.

Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) verweist darauf, dass es sich um die gefährlichsten aller Massenvernichtungswaffen handelt, die die Menschheit zigfach auslöschen können und dabei bereits des Öfteren beinahe zum Einsatz gekommen wären, obwohl nur ein einziger Abwurf katastrophale und lang anhaltende Folgen für Mensch und Klima hätte.

Nach Ansicht von ICAN Deutschland, dem deutschen Zweig der Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (International Campaign to Abolish Nuclear weapons, ICAN), konterkariert Deutschlands Festhalten an seiner Rolle in der nuklearen Abschreckung der NATO die internationalen Bemühungen um nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung, auch gegenüber Staaten wie Iran oder Nordkorea.

Zu Beginn dieser Woche warnte die ärztliche Friedensorganisation IPPNW, dass eine zunehmend leichtfertige "Kalte-Kriegs-Rhetorik", die sich aufseiten der NATO-Staaten immer stärker verbreite, keine Sicherheitsperspektive für die notwendige Zusammenarbeit mit Russland schaffe, sondern die Eskalationsgefahr bis hin zu militärischen Aktionen erhöhe. Transatlantiker und Aufrüstungsbefürworter verweisen in der Tat immer wieder auf die Notwendigkeit, dass Russlands Abwehr entsprechend zu überbieten sei. Die Luftwaffe indes hat den nuklearen Ernstfall womöglich vor diesem Hintergrund bereits geprobt.

Zudem verwiesen mehrere Kommentatoren darauf, dass die Union abgewählt wurde und somit gar nicht in der Position ist, derart weitreichende Forderungen zu stellen.

Die SPD ist in Teilen deutlich gegen die atomare Beteiligung Deutschlands, jedoch insgesamt uneins. Während Außenminister Heiko Maas die deutsche Beteiligung an der "nuklearen Abschreckung" der NATO befürwortet, sind SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ebenso wie die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans klar für einen Abzug der US-Atombomben.

Nachdem Annegret Kramp-Karrenbauer auf ihren letzten Metern als Verteidigungsministerin gemeint hatte, dass Atomwaffen explizit als Druckmittel und zur Abschreckung Russlands genutzt werden müssten, positionierte sich der SPD-Fraktionschef klar und warf ihr vor, an der "Eskalationsschraube" mit Russland zu drehen. SPD-Kanzlerhoffnung Scholz hat das heiße Eisen im Wahlkampf nicht thematisiert.

Von Teilen der Grünen wurde die früher klare Forderung nach einem Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland zwischenzeitlich infrage gestellt. Doch Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock bezog vor der Wahl dagegen deutlich Position, kündigte an, in Regierungsverantwortung auf einen Abzug der US-Atombomben aus Deutschland drängen zu wollen, und stellte auch andere Standorte in Europa zur Disposition. Mit Blick auf die Abrüstungsverhandlungen zwischen den USA und Russland müsse eine neue Bundesregierung deutlich machen:

"Natürlich müssen Teil dieser Abrüstung auch die amerikanischen Atomwaffen hier in Deutschland und in Gesamteuropa sein."

Rund einen Monat nach der Bundestagswahl hatten SPD, Grüne und FDP am Mittwoch Verhandlungen über die konkreten Details ihrer geplanten gemeinsamen Regierungsarbeit aufgenommen. Bis zum 10. November sollen 22 Arbeitsgruppen Bausteine für einen Koalitionsvertrag ausarbeiten. In der Woche ab dem 6. Dezember soll der neue Kanzler – voraussichtlich Scholz – gewählt und die neue Regierung gebildet werden. Die derzeitige schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist solange noch geschäftsführend im Amt.

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