Deutschland

Merz dreht an Eskalationsschraube: "Barbarische Kriegsakte der russischen Armee"

Für den CDU-Politiker Friedrich Merz ist es "offensichtlich", dass die Vergiftung des russischen Polit-Bloggers Nawalny auf "russische Quellen" zurückgeht. Zudem sei die Flüchtlingsproblematik in Griechenland vor allem auf die "Kriegsakte" Putins zurückzuführen.
Merz dreht an Eskalationsschraube: "Barbarische Kriegsakte der russischen Armee"Quelle: Reuters © Annegret Hilse

Während der Fall um den mutmaßlich mit dem hochtoxischen Nervengift Nowitschok vergifteten russischen Polit-Blogger Alexei Nawalny immer bizarrere Züge annimmt, werden die Stimmen nicht leiser, die ein Moratorium oder gar den Baustopp für die fast fertiggestellte Erdgaspipeline Nord Stream 2 fordern. Doch es gibt auch Stimmen in der deutschen Politiklandschaft, die Besonnenheit und Rationalität anmahnen – auch innerhalb der CDU.

Anfang September war es etwa NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Kandidat für den CDU-Chefposten, der sich gegen eine vorschnelle Entscheidung gegen die Ostseepipeline aussprach. Die Frage, woher Deutschland in Zukunft Energie bekomme, müsse im beiderseitigen Interesse und nach sachlichen Kriterien beantwortet werden.

Deshalb ist die Frage, wie das geschieht, eine, die nun nicht als Reflex am ersten Tag nach dem Beweis, den die Bundeswehr erhoben hat, dass Nawalny vergiftet worden ist, beantwortet werden sollte", hatte Laschet erklärt.

Auch sein Parteikollege Michael Kretschmer warnte nun davor, die Eskalation mit Russland weiter zu forcieren. Auf dem Thüringer Landesparteitag der CDU übte Kretschmer herbe Kritik an der Russlandpolitik der Bundesregierung, die über Beweise für eine Vergiftung Nawalnys mit einer Substanz aus der Nowitschok-Gruppe verfügen will.

Mir liegt es nicht daran, die Eskalation mit Russland immer weiterzudrehen, schlimmer und schlimmer die Tonalität zu verstärken. Ich möchte, dass wir mit diesem Land zusammenarbeiten", betonte der 45-Jährige.

Unterdessen hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) von Indizien dafür gesprochen, dass Moskau in die Vergiftung des nationalistischen russischen Oppositionellen Nawalny verwickelt sein könnte.

Ich hoffe jedenfalls nicht, dass die Russen uns zwingen, unsere Haltung zu Nord Stream 2 zu ändern", hatte Maas zuletzt unter anderem zu Protokoll gegeben.

Bei Kretschmer kam Maas für seine konfrontative Haltung gegenüber Russland alles andere als gut weg.

Dass der derzeitige Bundesaußenminister, von dem man sonst nie etwas hört, in dieser Frage so durchdreht, ist aus meiner Sicht kein gutes Zeichen für Deutschland", erklärte der Ministerpräsident Sachsens.

Der sächsische Ministerpräsident plädierte zuletzt dafür, die Umstände der Vergiftung Nawalnys aufzuklären. Parallel dazu müsse die Gaspipeline Nord Stream 2 fertig gebaut werden. Zudem kündigte er an, dass er im Dezember Russland besuchen werde. Bei dieser Gelegenheit werde auch die Einhaltung der Menschenrechte ein Thema sein.

Derweil verteidigte der ebenfalls für den Parteivorsitz kandidierende CDU-Politiker Friedrich Merz die Bundesregierung gegen den Vorwurf, sie verschärfe ohne Not mit ihrer Russlandpolitik unnötig die Spannungen mit der russischen Regierung.

Von Deutschland und von Europa geht keine Eskalation aus. Diese Eskalation geht zurzeit ausschließlich von Russland aus", zeigte sich Merz am Sonntagabend im Bild-Politiktalk überzeugt.

Für den Wirtschaftsjuristen ist es "offensichtlich", dass der Giftanschlag auf russische Quellen zurückgehe. Zudem beteilige sich Russland nicht an der Aufklärung. Daher sei nun "der Punkt gekommen, wo man die Frage stellen muss, ob wir alles so weitermachen können wie bisher".

Von Nawalny spannte Merz den Bogen zur internationalen Politik und griff dabei den russischen Präsidenten Wladimir Putin direkt an:

Dieser Mann und seine Armee bombardieren Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen, Altenheime. Mit eine der wesentlichen Fluchtursachen – die Probleme, die wir da jetzt in Griechenland haben – sind Probleme, die ganz wesentlich mit ausgelöst worden sind durch diese barbarischen Kriegsakte der russischen Armee, die Putin zu verantworten hat.

Dabei scheint dem ambitionierten CDU-Politiker nicht bewusst zu sein, dass es nicht Russland war, dass den Krieg in Syrien vom Zaun brach. Es war die westliche Staatengemeinschaft, allen voran die USA, für die "Assad muss weg" zum Leitmotiv ihrer Syrienpolitik wurde. Das völkerrechtlich legitimierte Eingreifen Russlands an der Seite der syrischen Regierung bewahrte das Land vor dem Regime-Change und einem Zerfall à la Libyen.

Die "Probleme in Griechenland" gehen damit keineswegs auf die Politik der russischen Regierung zurück. Das machen auch die jüngsten Zahlen etwa des Costs of War Project der renommierten Brown University im US-Bundesstaat Rhode Island mehr als deutlich. Die Wissenschaftler errechneten, wie hoch die Zahl der Flüchtlinge ist, die seit dem 11. September 2001 vor allem auf das Konto der von den USA angeführten Invasionen und Kriege im Rahmen des "Krieges gegen den Terror" gehen.

Auf Grundlage ihrer sehr konservativen Berechnungen wurden durch von den Vereinigten Staaten angeführten Kriege in Afghanistan, im Irak, im Jemen, in Libyen, in Pakistan, auf den Philippinen, in Somalia und in Syrien mindestens 37 Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht. Wie der Hauptverfasser der Studie, Professor David Vine von der American University in Washington, festhält, ist diese Zahl eher am unteren Ende angesetzt. Realistischer seien 48 bis 59 Millionen Flüchtlinge, die ihre Heimat aufgrund der US-geführten Kriege verloren haben.

Millionen (Menschen) sind vor Luftangriffen, Bombardierungen, Artilleriefeuer, Hausdurchsuchungen, Drohnenangriffen, Gefechten und Vergewaltigungen geflohen. Die Menschen flohen vor der Zerstörung ihrer Häuser, Nachbarschaften, Krankenhäuser, Schulen, Jobs und lokaler Nahrungs- und Wasserquellen. Sie flohen vor Vertreibung, Morddrohungen und groß angelegten ethnischen Säuberungen, die durch die US-Kriege insbesondere in Afghanistan und dem Irak ausgelöst wurden", halten die Wissenschaftler unter anderem in ihrer Studie fest.

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