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Berlin: S-Bahn-Ausschreibung gestartet – bessere Qualität oder Zerschlagung und Privatisierung?

Eine Ausschreibung für große Teile der Berliner S-Bahn wurde gestartet. Der Senat erhofft sich dadurch eine Qualitätsverbesserung. Neue Züge, neue Verbindungen und mehr Fahrten sind das Ziel. Kritiker des Projekts sprechen jedoch von Zerschlagung und Privatisierung.
Berlin: S-Bahn-Ausschreibung gestartet – bessere Qualität oder Zerschlagung und Privatisierung?Quelle: Reuters © Fabrizio Bensch

"Der Start in eine neue Ära", nannte es die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther, als der Senat Ende Mai dieses Jahres das Vergabeverfahren für die S-Bahn-Teilnetze Nord-Süd und Stadtbahn beschlossen hatte. Es werden neue Betreiber gesucht, zugleich geht es um Beschaffung und Instandhaltung neuer Züge. Das Berliner S-Bahn-Netz, das auch Bahnhöfe in Brandenburg miteinbezieht, wird bisher von der S-Bahn Berlin GmbH betrieben, einem Tochter-Unternehmen der Deutschen Bahn AG – wie seit vielen Jahrzehnten von den Vorläufergesellschaften. Dieser bisherige Vertrag ist jedoch schon vor zweieinhalb Jahren ausgelaufen, läuft nur auf Grundlage von Übergangsverträgen. Sieben Linien umfasst das Teilnetz Nord-Süd, fünf Verbindungen das Teilnetz Stadtbahn, und das sind zusammen zwei Drittel des gesamten S-Bahn-Betriebes.

Im Rahmen des nun auf acht Milliarden Euro kalkulierten Projekts sollen mindestens 1.308 neue S-Bahn-Wagen beschafft werden. Weitere 852 Wagen könnten bei Mehrbedarf folgen. Erste neue Züge sollen Ende 2027 auf der Nord-Süd-Route rollen, in der Stadtbahn dann ab Februar 2028.

Die künftigen Verträge über den Betrieb sollen dabei eine Laufzeit von 15 Jahren haben, die Verträge zur Instandhaltung dagegen über 30 Jahre, damit die Qualität der Fahrzeuge gesichert wird", heißt es in einer Pressemitteilung der  Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. 

Neben Beschaffung neuer Züge sollen zudem neue Verbindungen und mehr Fahrten auf einzelnen Linien angeboten werden. Dadurch erhofft man sich für die Berliner S-Bahn wieder mehr Pünktlichkeit, Qualität und Service. Doch mindestens ein Punkt des Gesamtprojektes sorgte bereits für heftige Kritik: Das geplante Verfahren der Zersplitterung in mehrere "Lose". Das bedeutet im Klartext, dass künftig nicht nur mehrere unterschiedliche Betreiber im Netz unterwegs sein könnten, sondern sogar mit großer Sicherheit sein werden. Es gibt pro Teilnetz zwei Lose –  jeweils für Beschaffung und Instandhaltung der Fahrzeuge sowie für den eigentlichen Betrieb. Es sind Einzelbewerbungen möglich, also offenbar angestrebt. Dadurch könnte es am Ende dazu kommen, dass mit mehreren Firmen Verträge geschlossen werden. Oder es könnte theoretisch auch passieren, dass eine einzige Firma alle vier Lose gewinnt.

Die Eisenbahnergewerkschaft EVG und das Bündnis "Eine S-Bahn für alle" warnten unisono davor, dass diese Pläne des rot-rot-grünen Senats de facto zu einer Zerschlagung der Berliner S-Bahn führen würden. Die Gewerkschaft sieht sich außerdem bei dieser Ausschreibung genötigt, vor allem für den Schutz der Mitarbeiter zu sorgen. 

Vor allem der Einsatz von Subunternehmern, der bei bis zu 30 Prozent liegen soll, erfüllt uns mit Sorge", betonte der stellvertretende EVG-Vorsitzende Martin Burkert.

Die EVG fordert den verpflichtenden "Personalübergang für alle Beschäftigten unter den aktuell bestehenden Arbeits- und Sozialbedingungen". Bislang sehe der Senatsbeschluss dies jedoch gar nicht vor und benenne stattdessen Tarifverträge, die aber für die S-Bahn Berlin nicht relevant seien und andernfalls außerdem schlechtere Bedingungen vorsehen würden.

Die EVG fordert außerdem weiterhin einen S-Bahn-Betrieb aus einer Hand.

Je mehr Betreiber und Schnittstellen es gibt, umso größer sind die Fehlerquellen. In einem so hochkomplexen System wie der Berliner S-Bahn sind Abstimmungsprobleme dann quasi vorprogrammiert. Das wirkt sich negativ auf einen reibungslosen Ablauf aus", so Robert Seifert, Vorsitzender des Betriebsgruppenvorstandes der EVG bei der S-Bahn Berlin.

Das Bündnis "Eine S-Bahn für alle" warnte davor, dass das Projekt des Senats eine Privatisierung und Zerschlagung der S-Bahn auf Kosten von Beschäftigten, Fahrgästen und Klima darstellte. Es fordert eine "einheitliche, integrierte S-Bahn, die Betrieb und Wartung unter einem Dach vereinigt". Zudem sei die S-Bahn als Betrieb der öffentlichen Daseinsvorsorge dem Gemeinwohl verpflichtet und dürfe deshalb nicht gewinnorientiert sein.

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