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Polnischer Historiker: Warschau ignoriert den 75. Jahrestag seiner Befreiung vom Faschismus

Am 17. Januar wurde die Befreiung Warschaus mit militärischen Ehren gefeiert – in Russland. Bis zu 600.000 Rotarmisten haben in den schweren Kämpfen um Polen ihr Leben gelassen. Die Regierung der befreiten Stadt verzichtete jedoch auf das Gedenken.
Polnischer Historiker: Warschau ignoriert den 75. Jahrestag seiner Befreiung vom FaschismusQuelle: Sputnik © Alexsej Witwitski

Am 17. Januar 1945 nahmen die Rote Armee und die polnischen Streitkräfte nach einer Großoffensive der Roten Armee Warschau von den Nazis ein. Der 75. Jahrestag des historischen Sieges wurde am Freitag begangen, aber die Hauptstadt Polens nahm an den Feierlichkeiten nicht teil.

Die Tatsache, dass die UdSSR Warschau von den Nazis befreit hat, wird in den Schulbüchern "heruntergespielt" und von den polnischen Medien fast komplett ignoriert, "weil wir in einem Land leben, in dem die Russophobie eine der Säulen ist", sagte der polnische Militärhistoriker Michał Glock.

Der Bürgermeister der Hauptstadt Rafał Trzaskowski und seine liberale Partei Bürgerplattform sind "verantwortlich für die Zerstörung von Denkmälern, die polnischen und sowjetischen Soldaten gewidmet sind, und teilweise [verantwortlich] für das Auslöschen der Information, dass Warschau von der Roten Armee und ihren Verbündeten wie der 1. und 2. Polnischen Armee befreit wurde, aus dem Gedächtnis der Einwohner", fügte Glock hinzu.

Die Älteren sind sich bewusst, wer unsere Hauptstadt befreit hat, aber die jüngere Generation lebt in Unwissenheit.

Diejenigen, die sich für Geschichte interessieren, lernen nur über den Warschauer Aufstand, der ein massiver – wenn auch fehlgeschlagener – Versuch des polnischen Widerstands war, die Hauptstadt von den Nazi-Invasoren zurückzuerobern, so der Historiker.

In der Version der Geschichte, die von den heutigen polnischen Behörden verbreitet wird, "war die Befreiung Warschaus (aber auch ganz Polens) Teil einer zweiten Besatzung. Die Nazi-Truppen wurden durch die Rote Armee ersetzt".

Glock hält diesen Blickwinkel für "gefährlich" und "sehr verwirrend", vor allem angesichts der Tatsache, dass die Nazis einen Völkermord an der polnischen Bevölkerung planten.

Nachdem Juden und Zigeuner in Gaskammern [geschickt wurden], sollten die Polen dorthin kommen. Die Rote Armee rettete uns vor dem Völkermord, der nicht nur von den Deutschen, sondern auch von den ukrainischen Nationalisten geplant wurde", so Glock.

Das "Traurigste" sei, dass seine Historikerkollegen nichts tun, um die Umschreibung der Geschichte zu stoppen, "aus Angst davor, dass man ihnen vorwirft, Russland und Präsident Putin zu begünstigen".

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"Ein Schlüsselkampf für den Ausgang des Zweiten Weltkriegs"

Glocks Einschätzung seiner Kollegen scheint recht zutreffend zu sein, da viele andere polnische Historiker, an die sich RT wandte, sich weigerten, die Angelegenheit zu diskutieren. Und die Wenigen, die geantwortet haben, baten darum, ihre Namen wegzulassen, und gaben einfach die Haltung der Behörden des Landes wieder.

Einer von ihnen sagte, dass die Befreiung Warschaus nicht gefeiert wird, weil der Zweiten Weltkrieg in Polen niemanden mehr kümmert. Die Menschen interessieren sich mehr für steigende Preise, die Steuern, die sie zahlen müssen, und andere alltägliche Sorgen, erklärte er.

Was die polnischen Behörden versuchen, aus der Geschichte auszulöschen, sei eigentlich eine Operation, die für den gesamten Ausgang des Zweiten Weltkriegs "enorm wichtig" gewesen sei, sagte der britische Historiker Michael Jones RT.

"Sehr schockiert"

Die Befreiung Warschaus erfolgte kurz nach der Ardennenoffensive, einer erfolgreichen Gegenoffensive der Wehrmacht, die Mitte Dezember 1944 begann. Dabei wurden vier alliierte Armeen eingekesselt und zerstört, was die Antihitlerkoalition (UdSSR, Großbritannien, USA) "sehr schockierte", rekapituliert Jones.

Die sowjetische Offensive auf die polnische Hauptstadt wurde "auf Wunsch der westlichen Alliierten vorgezogen (...) und zerstörte einen Großteil der Fähigkeiten der deutschen Armee". Sie wurde vom britischen Premierminister Winston Churchill und dem US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt auf der historischen Konferenz von Jalta im Februar 1945 sehr gelobt, fügte der Historiker hinzu.

Jones sagte, er ist überzeugt, dass "es immer wichtig ist, dass wir die Vergangenheit weiter debattieren", aber es hat nichts mit "einer Tendenz in der letzten Zeit zu tun, einfach die Sowjetunion und jetzt Russland für alles, das schiefgeht, verantwortlich zu machen".

Tatsache ist, dass während des Zweiten Weltkriegs "wir alle für die gemeinsame Sache zusammenarbeiteten, den Faschismus zu besiegen", sagte er.

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