Asien

US-Basen auf den Südkurilen? Russische Politiker verärgert über japanische Presse

Während die Verhandlungen über einen russisch-japanischen Freundschaftsvertrag wegen der Frage um vier Südkurilen-Inseln ins Stocken geraten, spekuliert ein japanisches Wirtschaftsportal über die Vorteile der russischen Inselkette für das US-Militär.
US-Basen auf den Südkurilen? Russische Politiker verärgert über japanische PresseQuelle: Reuters

Das Treffen zwischen Wladimir Putin und dem japanischen Premierminister Shinzo Abe am 22. Januar in Moskau wurde von Protesten gegen eine mögliche Übergabe der Inseln begleitet. Teile der russischen Öffentlichkeit und Journalisten wittern geheime Absprachen über die umstrittenen Inseln zwischen den Nachbarstaaten Russland und Japan. Russland und Japan bemühen sich seit Jahren wieder um einen Friedensvertrag, der Ende der 1950er Jahre wegen der US-amerikanischen Militärpräsenz auf den japanischen Inseln platzte. Die letzte Umfrage des Allrussischen Umfrageinstituts WZIOM zeigte, dass nur 14 Prozent der Russen einer Übergabe der Inseln zustimmen würden, 77 Prozent sind dagegen.

Während Russland einen Friedensvertrag "ohne Vorbedingungen" anstrebt, pocht Japan, wie kürzlich vor dem Treffen bekannt wurde, zumindest auf der Rückgabe von zwei kleineren Inseln, Chabomai und Schikotan. Die Erklärungen des japanischen Premiers Anfang Januar, Japan wolle die Inseln nicht "ohne Zustimmung" der russischen Bewohner zurückerhalten, hat die Atmosphäre in Russland angeheizt. Das letzte Gipfeltreffen am 22. Januar brachte keine neuen Ergebnisse. Laut einem japanischen Ex-Diplomaten versuchten jedoch beide Seiten, einander ihren jeweiligen Willen "nicht aufzuzwingen". In einem RT-Gespräch versicherte die japanische Seite, dass Russland und Japan imstande seien, einen notwendigen Kompromiss zu erzielen, der "der Russischen Föderation keinen strategischen Schaden zufügt".

Mittlerweile machen auch solche Anspielungen viele in Russland nervös. Am 23. Januar wurde auf dem japanischen Portal Japan Business Press ein Artikel veröffentlicht, der knapp zwei Wochen später in Russland wie eine Bombe einschlug. Der Titel des Textes lautete "Der militärische Wert der nördlichen Territorien, über den keiner spricht". Er stammt von einem japanischen Offizier und Buchautor, der über den Streit um die Kurilen bereits ein Buch geschrieben hat.

Im Artikel erklärte er, warum gerade diese vier Inseln für die Errichtung von US-Militärstützpunkten "ideal" sein könnten. Vor allem könne die Errichtung eines Raketenradars auf der nördlichsten und größten Insel Iturup die USA gegen nordkoreanische Raketen schützen, die auf das US-Territorium abgefeuert werden könnten. Die gesendeten Signale würden dann die Luftabwehrraketen auf Alaska rechtzeitig alarmieren. Man könne dabei auf die russischen Marschflugkörper, die aus dem Ochotskischen Meer abgefeuert werden können, besser "einwirken".

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Der Autor stellte auch fest, dass eine mögliche Sperrung der eisfreien Jekaterina-Straße zwischen den zwei nördlichen und größten Inseln, Iturup und Kunaschir, durch Japan und die USA russische Schiffe vor große Schwierigkeiten stellen würde.

Für Russland ist das Ochotskische Meer eine heilige Stätte für strategische U-Boote. Deswegen patrouillieren zahlreiche Schiffe durch diese Region, und deswegen wurden auf den nördlichen Territorien (so werden in Japan die Inseln genannt – Anm. der Redaktion) die Antischiffsraketensysteme errichtet. Aber wenn nach ihrer Rückkehr die japanisch-amerikanische Streitkräfte auf den Inseln erscheinen, dann wird in den russischen Verteidigungsring, der die U-Boote schützt, eine Bresche geschlagen", schreibt das Portal.

Der Autor räumte am Endes des Artikels ein, dass Russland die vier Inseln wohl kaum übergeben würde, denn diese seien für die USA zu wertvoll.

Wenn dem so ist, dann fragt man sich, warum man überhaupt darüber in der Öffentlichkeit derart spekulieren sollte? Diese Frage stellen sich viele in Russland. Der russische Experte der Akademie der Wissenschaften für den pazifischen Raum Witali Schwydko bewertete den Artikel als "müßige Überlegungen", räumte aber ein, dass "das Thema durchaus existiert".

Russische Außen- und Sicherheitspolitiker reagierten weniger gelassen. Der Senator Oleg Morosow wertete die Publikation als Signal an die USA, damit sie den Druck auf Russland erhöhen, die Inseln an Japan zu übergeben. "Solche Überlegungen machen jegliche Möglichkeit der Regelung des langjährigen Problems zunichte", kritisiert Morosow. Deshalb sei der Artikel möglicherweise aus innenpolitischen Gründen geschrieben und gegen Premier Abe gerichtet.

Der Ex-Militär Franz Klinzewitsch, der im russischen Obersten Rat für Verteidigungspolitik zuständig ist, nannte den Artikel "eine Provokation". Auf den russischen Inseln könnten nur russische Verteidigungsanlagen errichtet werden, so der Senator.

Streit um die Inseln: Vorgeschichte

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts führen Russland und Japan Verhandlungen über einen Friedensvertrag im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg. Die Frage der Kurilen bleibt der Knackpunkt, da die Inseln nach dem Zweiten Weltkrieg an die Sowjetunion übergeben wurden, während Japan Anspruch auf die vier südlichen Inseln erhebt. 1956 unterzeichneten die beiden Länder eine gemeinsame Erklärung zur Beendigung des Kriegszustands und zur Wiederherstellung der diplomatischen und aller anderen Beziehungen. Ein Friedensvertrag wurde jedoch immer noch nicht erreicht. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, dass die sowjetische Regierung bereit sei, die Insel Schikotan und eine Gruppe kleinerer unbewohnter Inseln, darunter Chabomai, an Japan zu übergeben. Darüber hinaus wird festgehalten, dass Tokio nach Unterzeichnung eines Friedensvertrages die tatsächliche Kontrolle über diese Inseln erhalten würde.

Nachdem Japan und die Vereinigten Staaten jedoch 1960 den Vertrag über gegenseitige Zusammenarbeit und Sicherheit unterzeichnet hatten, der die US-Präsenz in Japan auf eine feste juristische Basis stellte, zog die Sowjetunion ihre Verpflichtung zur Übergabe der Inseln zurück. Das Memorandum der sowjetischen Regierung vom 27. Januar 1960 besagt, dass diese Inseln nur dann an Japan übergeben würden, wenn alle ausländischen Truppen aus dem Land abgezogen würden. Zurzeit halten sich regelmäßig bis zu 50.000 US-amerikanische Militärangehörige im Land auf, mit Familienangehörigen und zivilen Mitarbeiter sind es 105.000 US-Staatsbürger. Die stärkste US-Präsenz gibt es auf Okinawa, wo die 14 US-Stützpunkte fast ein Fünftel des Territoriums einnehmen. Dort finden regelmäßig Proteste gegen die US-Präsenz statt. 

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