Ist die russische Internetaufsicht high? Wikpedia drohte Sperrung wegen Haschisch-Artikel

Die russische Aufsichtsbehörde für Massenmedien, Telekommunikation und Datenschutz, Roskomnadsor, sorgt zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit für Schlagzeilen in Sachen Internetzensur. Nachdem schon vor zwei Wochen dem sozialen Netzwerk Reddit eine Sperrung wegen Anleitungen zum Anbau von Magic Mushrooms drohte, befand sich nun die bekannte Online-Enzyklopädie Wikipedia im Fadenkreuz der empfindlichen Medienwächter. Auch hier ging es wieder um Informationen zu illegalen Drogen.
Ist die russische Internetaufsicht high? Wikpedia drohte Sperrung wegen Haschisch-ArtikelQuelle: www.globallookpress.com © Sebastian Gollnow/dpa

Zeitweise drohte die Abschaltung der ganzen russischen Wikipedia. Nach einer angeblichen Abänderung des beanstandeten Artikels, lies die Behörde ihre Forderungen fallen. Doch die strikte Anwendung russischer Antidrogen-Gesetze kollidiert offenbar zunehmend mit der Informationsfreiheit. 

Bereits vergangenen Freitag gab die russische Aufsichtsbehörde Roskomnadsor eine offzielle Warnung an Wikipedia heraus, mit der Aufforderung eine Seite zu löschen, auf der die Zubereitung von "Charas", eine alternative Bezeichnung für das Cannabis-haltiges Haschisch, beschrieben wird. Cannabis gilt in Russland - wie in vielen anderen Ländern der Welt auch - immer noch als illegale Droge.

Um den Missbrauch von Drogen in den Griff zu bekommen, hat ein Gericht in der südrussischen Region Astrakhan im Juni entschieden, dass auch die Publikation von Anleitungen zur Herstellung oder Verwendung verbotener Drogen illegal ist.

Aufgrund dieses Urteils sieht sich Roskomnadsor nun offenbar beauftragt, das russische Internet von entsprechenden Informationen zu säubern. Aus technischen Gründen drohte dabei nun sogar die Abschaltung der gesamten russisch-sprachigen Wikipedia, da der von Roskomnadsor beanstandete Artikel sich nicht einzeln sperren ließ. Grund dafür ist ist die Nutzung der https-Technologie bei der russischen Wikipedia, die dafür sorgt, dass einzele Seiten eines Webangebots nicht gesondert gefiltert werden können.

Stanislav Kozlovsky, Chef von Wikipedia Russland, sagte am Freitag gegenüber der Presse, seine Seite arbeite im Einklang mit der russischen Gesetzgebung und erklärte, dass Wikipedia nicht auf die Forderungen der staatlichen Aufsichtsbehörde eingehen werde. Kozlovsky betonte, dass alle Quellen, auf die sich der umstrittene Wikipedia-Artikel bezieht, legitime Informationsgebote sind. Beispielsweise wird sich auf die Seite der Vereinten Nationen bezogen. Auch sei Wikipedia auf Blockadeversuche in Russland vorbereitet.

Am Montag hat Wikipedia dann zunächst die Webadresse des Charas-Artikels geändert, was Roskomnadsor jedoch nicht milde stimmte. Dem Artikel eine andere Webadresse zu geben, schränke nicht den Zugang zu den drogenpropagierenden Informationen ein, so die Aufsichtsbehörde in einer offiziellen Stellungnahme. Nach weiterem Geplänkel und einer angeblichen Abänderung des Artikels wurden die Vorwürfe gegen Wikipedia nun fallengelassen. Verschiedene Medien berichten, in der Nacht zum Dienstag sei die gesammte russisch-sprachige Wikipedia zwischenzeitlich nicht erreichbar gewesen. Der Artikel verstoße nun jedoch nicht mehr gegen die russischen Anti-Drogen-Gesetze, so die Behörde.

Roskomnadsor sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Ein ähnlicher Fall ereignete sich bereits Anfang August in Bezug auf das soziale Netzwerk Reddit. Dort ging es um den Anbau von halluzinogenen Zauberpilzen, wofür ebenfalls die Sperrung drohte. Ende September setzte Roskomnadsor große soziale Medien wie Facebook und Twitter unter Druck, sich an ein neues, umstrittenes russisches Online-Medien-Gesetz zu halten. Von Bloggern werden dabei die selben Registrierungs-Standards erwartet, wie von traditionellen Medien. Die russische Behörde verlangt daher von den Seitenbetreibern, private Informationen über ihre Nutzer einzuholen.

Ein großer Teil der russischen Bevölkerung nutzt das Internet noch nicht und ist daher für Belange der Informationsfreiheit im digitalen Zeitalter wenig sensibilisiert. Die Nutzerzahlen steigen zwar stark an, jedoch nutzten auch im Jahr 2014 nur knapp 60 Prozent der Russen das Internet, im Vergleich zu 76 Prozent in Deutschland.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.