Wirtschaft

Trotz Reform der Privatinsolvenz: Kein Ausweg aus der Schuldenfalle

Die Bilanz fällt mager aus: Überschuldete Verbraucher sollten eigentlich nach einer Pleite durch die Reform des Insolvenzrechts schneller wieder auf die Beine kommen können. Doch erste Daten sind ernüchternd. Nur wenige schaffen das vorzeitige Schulden-Aus.
Trotz Reform der Privatinsolvenz: Kein Ausweg aus der SchuldenfalleQuelle: www.globallookpress.com © imago stock&people

Die wenigsten Menschen in Deutschland schaffen nach einer Pleite einen vorzeitigen Neustart in ein schuldenfreies Leben. "Die Reform des Insolvenzrechts kommt bei Verbrauchern nicht an", kritisierte Christoph Zerhusen von der Verbraucherzentrale NRW. Nach einer Auswertung der Verbraucherschützer hat weniger als ein Prozent der Betroffenen die Aussicht, bereits nach drei statt der sonst üblichen sechs Jahre seine restlichen Schulden erlassen zu bekommen. Die Verbraucherzentrale hatte zuvor rund 3.500 Fälle in ihren Schuldnerberatungsstellen in NRW unter die Lupe genommen.

Besser fällt eine Bilanz der Wirtschaftsauskunftei Crif Bürgel aus, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Danach erreichten 7,7 Prozent der betroffenen Verbraucher bis Ende Juni die sogenannte Restschuldbefreiung schon nach drei Jahren. "Auch knapp acht Prozent sind zu wenig. Der Gesetzgeber hatte 15 Prozent erwartet", sagte Zerhusen. Die Reform war im Sommer 2014 in Kraft getreten. Jetzt liegen erste Daten vor.

Hürden für beschleunigte Schuldenregulierung zu hoch

Aus Sicht von Verbraucherschützern und Insolvenzverwaltern sind die Hürden für die Betroffenen zu hoch. Denn nur, wer innerhalb von drei Jahren mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen sowie die Kosten des Verfahrens für das Gericht und den Insolvenzverwalter stemmt, kann bereits dann von der Restschuld befreit werden.

Können Betroffene zumindest das Geld für den Insolvenzverwalter und die Gerichtskosten aufbringen, kann das Verfahren um ein Jahr auf fünf Jahre verkürzt werden. Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale dürfte es aber nur jeder zehnte Schuldner schaffen, die Verfahrenskosten von 1.800 bis 2.000 Euro aufzubringen.

Zerhusen kritisierte, der Weg für die Betroffenen sei insgesamt zu lang, bis sie die Last der finanziellen Verbindlichkeiten komplett hinter sich lassen könnten. Die Menschen steckten häufig mehrere Jahre in der Schuldenfalle, bis sie überhaupt den Weg ins Insolvenzverfahren fänden.

Wartezeit, Beratung und ein außergerichtlicher Einigungsversuch kosteten noch einmal zusätzlich Zeit. Nach Ende des meist sechsjährigen Verfahrens dauere es noch einmal bis zu vier Jahre, bis alle Einträge aus Auskunfteien gelöscht und sämtliche Verfahrenskosten erledigt seien.

Im Schnitt mit etwa 33.000 Euro verschuldet

Die Mehrheit der insolventen Verbraucher steht Crif Bürgel zufolge vor allem bei Kreditinstituten, Versandhändlern, Versicherungen, Behörden, Vermietern, Energieversorgern und Telefongesellschaften in der Kreide. Ausgewertet wurden Daten der Amtsgerichte.

Danach meldeten vom 1. Juli 2014 bis 30. Juni 2015 - also im ersten Jahr der Reform - 94.843 Verbraucher Insolvenz an. Einschließlich ehemals Selbstständiger waren sie im Schnitt mit rund 33.000 Euro verschuldet.

Bei Älteren sind die Schulden allerdings meist deutlich höher, etwa wegen des Kaufs einer Immobilie. Menschen, die mit 61 Jahren und mehr Privatinsolvenz anmeldeten, stehen Crif Bürgel zufolge im Schnitt mit 43.000 Euro in der Kreide. Bei unter 25-Jährigen seien es knapp unter 11.000 Euro.

(dpa/rt deutsch)

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