Russland

Freiburger Diskurse: Russische und ukrainische Wirtschaft im Vergleich

In einem Vortrag analysiert der Ökonom Vassili Astrow die Situation in der Ukraine und in Russland. Die Sanktionen hatten nur kurzfristige Wirkungen. Einige waren der russischen Wirtschaft sogar dienlich. Anders sieht es in der Ukraine aus: Die dortige Wirtschaft liegt am Boden.
Freiburger Diskurse: Russische und ukrainische Wirtschaft im VergleichQuelle: Sputnik © Maksim Bogodvid

Dass die Russland-Sanktionen nicht funktionieren, ist inzwischen bekannt. Mit fundierten Zahlen und Fakten belegte dies am vergangenen Donnerstag der Wirtschaftswissenschaftler Vassili Astrow vom Wiener Institut für Wirtschaftsvergleiche im Rahmen eines Webinars des Vereins "Freiburger Diskurse". Der Verein widmet sich ökonomischen Fragestellungen und veranstaltet dazu regelmäßig Webinare. 

Astrow beleuchtete in einem kurzen Abriss zunächst die wirtschaftliche Entwicklung der Russischen Föderation seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Der war für die russische Ökonomie tatsächlich katastrophal. Allein im Jahr 1992 sank das russische BIP um über 14 Prozent. 

Mit dem umfassenden Sanktionsregime ‒ insgesamt wurden bis heute 15.159 Einzelsanktionen gegen Russland verhängt ‒ bescherte der Westen der russischen Wirtschaft einen einmaligen Rückgang um 2,2 Prozent. In diesem Jahr wächst Russland bereits wieder. Der Erfolg des Sanktionsregimes ist daher bestenfalls übersichtlich. 

Astrow beschreibt, mit welch rasantem Tempo sich die russische Wirtschaft neu orientiert. Der Schwenk geht klar in Richtung Asien, die Wirtschaftskontakte in die EU gehen zurück. Gleichzeitig werden zunehmend mehr Güter, die bisher aus dem Ausland bezogen wurden, im Inland hergestellt. Staatliche Förderprogramme stützen den Aufbau. Eine wichtige Rolle für das weitgehende Verpuffen der Sanktionswirkung spielt das, was man in Russland "Parallelimport" nennt. Güter werden über Drittstaaten importiert. Da die Mehrheit der Länder der Welt das westliche Sanktionsregime nicht mitträgt, verfehlen die Sanktionen die beabsichtigte Wirkung, umfassenden Mangel in Russland auszulösen. 

Astrow zeichnet für unterschiedliche Sanktionen nach, dass viele unmittelbar nach Verhängung eine gewisse Wirkung zeigten, sich die russische Wirtschaft dann aber schnell darauf einstellen und oft sogar für sich als Entwicklungsimpuls nutzen konnte. So hatte der von der EU verhängte Ölpreisdeckel tatsächlich für einige Monate Wirkung und Russland musste sein Rohöl mit Abschlägen verkaufen. Inzwischen ist die Wirkung aber verpufft. Russisches Öl wird mittlerweile wieder deutlich über der Marke von 60 Dollar pro Barrel gehandelt. Für die hohe Anpassungsfähigkeit der russischen Wirtschaft macht Astrow ihren marktwirtschaftlichen Charakter verantwortlich. 

Auf einige Sanktionen, wie zum Beispiel die Sanktionen im Finanzbereich, war Russland zudem vorbereitet und konnte ihre Wirkung daher unmittelbar abmildern. Darüber hinaus wurde die Krim bereits 2014 vom SWIFT-Zahlungssystem abgetrennt. Das sorgte für die Entwicklung eines eigenen Systems, mit dem Russland sicherstellen konnte, dass nach der Abtrennung des Landes von SWIFT im März 2022 der Zahlungsverkehr im Inland nicht zusammenbrach. 

Andere Maßnahmen wie der erschwerte Erwerb eines Schengen-Visums für russische Staatsbürger gaben der russischen Wirtschaft positive Impulse. Bereits nach 2014 wurde der Binnentourismus angekurbelt. Die Krim wurde touristisch weiterentwickelt, für Urlaub auf der Schwarzmeer-Halbinsel wurde aktiv geworben. Die Krim prosperierte. Seit 2020 gibt es ein landesweites Programm zur Entwicklung touristischer Infrastruktur. Die Sanktionen der EU waren diesen Maßnahmen sogar dienlich. Letztlich lasse sich Russland nicht sanktionieren, hält Astrow fest, vor allem dann nicht, wenn sich Länder wie China und Indien den Sanktionen nicht anschließen. 

Anders sieht die wirtschaftliche Situation in der Ukraine aus. Schon vor Beginn des Krieges war die wirtschaftliche Entwicklung schwach. Im vergangenen Jahr ist die ukrainische Wirtschaft um 30 Prozent eingebrochen. Inzwischen wächst sie wieder etwas, ist aber vom Vorkrisenniveau weit entfernt. Die Ukraine ist zudem hoch verschuldet. Sie kann staatliche Strukturen nur durch ausländische Kredite und Zuwendungen aufrechterhalten. Das Schicksal der Ukraine sieht Astrow als Dumpinglohnland für europäische Produzenten. Auch nach dem Ende des Krieges wird ein Boom ausbleiben, zumal durch die Abspaltung des Donbass der Ukraine wichtige Industrien verloren gegangen sind. 

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