Das Nowitschok-Märchen: Skripal-Inszenierung hat einen langen Vorlauf - Teil 1

Die britische Nowitschok-Inszenierung ist schlecht einstudiert. Beim Drehbuch wurde gestrudelt, die Dramaturgie stolpert über immer offensichtlichere Widersprüche und einige wichtige Akteure weigern sich, Londons Regieanweisungen Folge zu leisten.
Das Nowitschok-Märchen: Skripal-Inszenierung hat einen langen Vorlauf - Teil 1Quelle: Reuters

von Rainer Rupp

Das "Nowitschok"-Märchen, das die britische Regierung der Welt in den letzten Wochen vorgespielt hat, ist weitgehend der britisch-amerikanischen TV-Spionageserie "Strike Back" ("Schlag zurück"), nachempfunden, in dem von den bösartigen Russen geführte, dunkle Mächte mit extrem gefährlichen chemischen Waffen einen geheimen Krieg gegen den guten und edlen Westen führen. Aber damit nicht genug: Die britische Regierungsversion von "Strike Back" hat auch ein Happy End parat, das Hollywood alle Ehre machen würde. Die beiden Opfer des angeblich "russischen" Mordanschlags mit dem Nervengift, das laut offiziellen Stellungnahmen Londons in "militärischer Güte" eingesetzt wurde und das "fünf- bis achtmal tödlicher" sei als die vergleichbare US-amerikanische VX-Chemiewaffe, sind laut Presseerklärung des Krankenhauses in Salisbury auf dem Weg der Genesung.

Julia Skripal und ihr Vater Sergej sind also während der Osterfeiertage - symbolträchtiger geht es nicht mehr - vom sicheren Tod, für den schon wenige tausendstel Gramm Nowitschok genügt hätten, wieder auferstanden. Ein Wunder? Oder hatten die Briten/Amerikaner längst ein Gegengift entwickelt? Der angeblich so gut wie unbekannte Kampfstoff ist spätestens seit 2007 auch im Westen bekannt, nachdem einer der sowjetischen Mitarbeiter am Nowitschok-Programm, Wil Mirsajanow, ein Buch mit genauen Anleitungen zur dessen Herstellung veröffentlicht hat. Wil Mirsajanow hatte zu der Zeit bereits als ehemaliger sowjetischer Wissenschaftler in den USA Asyl gefunden. Derzeit lebt er in einer mehrere Millionen Dollar teuren Villa in Princeton, New Jersey. 

Landete Mirsajanows Rezept in Clintons Giftküche?

Laut Mirsajanows Buch handelt es sich bei Nowitschok um eine ganze Giftgruppe, die chemisch sehr eng mit Insektenvertilgungsmitteln verwandt ist. Die Zutaten sind daher überall problemlos zu beschaffen, aber wegen seiner extremen Giftigkeit könne der Nowitschok nur in teuren und hochsicheren – staatlichen - Labors, die Erfahrungen mit militärischen Nervengiften haben, hergestellt werden. Logischer Weise wird dadurch die Gefahr von Missbrauch durch nichtstaatliche Terroristen ausgeschlossen.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist ein Hinweis des für gewöhnlich gut informierten Bloggers Bernard auf seiner Moon of Alabama-Webseite, wonach die USA und das Vereinigte Königreich nach der Veröffentlichung von Mirsajanows Buch aktiv die internationale Diskussion über "Nowitschok" in internationalen Foren, die sich mit Chemiewaffen beschäftigen, unterbunden haben. Auf der MofA-Webseite verlinkt Bernard Dokumente des US-Außenministeriums, die ursprünglich von Wikileaks veröffentlicht worden waren und die zeigen, dass die damalige Außenministerin Hillary Clinton persönlich ihre Diplomaten angewiesen hatte, nicht über Nowitschok zu sprechen und die Angelegenheit herunterzuspielen, sobald das Thema Nowitschok in Gesprächen über chemische Waffenkontrolle auftauchen sollte. 

Wie US-Diplomaten später berichteten, war diese US-britische Blockadehaltung erfolgreich. Nowitschok wurde schnell vergessen und nicht einmal in die Liste der Kampfstoffe im Sinne der Chemiewaffenkonvention und deren internationaler Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) aufgenommen. Bis ins Jahr 2016 haben der Wissenschaftliche Beirat der OPCW sowie Wissenschaftler des britischen Chemiewaffenlabors in Porton Down sogar öffentlich angezweifelt, ob "Nowitschoks" überhaupt existieren. Ein britischer Vertreter riet sogar davon ab, die von Mirsajanow beschriebenen chemischen Verbindungen überhaupt als Kampfstoffe zu bezeichnen, die unter die Kontrolle der Chemiewaffenkonvention fallen. Umso überraschender kam jetzt die öffentliche Weigerung des Chefs von Porton Down, den vorgegebenen Regierungsnarrativ, dass es "mit 101-prozentiger Sicherheit die Russen waren", zu unterstützen. Für die Herkunft des Giftes gebe es in den gesicherten Materialien vielmehr "keinen Hinweis", so Porton Down.

Waren das "Nervengift" in Wahrheit verdorbene Meeresfrüchte?

Aber wie soll man das mehr als seltsame Verhalten der Amerikaner und Briten in der Vergangenheit erklären, Nowitschok möglichst unterhalb des Radarschirm der internationalen Chemiewaffenkontrolle zu halten? Geschah das womöglich mit der Absicht, ihren Geheimdiensten ein hoch wirksames Gift in die Hand zu geben, dessen Zusammensetzung auf keinen Listen auftaucht und wodurch man morden kann, ohne Spuren zu hinterlassen. Und wenn doch etwas schiefgehen sollte, kann man immer noch die bösen Russen dafür verantwortlich machen. Da der Einsatz des Kontaktgiftes Nowitschok auch für den Attentäter selbst hochgefährlich ist – schon wenige Milligramm sind tödlich - liegt es nahe, dass die US/UK-Labors auch ein Gegenmittel entwickelt haben.

Im Fall Skripal würde das Folgendes bedeuten: Wenn die beiden Opfer tatsächlich mit Nowitschok in Kontakt kamen, und neusten britischen Angaben zufolge hat man die stärkste Konzentration des Giftes an der Türklinke des Skripal Hauses gefunden, dann müssten die beiden längst tot sein. Vater und Tochter sind jedoch auf dem Weg der Genesung. Das kann zwei Gründe haben. Erstens: Ein Gegenmittel für Nowitschok kam zur Anwendung. Zweitens: Es war gar keine Nowitschok-Vergiftung, sondern ein ebenfalls hochgefährliches Gift, das beispielsweise verdorbene Meeresfrüchte entwickeln. Den Skripals wurde erst nach dem Essen in der Pizzeria schlecht und sie sind dann an die frische Luft gegangen und auf einer Parkbank zusammengebrochen. Wären sie mit dem extrem tödlich wirkenden Nowitschok bereits an der Türklinke in Berührung gekommen, hätten sie es erst gar nicht bis zur Pizzeria geschafft.

So wie viele andere, hier nicht angesprochene Details der offiziell propagierten Nowitschok-Geschichte stimmt auch hier vieles nicht. Es stinkt ganz gewaltig nach Manipulation. Wie der ehemalige Mitarbeiter des britischen Auslandsspionage MI-6, Alastair Crooke, jüngst schrieb:

Die Beweise sind nebensächlich. Hier gab es die Gelegenheit, Trumps 'Illusion' einer möglichen Entspannung mit Russland zu vereiteln.

Dämonisierung als Hauptzweck

Tatsächlich deutet alles darauf hin, dass der einzige Zweck des Nowitschok-Dramas darin besteht, Russland zu dämonisieren und auch noch den Restbestand an guten Beziehungen zu Moskau zu vergiften. Der Narrativ ist alles. Man braucht die Lüge nur oft genug zu wiederholen.

Die dabei eingesetzte Strategie ist nicht neu. Vor über 20 Jahren hatten wir schon einmal einen ähnlichen Fall, in dem nicht der britische Geheimdienst, sondern der deutsche BND die Hauptrolle gespielt hatte, wobei aber - genau wie diesmal - die Fäden in Washington gezogen wurden. Darüber mehr in Teil II.

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.