Meinung

Die echte "Gerassimow-Doktrin": Russland hat das Recht, sich nuklear zu verteidigen

Auf der Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit unterstrich Russlands Armeechef Waleri Gerassimow, dass Moskau sich das Recht vorbehalte, Nuklearwaffen einzusetzen, wenn ein Angreifer solche gegen Russland einsetzt oder die Existenz des russischen Staates bedroht wird.
Die echte "Gerassimow-Doktrin": Russland hat das Recht, sich nuklear zu verteidigen© Mikhail Metzel

von Jonny Tickle

Russland habe das Recht, als Reaktion auf den Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen sich oder seine Verbündeten Nuklearwaffen einzusetzen, selbst dann, wenn Russland lediglich mit konventionellen Waffen angegriffen und dadurch die Existenz des russischen Staates bedroht wird.

Das sagte Waleri Gerassimow, oberster Armeechef der russischen Streitkräfte, auf der Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit. Gerassimow ist seit 2012 auf seinem Posten und wurde 2014 von der EU wegen angeblicher Bedrohung der territorialen Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine auf eine Sanktionsliste gesetzt. Er betonte auch, dass die Bedingungen für den Einsatz nuklearer Waffen sehr begrenzt und streng reglementiert seien.

Gerassimows Rede erfolgte, nachdem Präsident Wladimir Putin ein Dekret unterzeichnet hatte, das Nuklearwaffen als Teil der Abschreckungspolitik Russlands billigt. Im Dekret ist festgehalten, dass Russland sein atomares Potenzial auf einem "ausreichenden Niveau halten sollte, um Abschreckung zu gewährleisten" und damit die "Souveränität und territoriale Integrität des Staates" zu verteidigen. "Russland betrachtet Atomwaffen ausschließlich als Mittel der Abschreckung und deren Einsatz als eine extreme Zwangsmaßnahme", heißt es im Dekret.

In derselben Rede sprach Gerassimow über den neuen START-Vertrag, der die Reduzierung von Atomwaffen regelt und Anfang des Jahres von Putin und seinem US-Amtskollegen Joe Biden verlängert wurde. Laut dem Armeechef ist der neue START-Vertrag das "einzige internationale Abkommen" zur Rüstungskontrolle, das noch existiert. Gerassimow stellte fest, dass seine Verlängerung um fünf Jahre zur strategischen Stabilität beigetragen hat. "Beide Seiten sind an der Vorhersehbarkeit der Entwicklung der nuklearen Streitkräfte der anderen Seite interessiert. Kontrollmaßnahmen gewährleisten diese Vorhersehbarkeit", sagte er.

Der neue START-Vertrag, der ursprünglich 2010 von den Präsidenten Barack Obama und Dmitri Medwedew unterzeichnet wurde, erlegt Russland und den USA hinsichtlich der zulässigen Anzahl von einsatzbereiten Raketen, nuklear bestückten Bombern und die Anzahl Atomsprengköpfen Beschränkungen auf. Er hält auch Beschränkungen für ballistische Interkontinentalraketen und von U-Booten abgeschossene ballistische Raketen fest.

Außerhalb Russlands ist Gerassimow vor allem durch die gleichnamige "Gerassimow-Doktrin" bekannt geworden, die es allerdings nicht gibt. Diese war 2013 kurzerhand von einem britischen "Russland-Experten" erfunden worden, basierend auf einer Fehlübersetzung staatsnaher US-Medien einer Rede Gerassimows. Trotzdem wurde der Begriff "Gerassimow-Doktrin" zum Selbstläufer in den westlichen Mainstream-Medien und zur systemumfassenden hybriden russischen Kriegsführung mit nichtmilitärischen und militärischen Methoden aufgebauscht. Ironischerweise sprach Gerassimow damals in seiner Rede jedoch über die westliche Verwendung solcher Methoden, nicht die russische.

Übersetzt aus dem Englischen.

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