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Mitglied von Killerkommando soll als Chaschukdschi-Double durch Istanbul gelaufen sein

Kein Tag ohne neue Details im Mordfall des saudischen Journalisten Dschamal Chaschukdschi. Ein Mitglied des Killerkommandos soll am Tag der Ermordung als Double durch Istanbul gelaufen sein. Zudem gab es offenbar einen verrätischeren Anruf bei Kronprinz bin Salman.
Mitglied von Killerkommando soll als Chaschukdschi-Double durch Istanbul gelaufen sein© Screenshot/YouTube/CNN

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verkündete am Sonntag, dass am Dienstag die "ganze Wahrheit" zum Tod des saudi-arabischen Regimekritikers Dschamal Chaschukdschi (auch: Jamal Kashoggi) ans Licht kommen werde. Zuvor hatte Saudi-Arabien eine neue Version über den Tod des Journalisten präsentiert. Doch auch ohne neue Informationen aus türkischen Ermittlungskreisen finden jeden Tag neue Enthüllungen den Weg in die Öffentlichkeit.

Die neuesten Details verstärken den Verdacht, dass die Ermordung des Journalisten eine geplante Aktion war. So soll ein Mitglied des 15-köpfigen Killerkommandos am Tag der Ermordung als ein "Chaschukdschi-Double" durch Istanbul gelaufen sein. Der Mann, bei dem es sich um Mustafa al-Madani handeln soll, lief mit falschem Bart, Brille und gekleidet wie Chaschukdschi durch die Metropole am Bosporus. Dies berichtet der US-amerikanische Sender CNN, der Überwachungsmaterial von türkischen Sicherheitsbehörden erhalten haben will. Zudem soll ein ranghoher türkischer Sicherheitsbeamter die Authentizität der Aufnahmen gegenüber CNN bestätigt haben.

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Madani soll das saudische Konsulatsgebäude durch die Hintertür zusammen mit einem mutmaßlichen Komplizen verlassen haben. Zuvor soll er in anderer Aufmachung das Konsulat durch den Haupteingang betreten haben. Wie aus diesen Bildern der Überwachungskamera hervorgehen soll:

Laut dem ranghohen türkischen Sicherheitsbeamten soll Madani allein für den Zweck nach Istanbul gebracht worden sein, um ein "Chaschukdschi-Double" abzugeben. Er ähnele Chaschukdschi in Größe, Alter und Gestalt. Die Ähnlichkeit lässt sich auf weiteren Bildern von Überwachungskameras nach Madanis "Transformation" auch durchaus feststellen:

Die türkischen Ermittlungsbehörden gehen nach wie vor von einem vorsätzlichen Mord aus, so der Sicherheitsbeamte gegenüber CNN. Saudi-Arabien hat die Vorwürfe des US-amerikanischen Senders bis jetzt weder bestätigt, noch dementiert.

Zudem gibt es neue Vorwürfe gegen Mitarbeiter des saudischen Sicherheitsdienstes, die den Druck auf Saudi-Arabien, und vor allem auf den Kronprinzen, erhöhen könnten. Maher Abdulaziz Mutreb, ein weiteres Mitglied des Killerkommandos, soll just nach der Ermordung von Chaschukdschi den Privatsekretär von Kronprinz Muhammed bin Salman angerufen haben. Das berichtet das türkische Zeitung Yeni Safak. Mutreb soll den Privatsekretär, Bader Al Asaker, viermal von seinem Handy aus angerufen haben. Zudem soll er auch Bin Salmans jüngeren Bruder in Washington, Khalid bin Salman, angerufen haben. Khalid bin Salman ist kein geringerer als der saudische Botschafter in den USA. Allerdings nennt Yeni Safak keine Quellen für die Berichterstattung.

Die Bundesregierung schließt unterdessen wegen der Ungereimtheiten um die Ermordung des Journalisten weitere deutsche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien aus. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sagte am Sonntagabend mit Blick auf die Tötung von Chaschukdschi, Rüstungsexporte könnten nicht stattfinden, "in dem Zustand, in dem wir im Augenblick sind". Zu der Gewalttat, die sie in aller Schärfe verurteile, gebe es dringenden weiteren Klärungsbedarf. Längst liege nicht alles dazu auf dem Tisch, längst seien nicht die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen, betonte Merkel.

Ähnlich hatte sich auch Außenminister Heiko Maas (SPD) über neue Rüstungsexporte geäußert. Gemeinsam mit seinen Kollegen aus Frankreich und Großbritannien erklärte Maas zudem: "Die Bedrohung von Journalisten, der Angriff auf sie oder gar ihre Tötung sind ungeachtet der Umstände inakzeptabel und geben unseren drei Staaten Anlass zu größter Besorgnis."

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Trotz seiner Kriegsbeteiligung im Jemen und permanenter Menschenrechtsverletzungen dort war das ölreiche Königreich in diesem Jahr bisher nach Algerien der zweitbeste Kunde der deutschen Rüstungsindustrie. Bis zum 30. September erteilte die Bundesregierung Exportgenehmigungen im Wert von 416,4 Millionen Euro. Erst auf massiven internationalen Druck hin hatte die Staatsführung Saudi-Arabiens die Tötung Chaschukdschi eingeräumt - demnach soll der 59-Jährige bei einer Schlägerei umgekommen sein.

Überraschend kondolierten der saudische König und sein Thronfolger der Familie Chaschukdschi in der Nacht zum Montag. Sowohl König Salman als auch Kronprinz Mohammed bin Salman drückten in separaten Telefonaten ihr Beileid aus, berichtete die staatliche Agentur Spa. Chaschukdschis Sohn Saleh habe sich für die Anteilnahme bedankt, hieß es. Die Führung Saudi-Arabiens weiß nach den Worten ihres Außenministers Adel al-Dschubair derzeit nichts über den Verbleib der Leiche.

Auch sei aktuell unklar, wie genau er getötet wurde, sagte er dem US-Sender Fox News. Das Sicherheitsteam vor Ort habe offensichtlich kriminell gehandelt, einen "riesigen Fehler" gemacht und versucht, die Tötung auch noch zu vertuschen. Der Minister versicherte, seine Regierung sei entschlossen, "jeden Stein umzudrehen", alle Fakten aufzuklären und die Verantwortlichen für diese "Verirrung" zu bestrafen. Es bleibt abzuwarten, ob der internationale Druck auf Saudi-Arabien steigt und inwieweit die Saudis ihre Ankündigungen in die Tat umsetzen.

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