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"Journalisten des Jahres" - Wie die Mainstream-Presse sich selbst ehrt

Die Preisträger stammen in diesem Jahr von "Welt", "Bild", "Süddeutsche Zeitung" und (gleich mehrfach) vom "Spiegel": Wenn das "Medium Magazin" regelmäßig den "Journalisten des Jahres" bestimmt, können sich Vertreter alternativer Medien keine Chancen ausrechnen.
 "Journalisten des Jahres" - Wie die Mainstream-Presse sich selbst ehrtQuelle: AFP

Autoren alternativer Medien können sich das Lampenfieber sparen, wenn das Branchenblatt Medium Magazin an diesem Montagabend die "Journalisten des Jahres" bestimmt. Die Ausgezeichneten der letzten Jahre etwa entstammen konsequent dem Kreis der Mainstream-Journalisten von großen deutschen Medien. Hauptpreisträger in diesem Jahr ist der Spiegel-Redakteur Markus Feldenkirchen.

Die eigene Befangenheit in journalistischen und ideologischen Fragen bewies die Jury des Medium Magazins bereits, indem sie Barbara Hans bei Spiegel Online bescheinigte, die beste Chefredaktion zu führen. Hans steuere Spiegel Online seit Dezember 2016 "mit klarem publizistischem Kompass durch schwieriges Fahrwasser", mit der "angemessenen Mischung aus Tiefgang und Verknappung, Offenheit und Transparenz". Solche Sätze über ein Medium zu sagen, das spätestens mit der Ukraine-Krise seinen "publizistischen Kompass" vollends verloren zu haben scheint, ist fast schon wieder mutig.  

Auch der Welt wird auf die Schulter geklopft, hat die Zeitung aus dem Springer-Verlag doch mit Robin Alexander laut Medium Magazin den „Besten Politik-Redakteur“. Bei der Beschreibung von Alexanders Selbstdarsteller-Qualitäten legt das Branchenblatt noch die letzte Distanz ab: "Lustig, klug und erstaunlich ideologiefrei", sei er, der Robin. "Ein engagierter und reflektierender Hauptstadtjournalist, den die Welt da hat", lobhudelt es weiter in der Jury-Begründung. Kayhan Özgenc, "Investigativchef" von Bild am Sonntag, macht demnach übrigens die besten Wirtschaftsreportagen.

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Diese Entscheidungen sind aber immer noch nachvollziehbarer als die Auszeichnung für das "Team Paradise Papers" der hochtrabend "Rechercheverbund" genannten Kooperation von SZ/WDR/NDR. Diese haben die "Paradise Papers" zu Steueroasen "untersucht" und es fertiggebracht, daraus eine Propaganda-Attacke gegen Wladimir Putin zu stricken, obwohl dessen Name in den Papieren kein einziges Mal auftaucht. Gleichzeitig haben sie ihre Quellen nicht zugänglich gemacht und sich so in altmodischer und potenziell manipulativer Weise zu den Torwächtern und Verwaltern der Daten aufgespielt. Medium Magazin sagt zu dieser rückwärtsgewandten Praxis dennoch:

Aufklärung wie diese ist die Basis von Journalismus. Ihr gehört die Zukunft.

Die Jury besteht lautMedium Magazin aus rund 100 Personen, darunter Leiter journalistischer Ausbildungsstätten, professionelle Medienbeobachter und Journalisten, die "ausgewiesen für ein hohes journalistisches Qualitätsniveau" stehen würden.

Der Sonderpreis ehrt in diesem Jahr keinen Artikel, sondern ein persönliches Schicksal: Deniz Yücel von der Welt aus dem Springer-Verlag wird mit seinem Team von Unterstützern ausgezeichnet. Yücel wurde gerade aus der türkischen Haft entlassen, wo er unter dem Vorwurf der "Terrorpropaganda" eingesperrt war. 

Den Hauptpreis als "Journalist des Jahres 2017" erhält aber der Spiegel-Redakteur Markus Feldenkirchen, der kurz nach der Bundestagswahl mit einem bemerkenswerten Porträt des SPD-Kandidaten Martin Schulz großes Aufsehen erregte. Dieser Text, eine intime und gnadenlose Reportage über Schulz' desaströsen Wahlkampf, ist tatsächlich außergewöhnlich und sticht aus den anderen hier thematisierten Bereichen positiv hervor.

Wobei die Leistung (oder der verheerende Irrtum) eher auf Seiten von Schulz liegt: Der Text konnte nur darum so sensationell werden, weil Schulz sensationell unvorsichtig war und auf jede Kontrolle oder Autorisierung des Textes verzichtet hatte. Was dem Leser einen in diesem Fall tatsächlich authentischen Einblick verschaffte, bedeutet in Zeiten der Medien-Demokratie immer auch die Möglichkeit des sozialen Suizids. Die Wirkung war für Schulz so vernichtend, dass das Branchenblatt Meedia mutmaßte, dies sei wohl die letzte Reportage dieser Art. Schade - dann muss das Medium Magazin nächstes Jahr wieder auf die üblichen Verdächtigen zurückgreifen.

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