Nahost

Nach spektakulärem Ausbruch: Gefängnisrevolten in ganz Israel

Sechs militante Palästinenser brachen aus dem sichersten Gefängnis Israels aus. Nun drohen Gefängnisrevolten in ganz Israel. Die Lage in der Stadt Dschenin ist extrem angespannt. Dort versuchen die israelischen Streitkräfte auf der Suche nach den sechs Ausbrechern in das palästinensische Flüchtlingslager einzudringen.
Nach spektakulärem Ausbruch: Gefängnisrevolten in ganz IsraelQuelle: AFP © Jaafar Ashtiyeh

Sechs militante Palästinenser brachen in der Nacht zum Montag mithilfe eines rostigen Löffels aus dem Gilboa-Gefängnis in Nordisrael aus, das als das sicherste des Landes gilt. Seit Montag läuft in Israel eine umfangreiche Fahndung. Von den Entkommenen fehlt bislang noch jede Spur. Neben Polizisten sind auch Soldaten und Kräfte des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet an der Fahndung beteiligt.

Israelischen Medien zufolge haben palästinensische Häftlinge in Gefängnissen in ganz Israel randaliert, als die Spannungen nach der Flucht der sechs Gefangenen eskalierten. Dabei kam es zu Ausschreitungen und Bränden. Die randalierenden Gefangenen zündeten am Mittwoch Zellen in den israelischen Haftanstalten Ktzi'ot, Ramon und Ofer an, nachdem die Kommissarin des Gefängnisdienstes IPS Katy Perry neue Beschränkungsmaßnahmen für Insassen erlassen hat. Außerdem wurden über 400 Gefangene in andere Gefängnisse verlegt, um sicherzustellen, dass jeweils nur ein Gefangener vom Islamischen Dschihad in Palästina pro Zelle festgehalten wird.

Ktzi'ot ist die flächenmäßig größte Haftanstalt Israels. Während der ersten Intifada war Ktzi'ot der Standort des größten Internierungslagers der israelischen Armee. Dort waren drei Viertel aller Palästinenser untergebracht, die von der Armee festgehalten wurden, und über die Hälfte aller in Israel inhaftierten Palästinenser.

Der IPS erklärte nach dem spektakulären Gefängnisausbruch, dass die im Gilboa-Gefängnis verbliebenen Gefangenen aus Sicherheitsgründen zur Untersuchung möglicher anderer Tunnel erst mal in andere Gefängnisse verlegt worden sind. Am Mittwoch zog der IPS die Verlegung von etwa 150 Gefangenen vom Islamischen Dschihad aus dem Ofer-Gefängnis im Westjordanland zurück, nachdem Gefangene mit einem Aufruhr gedroht hatten.

Mitglieder des Islamischen Dschihad erklärten inzwischen, sie würden gegen israelische Streitkräfte vorgehen, wenn diese das palästinensische Flüchtlingslager in Dschenin im Norden des besetzten Westjordanlands auf der Suche nach sechs palästinensischen Gefangenen beträten. Die Lage in der Gegend von Dschenin ist laut Al Jazeera äußerst angespannt – aus dieser Stadt kommen die sechs Entflohenen. Unter den Ausbrechern befindet sich auch der frühere Anführer der militanten al-Aqsa-Brigaden der Fatah, Sakaria Subeidi. Er soll eine Schlüsselrolle in der zweiten Intifada gespielt haben. In den letzten Monaten ist Dschenin zu einem Brennpunkt des palästinensischen Widerstands gegen israelische Sicherheitskräfte geworden, nachdem israelische Truppen dort einmarschiert waren, um Festnahmen durchzuführen. Die Unterstützung für den Islamischen Dschihad ist dort groß, und die Palästinensische Autonomiebehörde übt wenig Kontrolle aus.

Dschamal Subeidi, der Onkel eines der geflohenen Gefangenen, sagte, die Familie erwarte jederzeit, dass israelische Soldaten in das palästinensische Flüchtlingslager einfallen. "Wir wissen nicht, wann sie kommen, aber wir erwarten sie jederzeit und sind vorbereitet", sagte Subeidi Al Jazeera. "Unsere Familie leidet seit vielen Jahren unter der israelischen Besatzung."

Trotz der angespannten Atmosphäre im Flüchtlingslager in Dschenin bejubelten viele Palästinenser die Flucht der sechs Gefangenen und zeigten sich bereit, sich den israelischen Streitkräften zu stellen, wenn diese in das Lager eindringen. "Die Jungs haben keine Angst. Sie kämpfen für ihre Rechte", sagte Noor Saadi, der zuvor zwei Jahre in einem israelischen Gefängnis verbracht hatte, zu Al Jazeera. In Gaza und dem Westjordanland feierten Palästinenser mittlerweile den Ausbruch der sechs Gefangenen aus dem sichersten Gefängnis Israels.

Seit Montag ist ein Überfall auf palästinensische Dörfer zur Fahndung nach den Entkommenen in vollem Gange. Drei Palästinenser aus dem Dorf Nura im Norden Israels wurden am Dienstag wegen des Verdachts festgenommen, den Häftlingen bei der Flucht geholfen zu haben. Nach Angaben Israels wurde einer der Flüchtigen von Überwachungskameras in der Moschee des Dorfs erfasst. Al Jazeera war am Dienstagabend Zeuge geworden, wie israelische Truppen in das Dorf Arrabunah südwestlich in Dschenin einmarschiert waren, in dem Soldaten Aufnahmen von Überwachungskameras beschlagnahmt hatten, bevor Gruppen junger Palästinenser Steine ​​auf sie warfen.

Lokalen Medien zufolge eröffneten bewaffnete Palästinenser im Dorf Beir al-Bascha in der Nähe von Dschenin das Feuer auf die israelische Armee. Im Dorf Issawijeh bei Ostjerusalem kam es zudem zu Ausschreitungen zwischen der israelischen Armee und Palästinensern.

Der IPS veröffentlichte bereits die Namen sowie die Familienangehörigkeit der entflohenen Gefangenen. Das Gilboa-Gefängnis wurde 2004 nordwestlich von Beit Sche'an in der Nähe des Sees Genezareth eröffnet. Es galt als "absolut ausbruchsicher". Das Gefängnis soll komplett aus gegossenem Stahlbeton errichtet worden sein. Es bleibt weiterhin unklar, wie die Gefangenen offenbar wochenlang ihre Flucht vorbereiten konnten. Nun besteht die Sorge, dass eine Eskalation in Dschenin auch auf andere Gegenden des Westjordanlands übergreifen könnte. Der Vorfall könnte allerdings eine neue Runde des Konflikts zwischen Israel und Palästina entfachen.  

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