Wirtschaft

Interview zu RUSummit 2018: Was Deutschland von Russland in Sachen Digitalisierung lernen kann

Am 21. September findet in Berlin die Fachkonferenz RUSummit 2018 mit Fokus auf die Digitalwirtschaft statt. RT nahm dies zum Anlass, um mit dem Chefredakteur des Nachrichtenportals Ostexperte.de, Thorsten Gutmann, über den Stand der Digitalisierung in Russland zu sprechen.
Interview zu RUSummit 2018: Was Deutschland von Russland in Sachen Digitalisierung lernen kann

Sie organisieren am 21. September die RUSummit in Berlin. Was hat es mit der Fachkonferenz auf sich?

Die RUSummit ist eine Konferenz zur Digitalwirtschaft in Russland. Sie findet am 21. September in Berlin statt. Ziel der Veranstaltung ist die Verbesserung der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen. Insgesamt erwarten wir 200 Gäste und 40 Speaker von Unternehmen wie OTTO, Deutsche Bahn, Yandex, Mail.Ru Group und viele mehr. Das große Interesse an der Veranstaltung bewerten wir als positives Signal. Viele deutsche Firmen wollen trotz der politischen Herausforderungen mit Russland kooperieren. Die Digitalisierung ist ein wichtiges Zukunftsthema für beide Länder.

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Welchen Stellenwert hat die Digitalisierung in Russland?

Die russische Regierung nimmt das Thema Digitalisierung sehr ernst. Präsident Wladimir Putin hatte bereits im vergangenen Jahr das Programm „Digitale Wirtschaft“ vorgestellt. In der Zukunft soll Russland zu einer der führenden High-Tech-Nationen heranwachsen. Im Fokus liegen Bereiche wie Big Data, Robotertechnik, Quantentechnologie, Informationssicherheit, Medizin, E-Government, Software und Smart City. Bis 2024 sollen alle Haushalte mit einem Breitbandzugang und alle Millionenstädte mit dem 5G-Mobilfunkstandard ausgestattet sein. Außerdem gibt es drei wichtige Innovations- und Forschungszentren in Moskau, Kasan und Nowosibirsk, in denen auch zahlreiche Start-up-Unternehmen angesiedelt sind. Auch deutsche Unternehmen sind als Partner gern gesehen, es gibt sogar eine Deutsch-Russische Initiative für Digitalisierung.

Gibt es Bereiche, in denen Russland im digitalen Bereich besser entwickelt ist als Deutschland?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Allerdings gibt es einige Entwicklungen, die in Russland im Vergleich zu Deutschland besonders auffällig sind. Kontaktloses Bezahlen, zum Beispiel per Smartphone oder Armbanduhr, ist vor allem in großen Städten weit verbreitet. Mobiles Internet ist schneller und günstiger als in Deutschland, zudem gibt es kostenlose WLAN-Hotspots in Bussen, in der U-Bahn und an öffentlichen Plätzen.

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Auch im Bereich Gesundheit gibt es viele Innovationen. Russen können einen Arzt bequem per App bestellen oder sogar online konsultieren. Ein weiterer Punkt ist autonomes Fahren. Das russische Unternehmen Yandex betreibt seit Kurzem in der Stadt Kasan testweise ein selbstfahrendes Taxi.

Welche russischen Unternehmen haben Ihrer Einschätzung nach ein besonders hohes Potential?

Zu den bekanntesten Internet-Unternehmen zählt Yandex, das „russische Google“. Yandex ist aber nicht nur eine Suchmaschine, sondern Anbieter von diversen Dienstleistungen wie Carsharing, Taxis und Navigationsapps. Das soziale Netzwerk VKontakte, das zur Mail.Ru Group gehört, gilt als russische Alternative zu Facebook. Ebenfalls wichtig sind das Anzeigenportal Avito und die E-Commerce-Plattformen Wildberries, Ozon und Lamoda.

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Nicht zu vergessen ist das weltberühmte Cybersecurity-Unternehmen Kaspersky Lab. Das ist aber nur eine kleine Auswahl an sogenannten „Runet“-Unternehmen. Es gibt immer mehr aufstrebende Start-up-Firmen und staatlich geförderte Technologiezentren.

Sie kennen sowohl Berlin wie Moskau. Bei einem direkten Vergleich: Welche der beiden Hauptstädte erleben Sie als „smarter“ und „digitaler“?

Moskau ist eine moderne Metropole mit High-Speed-Internet, zahlreichen Transport-Apps und virtuellen Behördengängen. In einem aktuellen PwC-Ranking zu „Smart City“ liegt die russische Hauptstadt sogar vor New York. Laut der Beratungsgesellschaft McKinsey verfügt Moskau über eines der effizientesten Transportsysteme der Welt. Die U-Bahn fährt im Minutentakt, auch der Straßenverkehr wird durch intelligente Ampelanlagen optimiert.

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Die Stadt bietet über 220 Online-Dienstleistungen an, unter anderem das Bezahlen von kommunalen Dienstleistungen. Carsharing-Anbieter wie BelkaCar bieten eine attraktive Alternative zum eigenen Auto, inzwischen gibt es auch Anbieter für Elektroroller. Auch im Gesundheitsbereich und in der Bildung gibt es innovative Entwicklungen.

Vor einigen Wochen war ich beim "Moscow Urban Forum" und habe dort mit einem IT-Verantwortlichen in der Moskauer Regierung gesprochen. Zukunftsthemen wie Blockchain, Künstliche Intelligenz und Big Data werden sehr ernst genommen. Berlin kann von Moskau sehr viel lernen. Deutschland hat hier allgemein großen Nachholbedarf.

Thorsten Gutmann lebt in Moskau und arbeitet als Chefredakteur des Nachrichtenportals Ostexperte.de., welches deutschsprachige Geschäftsleute über die Wirtschaft in Russland, China, Zentralasien und Osteuropa informiert. 

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