Wirtschaft

Die Zeiten der westlichen Wirtschaftsprosperität sind vorbei und kommen so schnell nicht wieder

Nachdem die USA einst ein auf ein kapitalistisches System boomenden Wachstums gebaut haben, drosseln sie dieses jetzt mit ihrer Politik und mit ihren schlechten Entscheidungen. Alles deutet darauf hin, dass die USA in der Vergangenheit leben und sich der Leugnung von Fakten hingeben.
Die Zeiten der westlichen Wirtschaftsprosperität sind vorbei und kommen so schnell nicht wiederQuelle: Gettyimages.ru © Spencer Platt

Ein Kommentar von Timur Fomenko

Vergangene Woche entschied die US-Notenbank (FED), die Zinssätze trotz des Zusammenbruchs mehrerer US-Banken, darunter der Silicon Valley Bank (SVB), sowie weiterer Probleme im Ausland, erneut um 0,25 Prozent auf bis zu 5 Prozent zu erhöhen.

Es wird erwartet, dass dieser atemberaubende Zinsanstieg negative Auswirkungen auf das US-Wirtschaftswachstum haben wird, die Banken noch mehr unter Druck geraten, was im weiteren Sinne globale Auswirkungen nach sich ziehen wird. Das Ziel der Zinserhöhung ist, die wachsende Inflation zu bändigen, die derzeit die westlichen Länder heimsucht und das Wirtschaftswachstum gebremst hat. Noch mehr finanzielle Turbulenzen könnten folgen, nachdem die Fed mit einem weiteren Anstieg im Laufe des Jahres rechnet.

Diese Entscheidung ist ein Zeichen der Zeit, in der wir leben. In der westlichen Welt sind die "wirtschaftlich guten Zeiten" vorbei, und das schon seit einigen Jahren. Eine Reihe aufeinanderfolgender Krisen, die wohl im Jahr 2008 begannen, haben die Struktur der westlichen Volkswirtschaften schwer beschädigt. Sie konnten sich nie wirklich erholen, während immens unpopuläre Sparrunden verkündet wurden, was die Vermögensungleichheit vergrößerte und den Konsum reduzierte. Wenn die globale Finanzkrise von 2008 ein Wendepunkt war, dann war die COVID-19-Pandemie ein weiterer. Die Jahre des Aufschwungs sind vorbei und angesichts des neuen geopolitischen Umfelds, das durch die USA herbeigeführt wurde, ist es fraglich, ob bald eine Ära der Stabilität, des Wohlstands und der Sicherheit zurückkehren wird.

Die gegenwärtige Weltwirtschaft baut auf einem neoliberalen kapitalistischen System auf, das von den USA und dem Dollar dominiert wird. Dieses System, das auf der Wirtschaftspolitik von Ronald Reagan und Margaret Thatcher aufbaute, festigte seine gegenwärtige Form von den 1960er bis in die 1980er Jahre. Man könnte es als ein finanzzentriertes Modell offener Märkte verstehen, das sich Regulierungen widersetzte und die Globalisierung förderte. Man glaubte, dass der ideologische Wandel durch den Export des Kapitalismus konsolidiert werden könne, der als "Verkündigung des Evangeliums" an die sich öffnende kommunistische Welt angesehen wurde und Teil des Prozesses der Integration des postsowjetischen Russlands und von China in das "Wertesystem des Westens sei.

Dieses Wirtschaftsmodell verursachte in den westlichen Ländern große wirtschaftliche und soziale Umwälzungen, entzog der Industrie die Grundlagen und schuf "abgehängte Regionen". Die relative politische Stabilität dieses unipolaren Systems leitete jedoch auch eine Zeit ungehinderten Wirtschaftswachstums ein, die, abgesehen von einer milden Rezession in den 1990er Jahren, eine Ära des Wohlstands war. Das galt so lange, bis im Jahr 2008 alles zusammenbrach. Die globale Finanzkrise war ein systemischer politischer und wirtschaftlicher Wendepunkt für die neoliberale Ordnung. Das Ergebnis dieser Rezession und die darauffolgende Schulden- und Sparkrise führten dazu, dass sich einige Länder nie wirklich erholen konnten – so wie Italien und Griechenland.

Die Auswirkungen der Rezession von 2008 lösten politische Schockwellen in Form von Bewegungen aus, die erstmals damit begannen, sich gegen die Aspekte der Globalisierung zu stellen oder negativ darauf zu reagieren. Dazu gehörten vor allem der Brexit im Vereinigten Königreich und der Aufstieg von Donald Trump in den Vereinigten Staaten. Diese politischen Entwicklungen spielten mit der Realität, dass die Globalisierung in ihrer jetzigen Form hauptsächlich "Nettoverlierer" vorzuweisen hatte, und reagierten auf die weltweiten sozioökonomischen und geopolitischen Veränderungen, mit denen bestehende Identitäten und das Gefühl der Sicherheit untergraben wurden, wie der Aufstieg Chinas und die schwindende Macht der Vereinigten Staaten.

Wenn wir uns im Schnellvorlauf ins Jetzt bewegen, dann liegt diese "neoliberale Wirtschaftsordnung" wohl auf dem Sterbebett. Die Jahre des westlichen Aufschwungs, der in den 1990er und frühen 2000er Jahren genossen werden konnte, kehrten nie zurück, und wenn die vergangenen Jahre ein Indiz dafür sind, werden sie so schnell nicht wiederkehren. Das geopolitische Klima ist derzeit in einem Zustand, bei dem die Globalisierung bewusst zurückgefahren wird.

Das Wirtschaftssystem, das die USA einst aufgebaut und als erstrebenswert angepriesen haben, um den kommunistischen Ländern die Leuchtkraft des Kapitalismus vorzuführen, wird nun demontiert, weil es "gegnerische" Staaten nicht nur nicht bekehren konnte, sondern sie im Gegenteil mächtiger werden ließ. Die USA stellen sich jetzt gegen den Freihandel, gegen wirtschaftliche Integration zwischen ihren Verbündeten einerseits und sowohl China als auch Russland andererseits und haben keine Bedenken, die Wurzeln der Globalisierung auszurotten. Das Resultat ist weniger Freihandel, mehr Zölle, mehr Sanktionen, mehr Exportkontrollen, mehr Zwang für Verbündete, den Wünschen der USA nachzukommen, und unangemessene Investitionen zu tätigen, die von Geopolitik und nicht von Marktbedürfnissen angetrieben werden.

Aufeinanderfolgende US-Präsidenten haben behauptet, dass sie damit die "guten alten Zeiten" zurückbringen und "Amerika wieder groß machen" werden, aber das reale Bild sieht düster aus. Die Wirtschaftspolitik der Administration Biden ist gerade deshalb eine Katastrophe, weil sie eine Mischung aus geopolitischem Durchsetzungsvermögen, grobem Protektionismus und katastrophaler Fiskalpolitik vertritt. Washingtons Entscheidung, Milliarden an Wirtschaftshilfe einzuschießen, um die US-Wirtschaft zu stützen, einen Krieg in Europa zu verlängern, der zu einer anhaltenden Inflationskrise führt, auf einen zunehmenden Wirtschaftskrieg mit China zu bestehen und dann gezwungen zu sein, die Zinsen wiederholt zu erhöhen, obwohl die Banken pleitegehen, ist ein tödlicher Cocktail. Die USA haben ihre Optionen drastisch eingeschränkt und dabei ständig vorgegeben, dass sie mit den Folgen daraus fertig werden können.

Damit sind die guten alten Zeiten westlicher Prosperität vorbei. Die neoliberale Wirtschaftsordnung von Ronald Reagan war einst das Fundament des globalen Wachstums, so ungerecht und ungleich sie auch war. Aber man kann fairerweise sagen, dass seit dem Jahr 2023 die geopolitischen Bedingungen, die dieses System ermöglicht haben, nicht mehr existieren. Die Welt hat sich verändert, und es ist kein Geheimnis, warum dies geschehen musste. Die USA waren nicht wirklich in der Lage, den Aufstieg Chinas aufzuhalten – obwohl sie ihr Bestes versuchten, ihn zu bremsen – oder der russischen Wirtschaft, die Washington vorzeitig als gescheitert erklärt hatte, den Todesstoß zu versetzen. All dies deutet darauf hin, dass die US-Führung in der Vergangenheit und in einer Selbstverleugnung lebt und eine Politik betreibt, die sie auf ihre Wunschvorstellungen, wie die Welt "sein sollte" stützt, anstatt sie so anzunehmen, wie sie wirklich ist. Es sind stets die einfachen Menschen, die für die Zeche aufkommen müssen.

Aus dem Englischen

Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.

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