Russland

Höhepunkte aus Wladimir Putins großer Jahres-Pressekonferenz

Am Donnerstag hat Wladimir Putin im Moskauer Welthandelszentrum seine 15. Große Pressekonferenz gegeben. Diesmal wollte eine Rekordzahl an heimischen und ausländischen Journalisten den russischen Präsidenten zu aktuellen Themen der Innen- und Außenpolitik befragen.
Höhepunkte aus Wladimir Putins großer Jahres-PressekonferenzQuelle: Sputnik © Евгений Биятов

Am 19. Dezember hat der russische Präsident Wladimir Putin in Moskau mit seiner traditionellen großen Pressekonferenz eine Bilanz des ausklingenden Jahres gezogen. Die Presserunde, für die sich sage und schreibe 1.895 russische und ausländische Journalisten akkreditieren ließen, wurde ins Deutsche, Englische und Französische simultan übersetzt. Dem Themenkreis wurden keine Grenzen gesetzt, den Vorrang hatten jedoch regionale russische Medien.

Putin äußert sich zum Klimawandel

Die erste Frage war dem globalen Klimawandel gewidmet. Wladimir Putin wurde gebeten, mögliche Schäden durch Wetteranomalien für Russland einzuschätzen. Der Präsident führte eine Statistik an, wonach der Temperaturanstieg im Land zweieinhalb Mal so groß wie durchschnittlich auf dem Planeten sei. Die Folgen wären sehr ernsthaft, falls die Permafrostböden allmählich schmelzen würden.  

Niemand weiß in der Tat die Ursachen des Klimawandels. In der Geschichte unserer Erde hat es Perioden der Erwärmung und der Abkühlung gegeben. Das kann mit globalen Prozessen im Weltall zusammenhängen", so Wladimir Putin.

Der Präsident wies nichtsdestoweniger darauf hin, dass Russland das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet habe und führte gleichzeitig eine UN-Statistik an, wonach Russland nur den vierten Rang der emissionsstärksten Länder belege – nach den USA, China und der EU.

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Anschließend kommentierte der Staatschef das Problem der Müllentsorgung, das derzeit in Russland sehr aktuell ist und viel diskutiert wird. Wladimir Putin rief zu einem engeren Dialog zwischen Müllentsorgern, Behörden und Mitbürgern auf. Man solle Recycling-Werke bauen und die Anwohner über mögliche Risiken und Schäden in Kenntnis setzen, so Putin.

Wir produzieren 70 Millionen Tonnen Haushaltsmüll jährlich. Das ist eine riesige Menge. Eine Recycling-Branche hat es in der UdSSR und im modernen Russland nie gegeben. Wir stampfen sie aus dem Boden", so der Präsident.

Putin zu den Dopingvorwürfen der WADA

Eine Sport-Journalistin fragte Wladimir Putin nach dem jüngsten Beschluss der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), Russland für vier Jahre weitestgehend aus dem Weltsport auszuschließen. Der Präsident nannte diese Entscheidung unfair und meinte, dass sie dem gesunden Menschenverstand widerspreche:

Jede Strafe muss individuell sein. Wenn jemand einer Sache überführt worden ist, dann ist es absolut natürlich und gerecht. Aber die überwiegende Mehrheit unserer Sportler ist sauber. Wie kann man sie wegen Handlungen anderer mit Sanktionen belegen?

Wladimir Putin erwähnte diesbezüglich russische Eiskunstläuferinnen, die beinahe als einzige in der Welt Vierfachsprünge ausführen könnten, und meinte, dass man sie somit als Konkurrenz aus dem Weg räumen wolle. Russische Sportler würden übrigens zum zweiten Mal für ein und dieselbe Episode bestraft.

Minsker Abkommen einziger Weg zum Frieden - Putin zur Ukraine-Krise

Ein wichtiges Thema der Pressekonferenz war die Ukraine-Krise. Wladimir Putin betonte wiederholt, dass der Konflikt im Osten des Landes nicht mit Gewalt gelöst werden könne. Er rief die ukrainischen Behörden erneut zu einem direkten Dialog mit den Einheimischen auf, zumal die Regierung in Kiew den Donbass selbst vom Rest des Landes mit einer Blockade abgeschnitten habe. Die Minsker Abkommen seien der einzige Weg, dem bewaffneten Konflikt ein Ende zu setzen.         

Falls eine Revision der Minsker Abkommen beginnt, kann die Situation in eine Sackgasse geraten. Der Schlüsselpunkt dieser Vereinbarungen ist das Gesetz über einen Sonderstatus des Donbass.

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Verhältnis zu den USA und Trumps Impeachment

Ins Gespräch kam weiter das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump. Der russische Staatschef zeigte sich sicher, dass es sich dabei um einen innenpolitischen Kampf zwischen Republikanern und Demokraten handele:   

Die Demokratische Partei, die die Wahlen verloren hat, will nun ihre Ziele mit anderen Mitteln erreichen, indem sie Trump eine vermeintliche Abmachung mit Russland zur Last legt. Dann stellt es sich heraus, dass es keine Abmachung gegeben hat und sie daher nicht dem Amtsenthebungsverfahren zugrunde gelegt werden kann. Nun hat man eine angebliche Druckausübung auf die Ukraine erfunden.

Dabei betonte Wladimir Putin wiederholt, dass Russland an einer Verbesserung der Beziehungen zu den USA interessiert sei. Unter anderem trifft das auf die Verlängerung des START III-Vertrages zu. Ohne diesen Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen gäbe es nichts mehr, was ein Wettrüsten aufhalten könne. Bislang seien die USA auf diesbezügliche Vorschläge Russlands nicht eingegangen.

Putin zum Verhältnis zu China 

Der russische Präsident beantwortete auch eine Frage nach der Partnerschaft zwischen Moskau und Peking und dem Protektionismus in der Weltwirtschaft. Nach Meinung von Wladimir Putin sei die russisch-chinesische Partnerschaft ein wichtiger Faktor der internationalen Stabilität. 

Das Wichtigste, was Russland und China in den vergangenen Jahren in ihren Beziehungen erzielt haben, sind nicht die Zahlen und nicht die Branchen, in denen wir miteinander zusammenarbeiten. Das Wichtigste ist das beispiellose Niveau des Vertrauens, das zwischen unseren Ländern entstanden ist", so der russische Staatschef.

Putin spricht sich gegen Gleichsetzung der Sowjetunion mit Dritten Reich aus

Anschließend verurteilte Wladimir Putin den Beschluss des Europaparlaments, Nazismus und Kommunismus gleichzusetzen. Obwohl der Totalitarismus verurteilt gehöre, könne man die UdSSR und das Dritte Reich nicht gleichstellen:  

Die UdSSR und das faschistische Deutschland mit dem gleichen Maß zu messen, ist der Inbegriff von Zynismus. Das bedeutet, dass die Leute die Geschichte nicht kennen, dass sie weder lesen noch schreiben können. Sie sollen Dokumente aus jener Zeit lesen und erkennen, wie im Jahr 1938 die Münchner Abmachung, wie wir es nennen, unterzeichnet wurde, als die Führer Großbritanniens und Frankreichs mit Hitler das entsprechende Abkommen über die Aufteilung der Tschechoslowakei unterzeichnet haben.

Stalin habe sich mit den Kontakten zu Hitler nicht befleckt. Obwohl die UdSSR mit dem Dritten Reich einen Nichtangriffspakt geschlossen habe, sei die Sowjetunion der letzte Staat gewesen, der begonnen habe, mit den Nazis zu verhandeln, sagte Wladimir Putin und versprach, einen Artikel über die Ereignisse vor dem Zweiten Weltkrieg zu schreiben.

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Putin zum "Tiergarten-Mord" in Berlin 

Der russische Präsident wurde auch nach dem sogenannten Tiergarten-Mord befragt, in dessen Verlauf Selimchan Changoschwili am 23. August in Berlin erschossen worden war. Dabei gab Wladimir Putin zu, dass Russland kein offizielles Gesuch für die Auslieferung des 40-jährigen Tschetschenen mit georgischer Staatsangehörigkeit an Deutschland gerichtet hatte. Die Kommunikation darüber habe jedoch auf geheimdienstlicher Ebene stattgefunden. Der russische Präsident wies jede Verwicklung seines Landes in den Mord entschieden zurück, erinnerte aber gleichzeitig daran, dass der Erschossene ein Terrorist war.     

Er war ein blutiger Mörder. Bei nur einer seiner Aktionen im Kaukasus hat er 98 Menschen getötet. Er war an der Vorbereitung der Explosionen in der Moskauer U-Bahn beteiligt.

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Neue Technologien und Künstliche Intelligenz

Auf der Pressekonferenz kam ferner das Thema Künstliche Intelligenz (KI) und die Rolle Russlands bei der Entwicklung und dem Einsatz neuer Technologien zur Sprache. Der russische Präsident antwortete, dass es inzwischen unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf die KI gebe. In einigen Bereichen, wie zum Beispiel im Bankenwesen und beim Bau unbemannter Fahrzeuge, sei Russland ziemlich fortgeschritten. Das Land habe einen gewissen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz, nicht zuletzt dank seiner entwickelten Mathematik-Schule. Als Beispiel führte er unbemannte Autos aus der Produktion des IT-Riesen Yandex und des LKW-Herstellers KAMAZ an.

Friedensvertrag zwischen Japan und Russland

Ein japanischer Journalist fragte Wladimir Putin nach dem bislang fehlenden Friedensvertrag zwischen Russland und Japan und dem nuklearen Gleichgewicht in der Welt. Der russische Präsident zeigte sich besorgt über eine mögliche Stationierung von US-Waffen auf den Kurilen, die Japan für sich beansprucht, falls die Inseln an Tokio übergeben werden sollten:   

Wo sind die Garantien, dass morgen keine neuen US-Angriffswaffen auf diesen Inseln auftauchen werden? Wo sind diese Garantien?"

Nichtsdestoweniger suche man weiter nach einem Ausweg aus der Situation. Die Regierungen in Moskau und Tokio hätten gute und vertrauensvolle Beziehungen, so Wladimir Putin.

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Beziehungen zu Großbritannien und Einmischungsvorwürfe

Russlands Präsident kommentierte auch die Beziehungen zu Großbritannien und unangenehme Aussagen von Premierminister Boris Johnson an seine Adresse. Wladimir Putin wies alle Vorwürfe wegen einer angeblichen Einmischung in die Angelegenheiten von Großbritannien zurück:

Russland behält sich das Recht vor, sich über das Geschehen in anderen Staaten zu äußern, wie es andere Länder auch tun.

Allerdings könne das nicht als Einmischung gelten. Was die Worte von Boris Johnson angehe, so sei Wladimir Putin solche Aussagen schon gewohnt:

Ich weiß, worin die Interessen meines Landes bestehen. Wer auch immer und was auch immer man über mich sagt, hat gar keine Bedeutung im Vergleich zu den grundlegenden Aufgaben, an deren Lösung Russland interessiert ist.

Der russische Präsident teilte mit, er höre oft von britischen Unternehmen, dass sie an der Entwicklung der bilateralen Handelsbeziehungen interessiert seien. Abschließend wünschte Wladimir Putin allen ein gutes neues Jahr. Die Pressekonferenz dauerte insgesamt 4 Stunden 18 Minuten. Die vorige Presserunde hatte 3 Stunden 44 Minuten gedauert.

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