Russland

Russland: Festnahmen nach Protesten gegen Kirchenbau in Jekaterinburg

Bei zwei nicht genehmigten Demonstrationen wurden in Jekaterinburg mehr als 20 Menschen festgenommen und drei Demonstranten verletzt. Ein langjähriger Streit um den Wiederaufbau einer historisch bedeutenden Kirche brachte Befürworter und Gegner gegeneinander auf.
Russland: Festnahmen nach Protesten gegen Kirchenbau in Jekaterinburg Quelle: Sputnik © Sputnik / Pawel Lisitsin

Der andauernde Streit um einen Plan zum Wiederaufbau einer historischen Kirche in einer der größten Städte Russlands führte in dieser Woche zu Festnahmen und Verletzungen, nachdem die Gegner des Projekts den Zaun um die Baustelle zwei Tage in Folge besetzt hielten.

So fand am 13. Mai an der Baustelle der St. Katharina-Kirche in Jekaterinburg eine spontane Protestkundgebung statt. Die Teilnehmer zerstörten einen temporären Zaun auf der Baustelle der Kathedrale und besetzten den Platz. Am 14. Mai fand die zweite, ebenfalls nicht mit den Behörden abgestimmte Protest-Aktion statt.

Nach gescheiterten Gesprächen mit der lokalen Polizei kam es zu Zusammenstößen, als die Demonstranten den Bauzaun abrissen. Berichten zufolge wurden drei Personen verletzt, 23 wurden weitere von den Strafverfolgungsbehörden festgenommen.

Die Aktion markierte einen Tiefpunkt in der langjährigen Auseinandersetzung darüber, ob und wo eine Kirche, die der Schutzpatronin der Stadt gewidmet ist, wieder aufgebaut werden sollte.

Die Sankt-Katharina Kirche in Jekaterinburg, der größten Stadt im Ural, ist nach Katharina von Alexandrien benannt, einer Heiligen aus der Frühzeit des Christentums und sollte anlässlich des 300. Gründungsjubiläums von Jekaterinburg bis zum Jahr 2023 wieder erbaut werden. Bis 1930 existierte die im Gründungsjahr der Stadt 1723 errichtete Kirche, als kommunistische Behörden beschlossen, das Gebäude zu sprengen und an seiner Stelle einen öffentlichen Platz zu schaffen. Seit Anfang der 1990er Jahre setzt sich die russisch-orthodoxe Kirche für den Wiederaufbau der historischen Kirche ein. Als Zeichen dieses Bestrebens wurde im Jahr 1998 auf dem Platz eine kleine Kapelle neben einem Gedenkkreuz errichtet, welches die Lage der zerstörten Kirche markiert. Doch viele Bewohner lehnten die Pläne für eine größere Kathedrale ab. 

Der Standort für die geplante Kirche änderte sich zweimal, beide Male kam es zu Protesten der Anwohner, bevor die Stadtbehörden schließlich den Bau in einem kleinen Park im Zentrum Jekaterinburgs am Ufer der Iset genehmigten. Der Park wurde zum Mittelpunkt der Konfrontation dieser Woche. Infolgedessen wurde beschlossen, die Kirche auf dem Platz in der Nähe des Theaters zu bauen, aber diese Idee fand in einem Teil der Bevölkerung keine Unterstützung.

Gegner des Baus behaupten, dass es um der Kirche willen notwendig sein wird, die Grünflächen, die es in der Stadt bereits gibt, zu reduzieren.

Jekaterinburgs Regionalgouverneur Ewgenij Kuiwashew forderte direkte Gespräche zwischen den Parteien. Das Treffen in seinem Büro dauerte 2,5 Stunden, konnte den Konflikt aber nicht lösen. Die Demonstranten, die den Park schützen wollen, beschuldigten ihre Gegner, sich zu weigern, ihre Meinung anzuhören und ihnen keine rechtliche Möglichkeit zu lassen, den Bau zu stoppen. Die Befürworter des Projekts hingegen sagten, sie hätten neun Jahre lang nach einer Kompromisslösung gesucht und warfen den Demonstranten vor, die Situation zu verschärfen, um der Stadt den Willen einer Minderheit aufzuzwingen.

Auslöser des Protestes war die Errichtung des Drahtzauns um die ausgewiesene Baustelle. Demonstranten, die sagen, dass sie ihren Lieblingstreffpunkt retten wollen, besetzten den Park am Montagabend und stürzten dabei den Zaun um. Sie umzingelten ein kleines Zelt, das von einigen Sicherheitskräften verteidigt wurde, und erklärten einen unbefristeten Sitzstreik. Doch dieser Plan wurde einige Stunden später vereitelt, als Befürworter des Baus der Kirche auftauchten und die Demonstranten aus dem umgestürzten Zaun schoben.

Der Leiter der Synodenabteilung des Moskauer Patriarchats für die Beziehungen zwischen Kirche und Gesellschaft und den Medien, Wladimir Legoida, teilte mit, dass der Bau legal durchgeführt werde. Die Darstellung einiger Medien, dass die Position der Anwohner nicht berücksichtigt worden sei, sei falsch.

Der Bau hat alle notwendigen Genehmigungen, einschließlich öffentlicher Anhörungen, erhalten und wird auf absolut rechtmäßiger Grundlage durchgeführt."

Die Protestaktionen der jungen Menschen werde aktiv aufgeheizt und gesteuert.

Dennoch war und ist die Kirche für Dialog, und tritt für Harmonie und Frieden ein und wird dies auch weiterhin tun." Dessen sei er sich sicher, wie Legoida auf seinem Telegram-Kanal mitteilte.

Das Bürgermeisteramt teilte mit, dass die Mehrheit der Teilnehmer an öffentlichen Diskussionen für den Bau des Gotteshauses waren.

Nach Berichten über einen 17-jährigen, der während der Protestaktion eine Kopfverletzung erlitt, sich dann aber weigerte, ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, verwies Igor Morokow, der Bevollmächtigte für Kinderrechte der Region Swerdlowsk, darauf, wie falsch es sei, dass Minderjährige in die Proteste involviert wurden:

Probleme von Erwachsenen sollten von Erwachsenen selbst gelöst werden, ohne Kinder in diese Situation einzubeziehen", so Morokow.

Der Kreml teile am Mittwoch mit, dass die Angelegenheit in erster Linie den Entscheidungen der lokalen Behörden unterliege. Allerdings machte Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten, auch klar:

dass eine nicht genehmigte Versammlung und sogar Aktionen, die den geltenden Gesetzen zuwiderlaufen, nicht genehmigt werden können", so Peskow.

Ihm zufolge mache eine solche nicht genehmigte, eskalierte Protestaktion einen bestimmten Einsatz der Strafverfolgungsbehörden notwendig.

Im Allgemeinen sind solche Situationen das Vorrecht der lokalen Behörden, und wir sehen, dass diese funktionieren", fügte Peskow hinzu.

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