Russland

Wladimir Putin äußert sich zur Rentenreform in Russland: Es ist kein Aufschub möglich

Am Mittwoch hat Russlands Präsident Wladimir Putin in einer Videobotschaft an die Bevölkerung seine Vision der heftig diskutierten Rentenreform präsentiert. Der Politiker erläuterte dabei die Hintergründe der Maßnahme und schlug auch einige Änderungen vor.
Wladimir Putin äußert sich zur Rentenreform in Russland: Es ist kein Aufschub möglichQuelle: Sputnik

In seiner fast 35 Minuten langen Rede hob Wladimir Putin besonders hervor, dass die Reform schon lange herangereift war und dass ihr Hauptziel ein stabiles und vor allem nachhaltiges Rentensystem sei. Der Staatschef gab zu, dass er viele Jahre lang gegenüber allen solchen Reforminitiativen skeptisch gewesen sei. Letztendlich sei er aber zu dem Schluss gekommen, dass kein Hinauszögern mehr möglich sei. Alles andere wäre unverantwortlich und könnte dramatische Folgen für die Wirtschaft nach sich ziehen.

Wladimir Putin erinnerte daran, dass man eine Anhebung des Rentenalters sogar schon in der Sowjetunion erwogen hatte. Es war aber diesbezüglich keine Entscheidung gefallen. Der Staatschef wies gleichzeitig auf eine Prognose hin, wonach Russland in den 2020er Jahren die Auswirkungen des Geburtentiefs der 1990er Jahre zu spüren bekäme. Dadurch würde das solidarische Rentensystem überlastet werden.

Vorschläge des Präsidenten

  • Das Rentenalter für Frauen, das momentan 55 Jahre beträgt, sollte nicht um acht, sondern um fünf Jahre angehoben werden. Kinderreiche Frauen sollten das Recht auf eine vorfristige Pensionierung erhalten.     

Das heißt, wenn eine Frau drei Kinder hat, wird sie drei Jahre früher in Rente gehen dürfen. Wenn sie vier Kinder hat, wird sie vier Jahre früher in Rente gehen dürfen. Für Frauen, die fünf oder mehr Kinder haben, sollte alles so bleiben, wie es heute ist: Sie werden mit 55 Jahren in Rente gehen dürfen", erklärte Wladimir Putin.

  • Bürgerinnen und Bürger, die nach dem geltenden Recht in den kommenden zwei Jahren Rentner werden sollten, sollten ein halbes Jahr vor dem geplanten Rentenalter in Rente gehen können.
  • Der Staat sollte älteren Menschen zusätzliche Garantien gewähren, um ihre Interessen auf dem Arbeitsmarkt besser zu verteidigen. Demnach sollte fünf Jahre vor der geplanten Pensionierung das sogenannte "Vorrentenalter" beginnen.

Ich halte es für notwendig, eine administrative und sogar strafrechtliche Haftung für die Arbeitgeber gegen die Entlassung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Vorrentenalter oder wegen Einstellungsverweigerung aufgrund ihres Alters einführen", betonte der Präsident.

  • Für Menschen im Vorrentenalter sollte es staatlich finanzierte Fortbildungsprogramme geben.
  • Das für Menschen im Vorrentenalter zu zahlende Arbeitslosengeld sollte sich von 4.900 Rubel (umgerechnet 62 Euro) auf 11.280 Rubel (umgerechnet 142 Euro) mehr als verdoppeln. Die "Vorrentner" sollten diese Summe monatlich ein Jahr lang erhalten können.
  • Vertreter kleiner im Norden Russlands lebender Urvölker sollten weiterhin nach dem geltenden Recht pensioniert werden.
  • Die auf dem Lande lebenden und nicht mehr arbeitenden Rentnerinnen und Rentner sollten einen Rentenzuschuss in Höhe von 25 Prozent erhalten, wenn sie mindestens 30 Jahre in der Landwirtschaft gearbeitet haben.
  • Das Dienstalter, das zu einer vorfristige Pensionierung berechtigt, sollte um drei Jahre verringert werden. Für Frauen sollte es 37 Dienstjahre betragen, für Männer – 42 Dienstjahre.

Kritik und Proteste

Russlands Regierungschef Dmitri Medwedew hatte die unpopuläre Rentenreform am Eröffnungstag der Fußball-WM angekündigt. Am 19. Juli verabschiedete die Staatsduma den Gesetzentwurf in erster Lesung. Demnach sollte das Rentenalter für Männer um fünf Jahre auf 65 Jahre und für Frauen um acht Jahre auf 63 Jahre angehoben werden. Die Reform sollte ab dem Jahr 2019 stufenweise in Kraft treten.

Die Neuregelung löste landesweite Proteste aus. Kritiker wiesen darauf hin, dass die Lebenserwartung in einigen Regionen niedriger als das geplante Rentenalter sei. Einer Umfrage des unabhängigen Lewada-Instituts zufolge lehnten rund 90 Prozent der Bevölkerung die Reform ab.

Mehr zum ThemaGibt es ein Referendum? Proteste gegen die Rentenreform in Russland nehmen zu

Mehrere Bürgerinitiativen beantragten bei der Zentralen Wahlkommission Russlands einen landesweiten Volksentscheid über die geplante Änderung des Rentensystems. Am 10. August erklärte die Behörde den Vorschlag an sich für rechtmäßig. Behördenleiterin Ella Pamfilowa gab an diesem Mittwoch bekannt, dass ein Referendum theoretisch an einem Sonntag in der Zeitspanne vom 7. April bis zum 12. Mai 2019 durchgeführt werden könnte. Die Entscheidung darüber solle im Februar fallen. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation versprach nach der Videobotschaft von Wladimir Putin, sich verstärkt für einen Volksentscheid einzusetzen. Das neue Rentengesetz lasse sich nicht verbessern, sagte Parteivorsitzender Gennadi Sjuganow. Die Kommunistische Partei habe alles für die Durchführung eines Referendums parat. Die Videobotschaft des Präsidenten könne da nichts ändern. (RIA Nowosti/TASS)

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