Nordamerika

USA wollen nun doch Zugang zu Corona-Impfstoffpatenten ermöglichen - Pharmaindustrie dagegen

Bisher lehnten die USA eine Aussetzung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe ab – nun ändern sie ihre Haltung. Sie kündigten an, eine solche Ausnahmeregelung bei der Welthandelsorganisation zu unterstützen. Von der Pharmaindustrie kam Kritik.
USA wollen nun doch Zugang zu Corona-Impfstoffpatenten ermöglichen - Pharmaindustrie dagegenQuelle: Reuters © Jonathan Ernst

Die US-Regierung glaube zwar fest an den Schutz geistigen Eigentums, doch sie werde sich bei der Welthandelsorganisation (WTO) für eine Ausnahmeregelung einsetzen, "um diese Pandemie zu beenden". Dies erklärte die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai am Mittwoch. Damit kündigte sie an, dass die USA ihre Haltung bezüglich des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe ändern. 

Zuvor hatte sich US-Präsident Joe Biden bei einer Rede im Weißen Haus ebenfalls für eine vorübergehende Aufhebung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe ausgesprochen. Es war eine drastische Kehrtwende von der vorherigen US-Position. Damit beugt sich Biden dem wachsenden Druck aus der eigenen Partei sowie zahlreicher Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen und über hundert betroffener Länder weltweit.  

Indien und Südafrika hatten sich bereits vor Monaten bei der WTO dafür eingesetzt, die Patente der Pharmaindustrie auf medizinische Hilfsmittel und Technologien zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie vorübergehend aufzuheben. Damit würden etwa die Monopole einiger Unternehmen wegfallen und dadurch Impfstoffe, Tests und Behandlungen für mehr Menschen zugänglich gemacht.

Doch bislang blockierten wichtige Herkunftsländer mit einflussreicher Pharmaindustrie dieses Vorhaben. Sie argumentieren unter anderem, dass es nicht genügend Produktionsfirmen gebe. Zudem sei einerseits die Herstellung von Coronavirus-Impfstoffen komplex, und andererseits würde ein Lockern des Patentschutzes künftigen Innovationen schaden.

Die US-Handelsbeauftragte Tai erklärte, dass es sich nun um eine "globale Gesundheitskrise" handele. "Die außergewöhnlichen Umstände der COVID-19-Pandemie erfordern außergewöhnliche Maßnahmen."

Die US-Ankündigung kommt auch inmitten wachsender Besorgnis, dass große Ausbrüche wie etwa derzeit in Indien das Auftauchen von impfstoffresistenten Stämmen des tödlichen Virus ermöglichen und damit die globale Eindämmung des Virus untergraben könnten. Zumal es bereits jetzt Anzeichen dafür gibt, dass sich der Ausbruch aus Indien auch auf Nepal, Sri Lanka und andere Nachbarländer ausbreitet.

Und während Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO, Bidens Schritt als einen "monumentalen Moment im Kampf gegen COVID-19" bezeichnete, reagierte die Börse in den USA mit sinkenden Aktien bei den Pharmaunternehmen, die Corona-Impfstoffe herstellen. Die Aktien von Moderna und Novavax fielen im regulären Handel um mehrere Prozente, die Aktie von Pfizer nur leicht.

Der WHO-Generaldirektor schrieb weiter auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, dass diese Entscheidung "die Weisheit und die moralische Führung der Vereinigten Staaten" widerspiegele.

Auch EU prüft eine Patent-Aussetzung

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gab nur wenige Stunden nach Bidens Entscheidung bekannt, dass man auch in der Europäischen Union über eine Aussetzung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe sprechen müsse. "Die Europäische Union ist bereit, jeden Vorschlag zu diskutieren, der diese Krise wirksam und pragmatisch angeht", sagte von der Leyen am Donnerstagmorgen. Man müsse nun auch beobachten, in welche Richtung sich der US-Vorstoß entwickeln werde, aber "kurzfristig rufen wir jedoch alle Länder mit Impfstoffproduktion auf, Exporte zu erlauben und alles zu vermeiden, was Lieferketten stören könnte", so die Kommissionspräsidentin weiter.

Pharmaindustrie kritisiert politische Vorgehenweise

Der pharmazeutische Verband "International Federation of Pharmaceutical Manufacturers and Associations" (IFPMA) kritisierte die US-Entscheidung jedoch und bezeichnete Bidens Kehrtwende als "eine falsche Antwort" auf ein komplexes Problem. Die in Genf ansässige IFPMA, die forschende Pharmaunternehmen vertritt, erklärte in einer Stellungnahme:

"Der Verzicht auf Patente für COVID-19-Impfstoffe wird weder die Produktion erhöhen noch praktische Lösungen bieten, die zur Bekämpfung dieser globalen Gesundheitskrise benötigt werden. Im Gegenteil, es wird wahrscheinlich zu Behinderung führen."

Die wirklichen Herausforderungen seien Handelsbarrieren, Engpässe in den Lieferketten, Rohstoffknappheit und "die Bereitschaft der reichen Länder, Dosen mit den armen Ländern zu teilen", hieß es weiter seitens des Verbands.

Die Pharmaunternehmen, die an Corona-Impfstoffen arbeiten, haben während der Krise starke Umsatz- und Gewinnsteigerungen verzeichnet. Zudem hatten viele Firmen auch Unterstützung bei der Impfstoffentwicklung seitens mehrerer Regierungen erhalten.

Die größte Lobbygruppe der Industrie warnte allerdings davor, dass Bidens beispielloser Schritt die Bemühungen der Unternehmen zur Bekämpfung der Pandemie untergraben und die Sicherheit gefährden würde.

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf eine nicht genannte Quelle aus der Industrie beruft, würden die US-Firmen nun dafür kämpfen, dass jede vereinbarte Ausnahmeregelung so eng und begrenzt wie möglich ausfällt. Reuters zitiert zudem Brian Skorney, einen Analysten vom US-Finanzdienstleistungsunternehmen Robert W. Baird, der der Meinung sei, dass die Diskussion über die Ausnahmeregelung auf eine "Effekthascherei" der Biden-Regierung hinauslaufe und keine größere Änderung des Patentrechts einleiten werde. Skorney erklärte, er sei "skeptisch, dass es irgendeine Art von breiterer, langfristiger Auswirkung auf die gesamte Industrie haben würde".

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