Nordamerika

US-Exporte von Flüssiggas gehen wegen Corona um ein Drittel zurück

Erdgasexporte aus den USA geraten zunehmend in Schwierigkeiten, da Dutzende von Bestellungen wegen der schwachen Nachfrage von den Käufern storniert wurden. Ein deutlicher Preisrückgang macht den Flüssiggasverkauf unrentabel und gefährdet Investitionen in die Branche.
US-Exporte von Flüssiggas gehen wegen Corona um ein Drittel zurückQuelle: Reuters © Issei Kato

Schätzungsweise 45 Ladungen von verflüssigtem Erdgas (LNG), die im Juli aus US-Häfen exportiert werden sollten, wurden laut S&P Global Platts kürzlich storniert. Etwa die Hälfte davon ist mit den beiden Exportterminals von Cheniere Energy an der US-Golfküste verbunden. Dabei sei die Anzahl der Stornierungen für Juli ungefähr doppelt so hoch wie für Juni. Hiermit sinke die aus den USA exportierte Gasmenge um etwa ein Drittel, so Platts.

Wie der Ölmarkt leidet auch der Weltmarkt für Erdgas unter dem Druck der Pandemie und verzeichnet einen starken Rückgang bei der Nachfrage. In einigen Punkten unterscheidet sich der Gasmarkt jedoch vom Ölmarkt.

Noch vor dem globalen Wirtschaftsabschwung belastete eine Welle überschüssiger LNG-Lieferungen im Jahr 2019 den Markt. 

Die LNG-Preise bewegen sich in Asien zwar seit Monaten auf einem extrem niedrigen Niveau, die Pandemie drückt die Preise jedoch zusätzlich. Der Platts JKM-Marker für LNG-Preise in Ostasien fiel auf 2,125 US-Dollar pro MMBtu für die Lieferungen im Juli.

Bei diesen Preisen liegen die Spotmargen im negativen Bereich, so Platts. Da die Henry-Hub-Preise bei etwa 1,70 US-Dollar pro MMBtu gehandelt würden, und die Kosten für die Verflüssigung und den Transport addiert werden müssten, sei der LNG-Export unrentabel geworden.

Für viele Exporteure sind die Lieferungen jedoch in festen, langfristigen Verträgen an höhere Preise gebunden. Dies setzt die Exporteure unter Druck. Die steigende Zahl der Stornierungen deutet jedoch darauf hin, dass die Käufer bereit sind, eine Stornostrafe zu zahlen, um sich aus diesen Verpflichtungen zu befreien – ein Zeichen für einen stark überversorgten Markt. Matthew Shruhan, Senior Analyst bei IHS Markit, schrieb in einer Erklärung seines Unternehmens:

Die aktuellen Terminpreise deuten darauf hin, dass US-LNG mindestens bis September 'aus dem Geld' ist. Weitere Ladungsstornierungen werden folgen.

Das Unternehmen erklärte, dass "der Prozess, durch den diese Einstellung der US-LNG-Produktion den globalen Markt ausgleichen wird, nicht reibungslos verlaufen wird".

IHS bezeichnete die USA als einen neuen "Schaukel-Produzenten" für LNG, der eine übermäßig positive Konnotation trägt. Das ist nur eine ausgefallene Art und Weise zu sagen, dass LNG aus den USA in Zeiten des Abschwungs zwar am wenigsten strapazierfähig ist, aber am schnellsten wieder eingespeist werden kann. Wenn die Welt ein Überangebot sieht und niedrige Marktpreise die Nachfrage drosseln, laufen die Ladungen aus den USA Gefahr, zuerst vom Markt zu gehen.

Natürlich endet die Geschichte damit nicht. Stornierte LNG-Ladungen bedeuten eine geringere Nachfrage nach dem zugrunde liegenden Gas selbst. Goldman Sachs entwarf ein hypothetisches Szenario, in dem zusätzliche 28 Millionen Kubikmeter pro Tag an US-LNG-Exporten, die storniert werden, zu einem Anstieg des in die Lagerung umgeleiteten Gases führen würden. Dies würde zu einem Rückgang der Henry-Hub-Erdgaspreise um 0,40 US-Dollar pro MMBtu führen.

Aber der Preisdruck nach unten könnte "durch eine geringere als erwartete Produktion ausgeglichen werden", schrieben die Analysten von Goldman in einem Bericht vom 20. Mai. Das heißt, dass die Annullierung von LNG-Ladungen die Schiefergasförderer zwingen könnte, ihre Produktion zu drosseln.

Unterdessen weist die Investmentbank Morgan Stanley in einem separaten Bericht darauf hin, dass sich der LNG-Markt in eine Welt "strukturell niedrigerer Preise" verwandle. Die Bank schrieb:

Nach einem Rückgang von ungefähr 40 Prozent im Jahr 2019 fielen die Preise in Europa und Asien seit Jahresbeginn um weitere 55 bis 60 Prozent.

In Übereinstimmung mit unseren Erwartungen hat die Kombination aus mildem Wetter und dem Nachfrageausfall aufgrund von COVID-19 den Druck auf die ohnehin schon fragile Situation im Jahr 2020 noch weiter erhöht.

Nicht nur die Preise selbst sind niedriger, auch die Unterschiede zwischen den Preisen in verschiedenen Teilen der Welt fallen viel geringer aus. Das wirft die Logik über den Haufen, Gas in einem Teil der Welt zu verflüssigen und es rund um den Globus zu verschiffen, wo es für die weitere Verwendung wieder in Gas umgewandelt wird.

Ein deutlicher lang anhaltender Sinkflug der Gaspreise könnte dazu führen, dass Investoren ihre Unterstützung für entsprechende Projekte verringern. Morgan Stanley erklärte:

Längerfristig hat der Zusammenbruch der Ölpreise eine Welle von Investitionskürzungen und Verzögerungen bei LNG-Projekten verursacht, wodurch die wahrscheinliche Projektsanktionierung in den nächsten ein bis zwei Jahren erheblich reduziert wird.

Die Bank wies darauf hin, dass sich der Angebotsüberhang im Jahr 2022 allmählich auflösen und einem Gleichgewicht annähern könnte. Andere hingegen sehen sogar einen längerfristigen Rückzug aus den Invesitionen. Ross Wyeno, ein LNG-Analyst bei S&P Global Platts betonte:

Für das kommende Jahrzehnt sehen wir keine Bestätigung für zusätzliche nordamerikanische Exportkapazitäten.

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