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Russlands Waffenexport nach Südostasien wächst – Standortvorteil für Indien bei Wartung und Training

Russlands Rüstungsexporte nach Südostasien wachsen. Indien als größter Abnehmer gewinnt einen Standortvorteil durch Wartung und Training militärischen Personals anderer Länder der Region und verbessert gleichzeitig die Bedingungen für Russland auf dem dortigen Absatzmarkt.
Russlands Waffenexport nach Südostasien wächst – Standortvorteil für Indien bei Wartung und TrainingQuelle: Sputnik

von Schischir Upadhyaya, PhD

Trotz Behauptungen im Westen, das Einfrieren der militärischen Kontakte Russlands zu den NATO-Staaten würde zu seiner internationalen Isolation führen, hat das Land in fünf Jahren mit 39 Ländern Abkommen über eine militärische Zusammenarbeit unterzeichnet – und Indien könnte einer der größten Nutznießer sein.

Russlands stellvertretender Verteidigungsminister Alexander Fomin gab kürzlich bekannt, dass Kooperationsvereinbarungen mit Ländern des Nahen Ostens, Afrikas, des asiatisch-pazifischen Raums und Lateinamerikas unterzeichnet wurden, die den Verkauf militärischer Ausrüstung mit einschließen.

Die Abkommen mit Ländern in Südostasien könnten jedoch für Russland besonders vorteilhaft sein, da sie unter anderem neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Indien bieten – einem langjährigen Käufer sowjetischer und danach eben russischer Militärgüter –, das in der Region Ausbildungs- und Wartungsdienste für in Russland hergestellte Systeme anbieten könnte und teilweise bereits anbietet.

Besonders in Richtung der Vereinigten Staaten stichelnd, erklärte Fomin, dass die Länder es oft vorziehen, mit Russland zu tun zu haben, weil die Liste der von ihm gegen seine internationalen Partner verhängten schädlichen Sanktionen recht kurz ist. "Die erstarkende Autorität der russischen Streitkräfte wird durch die zunehmende Zahl der Besuche von Verteidigungsministern anderer Länder in unserem Land bestätigt", betonte der Minister.

Zweitgrößter Waffenlieferant weltweit

Russland überholte Großbritannien im Jahr 2018 und ist nun der zweitgrößte Waffenproduzent geworden – gleich nach den Vereinigten Staaten, so das Stockholmer Internationale Friedensforschungsinstitut (SIPRI), das die Aktivitäten der größten Waffenproduzenten der Welt verfolgt. Tatsächlich machten die Umsätze der russischen Rüstungsunternehmen von rund 34,55 Milliarden Euro fast 10 Prozent der Umsätze der 100 größten Waffenproduzenten aus.

Die in Russland hergestellte Militärausrüstung genießt einen guten Ruf bezüglich ihrer Funktionalität und ihrer Robustheit und ist gleichzeitig im Vergleich billiger als US-amerikanische und sonstige westliche Ausrüstung. Das russische S-400-Flugabwehrsystem, das von den beiden großen asiatischen Giganten – China und Indien – angeschafft wurde, kann sich gegen das Patriot-System der USA behaupten, kostet aber nur halb so viel.

Im vergangenen Jahr gab der ehemalige stellvertretende Chef der indischen Luftwaffe (IAF) Kapil Kak gegenüber Journalisten bekannt, dass das russische S-400-System in Bezug auf die Überwachungs- und Zielverfolgungsradargeräte, seine Dienstgipfelhöhe und Reichweite das beste System der Welt sei und jedem anderen, auch dem US-Patriot, überlegen sei.

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Letztendlich brachten Washingtons Bemühungen, Länder wie die Türkei und Indien unter Druck zu setzen, damit diese US-amerikanische statt russische Systeme kaufen, nicht die gewünschten Ergebnisse und wurden von vielen Vertretern dieser Länder als Eingriff in ihre strategische Autonomie angesehen. 

Offensive auf Südostasien

Russland machte in den letzten Jahren große Fortschritte auf den Verteidigungsmärkten in Südostasien, weil die Staaten der Region ihre Streitkräfte als Reaktion auf das erstarkende China aufstocken wollen. Das gilt insbesondere für Länder, die sich in langjährigen Territorialstreitigkeiten mit Peking im Südchinesischen Meer befinden, darunter Vietnam, Indonesien und die Philippinen.

Während Russland weltweit der zweitgrößte Waffenlieferant ist, hat es sich zum Verkaufsmeister in Südostasien entwickelt, wobei die Staaten der Region in den Jahren 2010 bis 2017 sechs Milliarden Euro für russische Waffen ausgaben. Das ist so viel, wie die USA und China zusammen in dieser Region verkauften und macht mehr als 12 Prozent der Gesamtverkäufe Moskaus aus.

Vietnam war in diesem Zeitraum der größte Importeur russischer Ausrüstung, auf den 78 Prozent der gesamten Waffenverkäufe Russlands in der Region entfielen. Es kaufte unter anderem sechs dieselelektrische U-Boote der Kilo-Klasse, weitere Kriegsschiffe sowie Kampfjets. 

Indien – Russlands größter Abnehmer weltweit

Indien ist seit den 1960er-Jahren bis heute ein wichtiger Käufer sowjetischer, später russischer Ausrüstung geblieben. Es wird geschätzt, dass etwa 60-70 Prozent des gegenwärtigen indischen Militärbestandes sowjetischen und russischen Ursprungs sind. Dieser Trend setzt sich fort, weil Indien im Jahr 2019 mit Waffenkäufen in Höhe von 13,18 Milliarden Euro den drohenden US-Sanktionen zum Trotz wieder zum größten Kunden Russlands wurde. Allein der Wert der durch Indien erworbenen Boden-Luft-Raketensystemen S-400 machte gut vier Milliarden Euro aus.

Zum Glück für Moskau können die indischen Streitkräfte, die für ihre Professionalität bekannt sind, auf eine lange Erfolgsbilanz bei der effizienten Bedienung und Wartung ihrer in Russland hergestellten Ausrüstung verweisen. Im Laufe der Jahre baute Indien hochentwickelte Einrichtungen für die Ausbildung und Instandsetzung russischer Systeme und nutzte seine Fachkenntnisse, um seine eigene Verteidigungszusammenarbeit mit südostasiatischen Staaten voranzutreiben.

So schulte die indische Marine beispielsweise 500 Angehörige der vietnamesischen Marine in der Bedienung von U-Booten der Kilo-Klasse umfassend, bevor Hanoi sechs der dieselelektrischen U-Boote von Moskau kaufte. Zuvor, im Jahr 2007, lieferte Indien 5.000 Ersatzteile für die Wartung von Kriegsschiffen der Petya-Klasse und von Raketenbooten der OSA-II-Klasse an Vietnam. Beide Systeme sind russischer Herkunft und wurden von der indischen Marine zwar ausgemustert, werden von Vietnam aber weiterhin genutzt. Ebenso haben indische Luftwaffenpiloten auch ihre malaysischen Kollegen an den russischen Su-30-Kampfflugzeugen ausgebildet, die in beiden Staaten in Dienst stehen. Die beiden Länder riefen sogar ein "Su-30-Forum" ins Leben – eine gemeinsame Plattform zum Austausch von Informationen über Ausbildung, Wartung und technische Unterstützung dieser Flugzeuge.

Indiens Bemühungen, seine langjährige Erfahrung mit russischem Militärgerät zu nutzen, um seine eigenen Beziehungen mit südostasiatischen Staaten voranzubringen, befinden sich mit umfassenderen globalen strategischen Zielen Russlands im klaren Einklang.

Dies könnte sich als eine für beide Seiten vorteilhafte Praxis erweisen, zumal Russland seine militärischen Partnerschaften in der Region ausweitet.

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Übersetzt aus dem Englischen. Dr. Schischir Upadhyaya ist ein ehemaliger Aufklärungsoffizier der indischen Marine.

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