Meinung

Wie ein Mafiaboss: Trump droht Irak mit Beschlagnahme von 35 Milliarden US-Dollar

Donald Trumps Drohung, dem Irak den Zugang zu seinem Konto bei der Federal Reserve Bank of New York zu sperren, wenn Bagdad weiter auf einen Abzug der US-Truppen besteht, ist nichts anderes als eine moderne Form des Kolonialismus.
Wie ein Mafiaboss: Trump droht Irak mit Beschlagnahme von 35 Milliarden US-DollarQuelle: Reuters © Jonathan Ernst/Reuters

von Danielle Ryan  

Am 5. Januar stimmte das irakische Parlament für eine Resolution, die den Abzug aller ausländischen Truppen fordert. Einen Tag später drohte US-Präsident Donald Trump den Irakern mit Wirtschaftssanktionen, "wie sie sie noch nie gesehen haben", falls Bagdad versucht, die US-Truppen auszuweisen, ohne vorher für einen "außerordentlich teuren Luftwaffenstützpunkt" zu bezahlen, der vom US-Militär errichtet wurde.

Tage später gab Trump der Fox-News-Moderatorin Laura Ingraham ein Fernsehinterview. Ingraham warf die Frage in den Raum, ob der Irak nicht "dem amerikanischen Steuerzahler" die Kosten für den Stützpunkt erstatten müsse – der bekanntlich infolge einer illegalen Invasion der USA errichtet wurde, die das Land verwüstet zurückließ.

Der US-Präsident griff die Vorlage auf und versuchte nicht einmal, seine Drohung mit Nettigkeiten zu umhüllen, sondern entschied sich stattdessen für eine eindeutige Erpressung:

Wir haben im Moment eine Menge von ihrem Geld. Wir haben 35 Milliarden US-Dollar ihres Geldes auf einem Konto – und ich denke, sie werden sich bereit erklären zu zahlen. Ich glaube, sie sind bereit zu zahlen, sonst bleiben wir dort.

Der Irak deponiert seine Einnahmen aus dem Ölverkauf, die 90 Prozent seines Budgets ausmachen, in einer regionalen Zweigstelle der US-Zentralbank in New York. Wie viele andere Länder auf der Welt macht der Irak dies, um an US-Dollar zu gelangen – aber das ist mit Risiken verbunden. Irakische Beamte haben vor einem totalen wirtschaftlichen Zusammenbruch gewarnt, wenn Trump die Drohung wahrmacht, neue Sanktionen zu verhängen und das Geld des Landes in Beschlag zu nehmen.  

In diesem Zusammenhang klingt Trumps Aussage gegenüber Ingraham wie eine Szene aus einem Mafia-Film: Sei brav, tu, was wir sagen – und vielleicht bringen wir dann deine Familie nicht um.

Was ist aus Washingtons innigem Wunsch geworden, Freiheit und Demokratie für das irakische Volk zu sichern? In einer Erklärung des US-Außenministeriums, die nach der Abstimmung des irakischen Parlaments zum Abzug der US-Truppen veröffentlicht wurde, wurde dessen Resolution komplett ignoriert und stattdessen darauf hingewiesen, dass die USA eine "Kraft für das Gute" in der Region seien. Die Präsenz der USA im Irak wurde darin als "angemessen" bezeichnet und somit der Gedanke ausgeschlagen, dass die US-Truppen in Kürze das Land verlassen würden.

Im Wesentlichen präsentieren sich die USA wieder einmal als rohe Besatzungsmacht im Irak, die die Aufforderung von Premierminister Adil Abdul-Mahdi komplett ignoriert, Washington solle mit den Vorbereitungen für den Abzug der US-Truppen beginnen. In westlichen Medien sorgte der Vorgang kaum für Aufregung, weil man einfach davon ausgeht, dass die US-Truppen ein unantastbares Recht haben, im Irak zu sein. Irgendwie ist es für die USA völlig normal und nicht der Rede wert, Bagdad die Bedingungen für das Überleben des Iraks zu diktieren.

In der Erklärung des State Department heißt es weiter, dass die USA ein "Partner" eines "souveränen" Iraks sein wollen. Ein wirklicher "Partner" benutzt aber nicht die Drohung eines verheerenden Wirtschaftskrieges als Druckmittel – und wenn Trump oder seine Berater wirklich an einem souveränen Irak interessiert wären, würden sie die Wünsche des irakischen Parlaments respektieren und einen Plan zum Abzug der US-Truppen ausarbeiten.

Es ist nicht das erste Mal, dass die USA dem Irak drohen, sein Konto bei der New Yorker Bank einzufrieren und die Geldmittel des Landes als Hebel einsetzen, um bevorzugte geopolitische Ergebnisse zu erzielen. Im Jahr 2008 benutzte die Bush-Regierung dieselbe Taktik, um den Irak zur Unterzeichnung eines unpopulären Militärabkommens zu zwingen, mit dem die frühere Besatzung verlängert wurde. Barack Obama gab immerhin zu, dass sich die USA im "Armdrücken" betätigen, um andere Nationen zu zwingen, "das zu tun, was wir brauchen".

Wenn es darauf ankäme, würde Washington den Irak gern als Schlachtfeld für einen Krieg gegen den Iran nutzen – und genau das ist der Grund, warum die Iraker eine fortgesetzte US-Truppenpräsenz zunehmend als Risikofaktor betrachten. Weit davon entfernt, eine "Kraft für das Gute" in der Region zu sein, sind die USA tatsächlich ein Chaos-Bringer – und der Irak weiß das besser als jedes andere Land. 

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Danielle Ryan ist eine freiberufliche irische Journalistin aus Dublin. Artikel von ihr sind unter anderen in Salon, The Nation, Rethinking Russia, teleSUR, RBTH und The Calvert Journal erschienen. 

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