Meinung

Deutschland macht sich unbeliebt – Westliche Hybris im Irak

Dass ein Angriff auf eine ausländische diplomatische Vertretung nicht im gleichen Maße schützenswert ist, zeigte ausgerechnet die Bundesregierung von Angela Merkel. Im Irak stellt sich Berlin blindlings hinter die USA und tritt nach denselben Werten, die es vorgibt zu verteidigen.
Deutschland macht sich unbeliebt – Westliche Hybris im IrakQuelle: AFP © Ahmad al-Rubaye

von Zlatko Percinic

Als die USA nach acht Jahren der Besatzung ihre Truppen Ende 2011 zähneknirschend abziehen mussten, war dies für die meisten Iraker ein Grund zum Feiern. Die Freude sollte allerdings nur von kurzer Dauer sein. Denn schon nach zweieinhalb Jahren kehrten sie zurück, um den Vorstoß des sogenannten Islamischen Staats (IS) aufzuhalten. Dabei fanden sie sich ausgerechnet an der Seite des Erzfeindes Iran wieder, der den IS ebenfalls bekämpfte. Seitdem sind fünfeinhalb Jahre vergangen, und es befinden sich laut einem Sicherheitsabkommen, das zwischen Washington und Bagdad geschlossen wurde, noch immer rund 5.000 US-Truppen im Land.

Diese Zahl könnte sich nach den Vorkommnissen der vergangenen Tage allerdings verdoppeln, nachdem das Pentagon die Entsendung von weiteren 4.000 Soldaten plant.

Der Angriff am 27. Dezember 2019 auf einen irakischen Stützpunkt in der ölreichen Stadt Kirkuk im Norden des Iraks, bei dem ein US-Söldner ums Leben kam und weitere US- und irakische Soldaten verletzt wurden, führte zu einem Vergeltungsschlag der USA am 29. Dezember. 

Während in den USA – aber auch in Deutschland – den mindestens 25 Todesopfern keine Träne nachgeweint wird, weil die meisten von ihnen der pro-iranischen Miliz Kata'ib Hisbollah angehören, sind die Iraker gegenteiliger Meinung. Für sie sind es in allererster Linie Iraker gewesen, die den Tod gefunden haben, unabhängig davon, welcher Konfession sie angehören oder welcher politischen Richtung sie folgen. Der Streit um den iranischen Einfluss im Zweistromland geriet umgehend in den Hintergrund und einte die Iraker in dieser Stunde der Wut. 

Davon will man hierzulande aber nichts hören. Nicht der Vergeltungsschlag und die vielen Opfer werden verurteilt, sondern der Angriff, der zum Tod eines einzigen US-Amerikaners führte. Hätte für die Bundesregierung jedes Menschenleben den gleichen Wert, hätte sie auch den US-Bombenangriff verurteilen müssen. 

Stattdessen stimmt Berlin in den Chor der Beschuldigungen gegen den Iran ein, der in Washington und Jerusalem vorgegeben wird. Teheran "muss seine Politik der regionalen Destabilisierung beenden", heißt es aus dem Auswärtigen Amt dazu. Dass die Region aber erst durch die Folgen der US-Invasion 2003 destabilisiert wurde, was von der damaligen Außenministerin Condoleezza Rice noch als "Geburtswehen eines neuen Mittleren Ostens" gefeiert wurde, wird allenthalben gern unter den Teppich gekehrt. Genauso wie der Versuch, mit allen Mitteln den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad mit Hilfe von Dschihadisten zu stürzen und man in Deutschland voller Vorfreude geunkt hatte, dass das "neue Syrien aus Wilmersdorf kommt".  

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Die Heuchelei und Doppelmoral zeigt sich dann erneut bei der Verurteilung des Sturms auf die US-Botschaft in Bagdad an Silvester.

Die Sicherheit und Unverletzlichkeit diplomatischer Vertretungen und ihres Personals gehören zum Kern der internationalen Ordnung, auf die alle Staaten gleichermaßen angewiesen sind.

Während diese Feststellung natürlich vollkommen korrekt ist, wendet Berlin dennoch zweierlei Maß an. Als das iranische Konsulat am 27. November 2019 in der für Schiiten heiligen Stadt Nadschaf Ziel von wütenden Protesten und wie im Falle der US-Botschaft in Bagdad die Schutzmauer angezündet wurde, hüllte sich das Auswärtige Amt – und alle anderen westlichen Regierungen – in Schweigen. Kein Wort der Verurteilung oder Empörung, kein Wort über die "Sicherheit und Unverletzlichkeit diplomatischer Vertretungen". 

Deutschland verspielt mit solcher an Unterwürfigkeit grenzender Haltung seine politischen Karten in der Region, wo man akribisch darauf achtet, wie sich welcher Staat verhält. Abbas Musawi, Sprecher des iranischen Außenministeriums, meinte denn auch, dass "Zweifel aufkommen", ob Berlin "eine wirksame Rolle bei der Schaffung von Frieden und Stabilität in der Region spielen will".  

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