Meinung

Alptraum für Bolsonaro: Von ihm genehmigte Umweltgifte blockieren männliche Sexualhormone

Damit hat der brasilianische Präsident nicht gerechnet. Manche Umweltgifte wirken sich auf die männliche Fruchtbarkeit und auf die Penisgröße aus. Sie steigern die Zahl der weiblichen Hormone bei Männern. Das ergab eine Studie der italienischen Universität von Padua.
Alptraum für Bolsonaro: Von ihm genehmigte Umweltgifte blockieren männliche SexualhormoneQuelle: Reuters © Adriano Machado

von Maria Müller

Die Nachricht verbreitete sich vor wenigen Wochen in Brasilien über die sozialen Netzwerke wie ein Lauffeuer. Sie kann dem Präsidenten nicht entgangen sein. Er ist für seine übertriebene Aufmerksamkeit auf Themen der Sexualität, der Geschlechtsorgane oder gar homosexueller Exzesse bekannt.

So überraschte er im April die Gäste einer Veranstaltung des Erziehungsministeriums, als er per Mikrofon verkündete, in Brasilien gebe es jährlich tausend Penisamputationen aufgrund unheilbarer Infektionen. Das könnte mit Wasser und Seife einfach verhindert werden.

Auf seinem Twitter-Account veröffentlichte der Präsident ein Video mit einer obszönen Urinierszene zwischen zwei Männern beim Karneval in Rio: als abschreckendes Beispiel, wie er dazu schrieb. Auch hier sorgte er für Verwirrung. Ein Großteil seines Publikums fand das für einen Präsidenten doch etwas zu schräg.

Einen japanischen Touristen, der ihn freudig begrüßen wollte, brüskierte er: "Hast du ihn auch ganz klein? In Japan ist alles klein …"

Nun hoffen viele Brasilianer, dass die Forschungsergebnisse aus Padua vielleicht doch das Herz des Präsidenten erreichen könnten, da auch hier sein Penis-Bewusstsein angesprochen wird.

Vielleicht könnte durch diese Nachricht der massenhafte Gebrauch von anderswo verbotenen Umweltgiften gebremst werden?

Wissenschaftliche Studie: Gesundheitsschäden

Die wissenschaftliche Studie der italienischen Universität Padua, die die Zeitschrift für klinische Endokrinologie & Metabolismus veröffentlichte, zeigt, dass junge Männer, die als Kind oder vor der Geburt polyfluorierten Chemikalien (PFC) ausgesetzt waren, einen kleineren und dünneren Penis als der Durchschnitt haben. Die Studie zeigt, dass sich PFC-Komponenten an den Testosteronrezeptor binden und dessen Aktivierung blockieren. Diese Substanzen beeinträchtigen nicht nur die Größe der männlichen Genitalien, sondern auch die Fruchtbarkeit. Des Weiteren sind bei solchen Männern vermehrt weibliche Hormone vorhanden.

Aber auch andere Gesundheitsschäden wie Untergewicht von Neugeborenen, Immunschwäche, Lebererkrankungen, hohe Cholesterinwerte bei Kindern, Schilddrüsenprobleme und Krebsgefahr werden damit in Verbindung gebracht.

Brasilien ist größter Hersteller von Sulfluramid

Eine besonders langlebige und bioakkumulierbare Chemikalie dieser Gruppe, PFOS genannt, ist für Säugetiere giftig. Seit 2009 ist die Verwendung von PFOS in den 182 Unterzeichnerstaaten des Stockholmer Übereinkommens weitgehend verboten. Doch Brasilien kann aufgrund einer Sonderklausel des Vertrags das Insektizid "Sulfluramid" herstellen und exportieren. Es setzt nach seiner Anwendung das PFOS erst allmählich in der Umwelt frei.

Internationale Chemiekonzerne verlagerten die Produktion nach Brasilien, das sich zu einem der weltweit größten Hersteller von PFC-Chemikalien entwickelte. Die Chemieindustrie ist Brasiliens drittgrößte Branche. PFOS-Produkte werden nicht nur in der Landwirtschaft eingesetzt, sie finden sich auch bei der Teflonbeschichtung, bei Imprägnierungen von Textilien, Leder und Möbeln, im Feuerlöschschaum, in der Hydraulikflüssigkeit von Flugzeugen, in Werkstoffen für den Hausbau und in vielen Bereichen mehr. Reste der Chemikalie wurden im Trinkwasser festgestellt, in Deutschland fand man früher PFOS in Badeseen in der Nähe von Flughäfen.

Zwischen 2004 und 2015 produzierte Brasilien 487 Tonnen PFOS, die in die Umwelt freigesetzt wurden. Seitdem beträgt die Herstellung jährlich rund 30 Tonnen. Sie tragen zu einem bedeutenden Teil der globalen Umweltbelastung bei. Die Lobby der großen Chemiefirmen verhinderte im Mai dieses Jahres auf der neunten Konferenz der Unterzeichnerstaaten des Stockholmvertrages, dass der Gebrauch von Sulfluramid auch in Lateinamerika stärker eingeschränkt wird. Der als "akzeptabel" eingestufte Gebrauch des Produktes darf nun weitergehen.

Sulfluramid besonders in den Mercosur-Staaten

Sulfluramid wird heute am meisten in den Mercosur-Staaten sowie in Kolumbien und Venezuela verwendet.

In Brasilien stiegen die Umweltgifte in der Landwirtschaft bereits unter der Regierung von Dilma Rousseff an. Der Putsch-Präsident Temer bewilligte sie noch weit stärker. Doch unter Jair Bolsonaro erreichte ihr Einsatz ein noch nie dagewesenes Ausmaß. Seit Regierungsantritt hat Bolsonaro über 200 neue Pestizide zugelassen. Laut Greenpeace sind 25 Prozent davon in Europa verboten.

Die Schädlinge werden immer wieder resistent. Das macht stets neue Generationen und noch größere Mengen von Giften erforderlich, um die Ernten zu retten. Die industrialisierte Landwirtschaft mit ihrem massenhaften Anbau von gentechnisch veränderter Soja und Mais führt zu einem katastrophalen Ausmaß an Umweltverseuchung.

Umweltgifte im Trinkwasser

Die Nationale Agentur für Gesundheit und Umwelt (ANVISAberichtete, dass vor allem im Trinkwasser der brasilianischen Großstädte, doch insgesamt bei 1.396 Städten und Gemeinden 27 Pestizide festgestellt wurden. Davon sind 16 hoch- oder extrem giftig, und elf stehen im Verdacht, chronische Krankheiten hervorzurufen (Krebs, Missbildungen bei Neugeborenen, Hormonstörungen und Unfruchtbarkeit). Doch die Grenzwerte sind in Brasilien per Gesetz weit höher angesetzt als in Europa.

In einer Gemeinschaftsarbeit haben die Nichtregierungsorganisation "Repórter Brasil", die "Nationale Agentur für Gesundheit und Umwelt" sowie die Schweizer Organisation "Public Eye" eine interaktive Landkarte erstellt, mit deren Hilfe man den Grad der Verseuchung des Trinkwassers an jedem Ort Brasiliens feststellen kann. Demnach sind rund 40 Prozent des brasilianischen Staatsgebietes stark betroffen.

Die brasilianische Toxikologin Virginia Dapper sagte, "die Situation ist extrem riskant und gefährdet in hohem Maße die Gesundheit der Bevölkerung".

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