Meinung

Feuer frei: San-Francisco-Stadtverwaltung erklärt National Rifle Association zu "Inlandsterroristen"

Dass die Verwaltung einer Großstadt den Waffenliebhaberverband NRA zu "Inlandsterroristen" erklärt, ist selbst für die hitzköpfige politische Kultur der USA harter Tobak. Droht nun eine Eskalation im Krieg der politischen Kulturen, der in den USA ohnehin seit Jahren tobt?
Feuer frei: San-Francisco-Stadtverwaltung erklärt National Rifle Association zu "Inlandsterroristen"Quelle: AFP

Von Nebojša Malić. Original auf Englisch: Shots fired: San Francisco declares NRA ‘domestic terrorists’

Das San Francisco Board of Supervisors (dt.: "Aufsichtsrat", de facto Hauptverwaltungsorgan der Stadt San Francisco und des gleichnamigen Bezirks im US-Bundesstaat Kalifornien) hat in einer Erklärung den Waffenlobby- und Schützenverband National Rifle Association zur "inländischen Terrororganisation" erklärt. Damit scheinen die der eher waffenfeindlichen Demokratischen Partei angehörigen Ratsmitglieder lediglich Tugendhaftigkeit signalisieren zu wollen (bzw. was sie darunter verstehen). Doch die Resolution könnte durchaus zu einer Eskalation des Krieges der politischen Strömungen führen, der die USA bereits seit Jahren erschüttert.

"Kauft nicht beim Waffennarren!"

Die NRA setze ihre Geldmittel und ihre Macht ein, um "Waffenbesitzer zu Gewalttaten anzuregen", heißt es in der von den Demokraten am Dienstag verabschiedeten Resolution. Darin werden die Stadtbewohner aufgefordert, keine Geschäfte mit Angehörigen der NRA zu tätigen – auch nicht mit Personen, die mit der Organisation in Verbindung stehen.

In der Erklärung wird der NRA zudem vorgeworfen, "Propaganda zu verbreiten, die die Öffentlichkeit über die Gefahren von Waffengewalt falsch informieren und täuschen soll", und "extremistische Positionen zu vertreten, die den Ansichten der Mehrheit ihrer Mitglieder und der Öffentlichkeit widersprechen".

Es waren die Demokraten, die Präsident Donald Trump der Lüge bezichtigten, als er behauptete, sie wollten den US-Amerikanern ihre Waffen nehmen. Doch nun scheint es, als könnten sie es kaum erwarten, seine Aussage zu bestätigen.

Es gibt viele Dinge, die hier erwähnt werden müssen. Zuallererst hat diese Erklärung der Stadt- und Landkreisverwaltung keine Gesetzeskraft. Städte und Bundesstaaten in den USA können Terrorismus nicht mit Gültigkeit definieren, weder im Inland noch andernorts – das ist Aufgabe der Regierung in Washington. Nach Angaben des FBI handelt es sich bei einheimischen Terroristen in erster Linie um US-amerikanische Bewegungen, die "extremistische Ideologien politischer, religiöser, sozialer, rassistischer oder ökologischer Natur vertreten".

Worauf würde dieser Verstoß gegen den Zweiten Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten also hinauslaufen?

Dann wäre da noch die Heuchelei. Die Ratsabgeordnete Catherine Stefani erklärte den Medien, die Resolution sei von den Amokschießereien der letzten Monate inspiriert worden. Jedoch war kein einziger Amokschütze Mitglied der NRA – im Gegensatz beispielsweise zu dem Texaner, der mithilfe seiner privaten Waffe im Jahr 2017 einen Amoklauf in einer Kirche stoppte.

"Sie sollten inzwischen vernünftigerweise wissen, dass sie das Feuer des Hasses in diesem Land schüren", sagte Stefani der Washington Post. "Menschen sterben, doch sie stehen weiterhin Reformen im Wege."

Allerdings bedeutet auch das strengste Waffenrecht nichts, wenn die Behörden aufgrund politischer Erwägungen nicht bereit sind, Täter für Verstöße dagegen zu bestrafen. So war der Mann, der Kate Steinle aus San Francisco im Jahr 2015 angeschossen und getötet hat, zuvor einer Verurteilung wegen Mordes und Totschlags entgangen; und vor Kurzem wurde seine Verurteilung wegen unerlaubten Waffenbesitzes aufgrund einer Formalität aufgehoben. Kritikern zufolge liegt der einzige Grund für diese Behandlung darin, dass der Mörder ein illegaler Einwanderer ist und die Demokraten alles daran gesetzt haben, San Francisco und Kalifornien insgesamt zu einem Zufluchtsort für diese zu machen.

Zu guter Letzt kommen Wortverdrehungen hinzu. Stefani erklärte gegenüber KQED Radio, NRA-Autoaufkleber gegen Waffenverbote besagten, dass "vernünftigen Debatten über die öffentliche Sicherheit mit Gewalt begegnet werden sollte".

Die Weigerung, ein verfassungsmäßig garantiertes Recht aufzugeben, ist also irgendwie ein Anreiz für Gewalt und Hass – doch wenn der Kongressabgeordnete Eric Swalwell über den Einsatz von Atomwaffen gegen Waffenbesitzer schwadroniert, ist das in Ordnung? Ach so, Swalwell ist Demokrat – das ist wohl der Unterschied.

San Francisco hat eine gewisse Vorgeschichte, was Wortverdrehungen zwecks Herbeiführung sozialer und politischer Veränderungen angeht. Erst im vergangenen Monat hatte dasselbe Aufsichtsgremium angeordnet, einen ehemaligen Straftäter als "mit dem Gesetz in Konflikt geratene Person" oder "zurückkehrenden Einwohner" und einen jugendlichen Straftäter als "von der Jugendgerichtsbarkeit betroffenen Jugendlichen" zu bezeichnen, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Nebelkerzen im Machtkampf

Mit diesen nach albernem Kinderkram anmutenden Lippenbekenntnissen versucht der Stadt- und Gemeinderat von San Francisco, sich als Verfechter wie auch immer verstandener Tugenden zu profilieren. Doch das fällt in eine Zeit, in der San Francisco in Kot und Urin, gebrauchten Injektionsnadeln und anderen Abfällen der explodierenden Anzahl Süchtiger und Obdachloser erstickt – ein weiterer Nebeneffekt der Weigerung der Liberalen mit blutendem Herzen, bestehende Gesetze zum Wohle der öffentlichen Sicherheit auch durchzusetzen.

Die Resolution sei "nur ein weiterer Auswuchs von wertlosem und abscheulichem Verbal-Aktionismus angesichts der Gewaltepidemie, die unsere Nation im Griff hat", wertete Amy Hunter, Sprecherin der NRA. Sie nannte die Erklärung ferner einen "unbedachten Aggressionsakt gegen eine gesetzestreue Organisation".

Sprachmanipulation war noch nie ein Grund zum Lachen, und hier macht sie zudem deutlich, dass es überhaupt nicht um Waffen geht – und niemals um Waffen ging. Es geht um Macht. Zwischen ihren beiden jüngsten Resolutionen hat der Stadt- und Landbezirksrat von San Francisco beschlossen, sozusagen kühn durch den Spiegel zu gehen, um es mit "Alice im Wunderland" zu sagen:

Das Ei namens Humpty Dumpty sagt an einer Stelle zornig: "Wenn ich ein Wort verwende, dann bedeutet es genau das, was ich damit meine – nicht mehr und nicht weniger."

"Die Frage ist", erwidert Alice, "ob man Wörter so viele verschiedene Dinge bedeuten lassen könne."

"Die Frage ist", antwortet Humpty Dumpty, "welche davon die Hauptbedeutung sein soll – das ist alles."

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