Meinung

Sigal Mandelker: Die Frau, die für Israel Krieg gegen den Iran führt

Die USA und Israel befinden sich schon lange im Krieg gegen den Iran. Dieser wird aber zum größten Teil nicht mit Bomben und Raketen geführt, sondern mit Sanktionen. An vorderster Front sitzt eine Frau im US-Finanzministerium, die zugibt, weshalb die USA den Iran wirtschaftlich zerstören wollen.
Sigal Mandelker: Die Frau, die für Israel Krieg gegen den Iran führtQuelle: AFP

von Zlatko Percinic

Bereits der Geburtsort der Staatssekretärin für Terrorismus und Finanzinformation im US-Finanzministerium sorgt für Kontroversen. Laut offiziellen Regierungsangaben wurde Sigal Mandelker in Chicago im US-Bundesstaat Illinois geboren. Doch Medienberichte aus Israel und anderen Ländern halten hartnäckig eine andere Version aufrecht, wonach sie in Israel geboren und erst später mit ihren Eltern in die USA übersiedelte. Immer wieder spricht Mandelker darüber, wie sehr sie die Erzählungen ihrer Eltern geprägt haben, die den Holocaust überlebt und aus ihrer Heimat in Dubno/Ukraine fliehen mussten. Was jedoch ihren Geburtsort betrifft, hüllt sie sich gern in Schweigen.

Auch das Finanzministerium weigert sich trotz verschiedener Anfragen von Medien, Auskunft darüber zu erteilen, ob die Unterstaatssekretärin an einem der strategisch wichtigsten Posten mit globalen Auswirkungen nebst der US-Staatsbürgerschaft zusätzlich noch einen israelischen Pass verfügt. Obwohl seit einer knappen 5:4-Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Fall von Beys Afroyim (geb. Ephraim Bernstein) im Jahr 1967 die doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt wurde, sorgte diese Praxis spätestens seit der Irakinvasion 2003 für vermehrte Kritik. Laut L. Michael Hager, einem ehemaligen US-Diplomaten und Anwalt, sollten alle Kongressabgeordneten und hohen Regierungsbeamten ihre ausländischen Staatsbürgerschaften abgeben:

Warum ist es für Bürger wichtig zu wissen, ob ihre Abgeordneten im Kongress doppelte Staatsbürger sind? Weil beides, realer und vermuteter Interessenkonflikt, das öffentliche Vertrauen erodiert.

Gerade von einer US-Spitzenbeamtin wird erwartet, dass sie auch die nationalen Interessen der USA vertritt und entsprechend handelt. Aber Sigal Mandelker war es selbst, die Zweifel an diesem eigentlich selbstverständlichen Standpunkt gesät hatte. Beim Aspen Security Forum Mitte Juli in Aspen/Colorado, einer Sicherheitskonferenz der Denkfabrik Aspen Institute, ging es unter anderem auch um das Thema "Eindämmung des Iran". Als Panelisten waren nebst Mandelker noch Wendy Sherman, ehemalige Staatssekretärin im Außenministerium und Verhandlungsführerin von Barack Obama zum Atomabkommen mit dem Iran, und Jeremy Bash, Stabschef des Verteidigungsministeriums und der CIA unter Obama, anwesend.

Während der Diskussion eröffnete Sigal Mandelker umgehend das Feuer und beschuldigte die Beamten der Obama-Regierung, nichts gegen die angebliche Gefahr getan zu haben, die vom Iran ausgehen soll. Teheran "stellt eine unglaublich destabilisierende Präsenz in der Region dar. Sie bedrohen unseren großartigen Alliierten in der Region, Israel!", polterte sie, indem der Iran der libanesischen Miliz Hisbollah "hunderte und hunderte Millionen Dollar pro Jahr" überweise.

Und dann sagte sie diesen einen Satz, der deutlich offenbarte, wieso eigentlich die USA diesen zerstörerischen Wirtschaftskrieg gegen den Iran führen:

Schädliche Akteure brauchen nun einmal Geld, um schädliche Dinge zu tun. (…) Deswegen haben wir dieses massive Sanktionsregime. Weil wir wissen, dass der Iran unseren großartigen Partner bedroht, Israel!

Abgesehen davon, dass dieses Eingeständnis von den meisten Mainstream-Medien ignoriert wurde, obwohl der erste Teil des Satzes durchaus Eingang selbst in die deutsche Berichterstattung fand. So widmete auch das Handelsblatt einen Beitrag (vom 26.08.) zu Sigal Mandelker und erwähnte sogar diese Veranstaltung, doch den Bezug zu Israel ließ das Blatt aus.

Diese Fixierung auf den Iran und Israel wurde indessen dem erst 2004 geschaffenen Büro für Terrorismus und Finanzinformation (Office of Terrorism and Financial Intelligence) OTFI in die Wiege gelegt. Der erste Staatssekretär – und Mandelkers Mentor – auf diesem Posten war Stuart Levey, der die US-Regierung von George W. Bush dazu drängte, den Iran mit Sanktionen zu überziehen. Aufgrund seiner Verbissenheit wurde er vom Außenministerium bereits mit Charlie Wilson verglichen, jenem Kongressabgeordneten aus Texas, der anfänglich fast im Alleingang die Waffenverkäufe an die afghanischen Rebellen während der sowjetischen Besatzung organisierte. Anlehnend an "Charlie Wilsons Krieg" widmete ihm die New York Times 2008 einen längeren Artikel unter dem Titel "Stuart Leveys Krieg".  

Bei der jährlichen AIPAC-Konferenz 2005 in Washington, einer der mächtigsten Pro-Israel-Lobbyisten in den USA, zeigte Levey bereits nach kurzer Zeit im Amt, wohin die Reise gehen soll:

Ich war ein Bewunderer der großartigen Arbeit, die diese Organisation seit meinen Tagen an dem einjährigen Programm an der Hebräischen Universität von 1983 und 1984 leistet. (…) (Mein) Büro bringt eine Vielzahl von Behörden und Möglichkeiten unter einen Hut, was es uns erlaubt, eine Reihe von Werkzeugen gegen verschiedene Bedrohungen einzusetzen, ob das Terroristen, Drogendealer, Verbreiter von Massenvernichtungswaffen oder Schurkenregime wie der Iran und Nordkorea sind. Wir erheben Wirtschaftssanktionen, um Druck auf querschlagende Regime auszuüben, und wir haben die Möglichkeit, Vermögenswerte von Missetätern einzufrieren.

Nachdem Stuart Levey nach sieben Jahren im Amt von David Steven Cohen 2011 abgelöst wurde, bezeichnete der britische Journalist und Nahostexperte Patrick Seale die Position des Staatssekretärs für Terrorismus und Finanzinformation als einen "Job, der für Pro-Israel-Neocons reserviert zu sein scheint, die einen Wirtschaftskrieg gegen Teheran führen". Da sich Cohen sehr schnell den Spitznamen "Sanktionsguru" eingehandelt hat, scheint die Behauptung von Seale zumindest nicht vollkommen abwegig zu sein. Zusammen mit Israel stimmte Cohen dann seinen Kampf gegen den Iran ab und weitete diesen auch auf Syrien aus.

Nach dreieinhalb Jahren auf diesem Posten wechselte der "Sanktionsguru" in die Welt der Geheimdienste und wurde zum Vizedirektor der CIA ernannt, obwohl er über "keine Erfahrung in einer Geheimdienstorganisation verfügt", wie die Jerusalem Postfeststellte.

In diesem Umfeld wurde Sigal Mandelker das Handwerk des Wirtschaftskrieges beigebracht, welches sie seit ihrer Ernennung zur Staatssekretärin im Finanzministerium von Steven Mnuchin noch weiter ausbaute. Dieser von ihr geführte Wirtschaftskrieg betrifft nicht nur den Iran direkt, sondern auch andere Länder, die mit dem Iran Handel treiben oder Öl kaufen wollen. Sie alle werden zum potenziellen Ziel von Sanktionen, wenn die ersten Drohungen nicht die gewünschte Änderung im Verhalten bringen.

Während es oft die Vertreter des US-Außenministeriums sind, also Diplomaten oder der Minister persönlich, die die betreffenden Regierungen ermahnen und zum Rückzug aus dem Iran-Geschäft drängen, so steckt stets die unsichtbare Hand von Mandelker dahinter. Das musste auch Per Fischer, der die aus der Not geborene Tauschbörse Instex mitaufgebaut hatte, am eigenen Leib erfahren, als ihn ein Brief vom 7. Mai aus Washington erreichte. Darin warnte ihn die Staatssekretärin, dass jeder, der mit Instex in Zusammenhang gebracht wird und einen Handel mit dem Iran unter Umgehung von US-Sanktionen betreibt, mit "schweren Konsequenzen" rechnen müsse. Diese könnten einen "Ausschluss vom Zugang zum US-Finanzsystem" bedeuten. Sein Nachfolger Bernd Erbel, Deutschlands Botschafter in Kairo, Bagdad und Teheran, wurde unter dubiosen Umständen aus dem Amt gedrängt, noch bevor er überhaupt richtig loslegen konnte.

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Auch die schon an Mafiamethoden erinnernde Verfolgung, Bedrohung und versuchte Bestechung von Kapitänen, wie der jüngste Fall mit dem iranischen Supertanker "Adrian Darya 1" zeigte, trägt Mandelkers Handschrift. Sie ist es auch, die die französische Initiative von Emmanuel Macron zur Rettung des Atomdeals mit dem Iran sabotiert und sich weigert, grünes Licht für eine Kreditlinie von 15 Milliarden US-Dollar zu erteilen, wie es den Franzosen und Iranern vorschwebt. Stattdessen intensivieren die USA die Jagd auf die iranischen Öllieferungen, die sie vollständig zum Erliegen bringen wollen.

Unterstützung erhält Washington vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der sich zu einem äußerst kurzfristigen Überraschungsbesuch bei seinem Amtskollegen in London ankündigte. Ganze 29 Minuten dauerte das Gespräch mit Boris Johnson, der sich mitten im Brexit-Chaos befindet. Netanjahu forderte von ihm, dass Großbritannien als verbliebener Vertragspartner des Atomabkommens die französische Initiative von Macron ablehnt. Noch vor dem Abflug sagte er am Flughafen von Tel Aviv: 

Das ist nicht die Zeit, um Gespräche mit dem Iran zu führen. Das ist die Zeit, um den Druck auf den Iran zu erhöhen. Das sind immer wichtige Angelegenheiten für den Staat Israel, aber insbesondere jetzt.

Damit dürfte Netanjahu Sigal Mandelker aus der Seele gesprochen und sie noch weiter in ihrem Wirtschaftskrieg bestärkt haben. Nach Johnson traf sich der israelische Ministerpräsident in London noch mit dem US-Verteidigungsminister Mark Esper und dem Vizepräsidenten Mike Pence. 

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