Israel: Alles gemäß Standardvorgehensweise

Jüdische Siedler exekutieren einen am Boden liegenden Palästinenser. Israelische Soldaten zerstören die Beweise. Niemand untersucht den kaltblütigen Mord. In Israel ist das die Standardvorgehensweise. Doch unsere Medien wiederholen papageienartig die Lügen.
Israel: Alles gemäß StandardvorgehensweiseQuelle: www.globallookpress.com © ZUMAPRESS.com/Mahmoud Khattab

von Rainer Rupp

Beginnen wir mit den Fakten, so wie sie der jüdisch-israelische Journalist Yossi Gurvitz am 17. April 2019 auf der Israel kritischen, US-jüdischen Webseite Mondoweis präsentierte:

"Vor etwa zwei Wochen, am 3. April, hat der Palästinenser Muhammad Abed Al-Fatah, ein Bewohner des Dörfchens Khirbat Qais, an der Durchgangsstraße des Dorfplatzes von Beita mehrere vorbeifahrende Autos mit israelischen Kennzeichen mit Steinen beworfen. Ein jüdischer Siedler namens Yehoshua Sherman feuerte daraufhin aus seinem Fahrzeug mehrere Schüsse auf den 23 Jahre alten Abed Al-Fatah ab. Dann verließen Sherman und eine weitere Person das Fahrzeug und näherten sich Abed Al-Fatah, der vor ihnen in Deckung ging. Sherman und der andere Israeli schossen erneut auf den Palästinenser und verletzten ihn. Die beiden Schützen traten anschließend an den blutend am Boden liegenden und unbewaffneten Al-Fatah heran, um ihn mit weiteren Schüssen aus unmittelbarer Nähe zu exekutieren."

Laut Yossi Gurvitz verlief bis zu diesem Punkt alles nach der "Standard Operating Procedure", also gemäß der "Standardvorgehensweise" der Israelis für solche Situationen.

Gleich darauf kündigte der Sprecher der israelischen Streitkräfte, die offiziell "Israelische Verteidigungskräfte" (IDF) heißen, an, dass der Palästinenser Abed Al-Fatah "bei einem Messerangriff getötet" worden sei.

Aber es gab kein Messer und keinen Messerangriff. Aber das spielte keine Rolle. Der IDF-Sprecher ist gewohnt zu lügen, wenn es um Palästinenser geht.

Soweit alles gemäß der "Standardvorgehensweise".

Anschließend haben die israelischen Medien den Mord als einen vereitelten Messerangriff dargestellt, genau wie es der IDF-Sprecher wollte.

Soweit alles gemäß der "Standardvorgehensweise".

Seither gibt es keinerlei Hinweise, dass die beiden Schützen wegen dieses Mordes auf offener Straße von der israelischen Polizei festgenommen, verhört oder dass das Verbrechen untersucht wurde, obwohl dabei eine Person getötet worden ist.

Anschließend geschah jedoch etwas, was von der "Standardvorgehensweise" abweicht, so sieht es zumindest Yossi Gurvitz. Die IDF-Soldaten drangen in zwei Geschäfte in der Nähe des Tatorts ein und beschlagnahmten zwei Video-Kameras des Sicherheitssystems, überprüften den Inhalt der Aufnahmen und löschten diese.

Das alles wurde im Rahmen eines Berichts der israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem bekannt, die einmal mehr den Job der israelischen Medien, der Staatsanwaltschaft und der Polizei macht, die das Gegenteil von investigativ sind, wenn es um Verbrechen gegen Palästinenser geht.

Auch die IDF-Soldaten hielten die israelischen Schützen nicht fest, wie es das israelische Gesetz verlangt. Aber das war zu erwarten, denn Gesetze haben nur Wirkung, wenn die Strafverfolgungsbehörden sie auch durchsetzen. "Zudem weiß die große Mehrheit der israelischen Soldaten nicht einmal, dass die das Recht und in solchen Fällen sogar die Pflicht haben, auch jüdische Siedler zu verhaften", so Yossi Gurvitz. Andererseits hätten die israelischen Soldaten in diesem Fall offensichtlich große Initiative bewiesen, als es nämlich darum ging, die Video-Beweismittel des Mordes zu konfiszierten und zu vernichten. Das sei ganz offensichtlich die Lehre, welche die IDF-Soldaten aus der sogenannten Azaria-Affäre gezogen hätten: Zerstört die Kameras!

Der Hintergrund zu dieser Affäre: Der israelische Soldat Elor Azaria erschoss vor drei Jahren den Palästinenser Abdel Al-Sharif, der zuvor einen israelischen Soldaten erstochen hatte. Azaria kam elf Minuten nach dem Messerangriff an den Tatort und schoss dem verwundet, am Boden liegenden Al-Sharif eine Kugel in den Kopf. Azaria hatte das Pech, von einer B'Tselem-Kamera gefilmt zu werden.

Nach dem Mord – und die Erschießung einer verwundeten, unbewaffneten Person ist in allen zivilisierten Ländern ein Mord – begann die mächtige, rechts-extremistische Szene in Israel mit starker politischer Unterstützung der Regierungsparteien einen Propagandafeldzug gegen die Festnahme des Soldaten Azaria. Sie warnte, dass Soldaten jetzt zögern würden, Terroristen zu erschießen. Azaria kam schließlich mit einer lächerlich geringen Strafe davon, die er sicherlich noch in ein großes Vermögen umsetzen wird. Denn bei den israelischen Rassisten gilt er als großer Held, der gezeigt hat, wie es gemacht werden muss.

Die Lehre, Kameras und andere Beweismittel in der Nähe von Tatorten unbedingt zu vernichten, haben die IDF-Soldaten inzwischen verinnerlicht. Im aktuellen Fall der Ermordung von Abed Al-Fatah stellt sich allerdings die Frage, warum die Soldaten die Videos gelöscht haben, obwohl nicht sie nicht selbst, sondern Siedler das Verbrechen begangen haben? Dafür nennt der linke jüdisch-israelische Journalist Gurvitz zwei Gründe:

Erstens seien die Soldaten in einem Land aufgewachsen, das von "Hasbara besessen" ist. "Alles, was das Image Israels beeinträchtigt, muss unterdrückt werden. Und zweitens sind die Siedler nur ein weiterer Arm des israelischen Regimes. Genauso wie die Journalisten, die sich nicht die Mühe gemacht haben, das Bulletin des IDF-Sprechers zu überprüfen. Sie benötigten dafür keine Weisung. Sie kennen längst die ihnen zugedachte Rolle. Alle arbeiten auf dasselbe Ziel hin", so Gurvitz. Und unter Anspielung auf die verlogene, aber weit verbreitete Phrase der westlichen Israel-Apologeten von der angeblich "einzigen Demokratie im Nahen Osten" meint Journalist resigniert, so ginge es leider zu in der "einzigen jüdischen Militärdiktatur der Welt".

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