Meinung

UN-Migrationspakt: Wie die Bundesregierung über Bande spielt

Die Bundesregierung tut alles, um die eigene zentrale Rolle beim UN-Migrationspakt kleinzureden. Dabei spricht einiges dafür, dass sie wieder einmal versucht, über Bande zu spielen. Sie setzt ihre Politik durch und schiebt die Verantwortung anderen zu.
UN-Migrationspakt: Wie die Bundesregierung über Bande spieltQuelle: AFP

von Andreas Richter

Anfang November erschien bei Telepolis ein Artikel, in dem beschrieben wurde, wie die deutsche Bundesregierung mit den europäischen Institutionen über Bande spielt. Gesetze, die in Deutschland nicht durchzusetzen sind, werden auf europäischer Ebene durchgedrückt und damit auch in Deutschland zur Geltung gebracht. Die Wut der Bürger wird dann nach Brüssel umgelenkt, auf die "Brüsseler Bürokratie". Bekanntes Beispiel ist das Glühlampenverbot, das von deutschen Unternehmen befördert und von deutschen Behörden maßgeblich vorbereitet worden war.

Es spricht einiges dafür, dass wir beim UN-Migrationspakt derzeit Ähnliches erleben, nur dass die UN hier die Rolle der EU einnimmt. Die Bundesregierung hat ihre Rolle bei der Ausarbeitung des UN-Paktes immer kleingeredet. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen sagte aber im Interview mit Cicero ausdrücklich, dass die deutsche Regierung die Aushandlung des Paktes federführend gestaltet hat. Die Regierung selbst betont in einem Bericht vom Oktober selbst ihre "internationale Gestalterrolle" in diesem Bereich.

Für eine führende Rolle der Bundesregierung spricht auch das Herumdrucksen des zuständigen Auswärtigen Amtes auf Fragen nach Verhandlungspositionen und erzielten Kompromissen. Auffällig ist aber vor allem die inhaltliche Übereinstimmung: Die Ausführungen des Paktes zum Thema Arbeitsmigration und Migration gleichen insgesamt der Rhetorik der deutschen Regierung, die mangelhafte Unterscheidung zwischen Arbeitsmigranten und Flüchtlingen ihrer praktischen Politik.

Auch die im Pakt verankerte, absurde Delegitimierung jeder migrationskritischen Position als ausländerfeindlich entspricht der Linie, die die Bundesregierung in Deutschland seit Jahren verfolgt. Das von Dagdelen kritisierte Verschweigen der Migrationsursachen, wie etwa Krieg und unfaire Handelsverträge, im UN-Papier steht ebenfalls im Einklang mit den üblichen Auslassungen der Regierung zum Thema.

Die Bundesregierung ist also offensichtlich maßgeblich für den Inhalt des Migrationspaktes verantwortlich. Umso unehrlicher wirkt die Kommunikation der Regierung zum Thema: Dem Pakt werde zugestimmt, weil er "nicht verbindlich" sei und weil er dazu diene, Migration zu reduzieren. Über ihre wirkliche Motivation – eine moralische Legitimierung der geplanten, fast uneingeschränkten Arbeitsmigration – kein Wort. Dass dieselbe Regierung Kritikern des Migrationspaktes Lügen unterstellt, wirkt vor diesem Hintergrund schon beinahe amüsant. 

Doch die eigentliche Pointe dürfte noch kommen. Das "Fachkräfteeinwanderungsgesetz", das sich derzeit in der Ressortabstimmung befindet und mit dem die Einwanderung von Arbeitsmigranten erleichtert werden soll, wirkt in weiten Teilen deckungsgleich mit dem UN-Migrationspakt. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied: Während im UN-Pakt festgeschrieben steht, dass Migranten nicht von Sozialleistungen ausgeschlossen werden dürfen, sieht das deutsche Einwanderungsgesetz vor, dass Arbeitsmigranten fünf Jahre lang keine Sozialleistungen beziehen können.

Die Regierung will an diesem Punkt keinen Widerspruch zwischen den beiden Papieren erkennen. Doch der Blogger Norbert Haering weist darauf hin, dass dieses Gesetz das Maximum an Einreisefreizügigkeit sei, "das man dem deutschen Michel zumuten zu können glaubte", die Urheber aber wahrscheinlich wenig gegen noch freizügigere Regeln gehabt hätten. Künftige Forderungen nach einem Ende des erwähnten Ausschlusses von Sozialleistungen dürften bei den Regierenden auf wenig Widerstand treffen.

Die Bundesregierung hat den UN-Migrationspakt maßgeblich mitgestaltet, um die eigene, wirtschaftsfreundliche Migrations- und Flüchtlingspolitik mit dem UN-Siegel adeln zu können. Besonders unpopuläre Aspekte dieser Politik, wie beispielsweise die mögliche Gewährung von Sozialleistungen an Arbeitsmigranten, hätte man andererseits nach dem Muster der Glühlampenverordnung den UN in die Schuhe schieben können. Beides dürfte nun, da der Migrationspakt anders als geplant ausführlich diskutiert und auch kritisiert wird und die deutsche Rolle bei seinem Zustandekommen allmählich deutlich wird, nicht mehr wie geplant funktionieren.

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