Meinung

Hurra: Wir sind Weltkanzler!

Nein, es ist nicht der 1. April. Nein, der Alkoholkonsum bei RT Deutsch ist nicht signifikant angestiegen. Es gibt nur eine neue Umfrage, die offenlegt, wie widersprüchlich die Wahrnehmung von Politikern ausfallen kann. Eine kleine Glosse zum Thema Ontologie.
Hurra: Wir sind Weltkanzler!Quelle: Reuters © Collage: Matthias Jüstel

von Timo Kirez

Ontologie beschäftigt sich mit so nebensächlichen Fragen wie "Was ist der Mensch?", oder "Hat die Welt einen Anfang?" oder manchmal auch "Wenn Superkleber wirklich überall klebt, warum dann nicht auf der Innenseite der Tube?" Grob gesagt, geht es um die Grundstrukturen der Wirklichkeit. Wirklichkeit, Sie erinnern sich, ist laut einem irischen Sprichwort der Zustand, der bei Mangel an Alkohol zutage tritt. In der Philosophie streiten sich Realisten und Idealisten schon seit Menschengedenken darüber, ob die Gegenstände der menschlichen Erkenntnis mehr als gedankliche Konstrukte sind. Natürlich eine rein akademische Diskussion, denn den Wirklichkeitsgrad einer empfangenen Ohrfeige würde auch der größte Idealist nicht in Zweifel stellen.

Mit anderen Worten: Das ganze Leben ist nicht, wie Hape Kerkeling mal sang, ein "Quiz", es ist vielmehr ein Paradoxon. Zum Beispiel wie die Frage, wie Stühle aussehen würden, wenn unsere Kniescheiben hinten lägen. Oder auch, warum der Hamburger SV immer noch als Fußballverein durchgeht. Und da wir nun schon den Bereich des Paradoxen betreten haben, fällt die Überleitung zu einer Umfrage des US-amerikanischen Pew Research Centers auch nicht mehr weiter schwer. Laut dieser aktuellen Umfrage genießt Bundeskanzlerin Angela Merkel weltweit das höchste Ansehen.

Da die BILD auf den Titel "Wir sind Weltkanzler" diesmal verzichtet hat, springt RT Deutsch ausnahmsweise in die Bresche. Laut der Umfrage erhält Merkel die höchste Zustimmungsrate aus den Niederlanden (85 Prozent), aus Schweden (82 Prozent) und aus Frankreich (78 Prozent). In Deutschland dagegen liegt der Wert lediglich bei 68 Prozent – ein Rückgang von 13 Prozentpunkten im Vergleich zu 2017. Das geringste Vertrauen schenken ihr die Befragten in Griechenland (15 Prozent), Ungarn (31 Prozent) und Polen (37 Prozent).

Nur 27 Prozent der Befragten aus 25 Ländern vertrauen demnach Donald Trump. Damit liegt der US-Präsident hinter dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, dem 30 Prozent vertrauen, und dem chinesischen Staatschef Xi Jinping mit einem Vertrauenswert von 34 Prozent. Dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vertrauen immerhin noch 46 Prozent, was ihn auf Platz zwei hievt. Befragt wurden mehr als 26.000 Menschen in 25 Ländern. Eine vom Spiegel 2018 in Auftrag gegebene Umfrage kommt, was Merkels Ansehen in Deutschland betrifft, zu einem deutlich düstereren Ergebnis.

Für die sogenannte "Politikertreppe" wurden vom 24. bis 26. September 1.039 Bürger befragt, ob sie 20 genannten Politikern künftig "eine wichtige politische Rolle" wünschen würden. Für die Bundeskanzlerin erhofften sich dies nur noch 47 Prozent der Befragten, während 49 Prozent gegen eine starke Rolle Merkels waren. Zum Vergleich: Im September 2017 standen noch 68 Prozent der Befragten hinter Merkel.

Zusammengefasst: Während Merkel im eigenen Land die Felle davonschwimmen, genießt sie international höchstes Ansehen. Wenn man alle Ontologie und Paradoxie einmal beiseite legt, hat vermutlich Franz Kafka Recht, der in seinen Zürcher Aphorismen schreibt: "Der wahre Weg geht über ein Seil, das nicht in der Höhe gespannt ist, sondern knapp über dem Boden. Es scheint mehr bestimmt stolpern zu machen, als begangen zu werden."

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