Meinung

Früh übt sich - NATO-Propaganda im ZDF-Kinderprogramm

Auf der Seite des ZDF-Kinderprogramms Logo! findet sich weichgespülte Propaganda für die Früherziehung zum systemtreuen NATO-Fan. Es ist daher mehr als lohnenswert, sich die Informationen zur NATO anzuschauen und einer notwendigen Kritik zu unterziehen.
Früh übt sich - NATO-Propaganda im ZDF-KinderprogrammQuelle: AFP © Janek SKARZYNSKI

von Hans-Wilhelm Götz

Die stellvertretende Generalsekräterin der NATO, Rose Gottemöller, hatte neulich besonderen Besuch. Die Kinderreporterin Lotte vom ZDF-Kinderprogramm Logo! besuchte sie im NATO-Hauptquartier in Brüssel. Dort führte Gottemöller die kleine Lotte samt Kamerateam herum und erklärte ihr, was der Zweck des Bündnisses ist und warum die NATO die Welt sicherer mache.

Auf den Bildern sieht man Gottemöller mit der strahlenden Lotte bei einem Rundgang im Gebäude, bei einem Gespräch vor NATO-Fahnen und in einem Plenarsaal, in dem Lotte auch mal den Hammer schwingen darf.

Gottemöller lehrte an der Georgetown Universtät Sowjetische Militärpolitik und war stellvertretende Direktorin des britischen Thinktanks IISS, bevor sie im US-Außenministerium für die nukleare Abrüstung ehemaliger Sowjetrepubliken zuständig war. Die Sendung über die NATO steht noch aus, aber es scheint angesichts der Vita klar, wie Gottemöller ihre Organisation präsentieren wird.

Das Kinderprogramm Logo! hat sich aber auch schon früher der NATO gewidmet. Alles wird in einer sehr kindgerechten Sprache geschrieben, aber leider sind auch die Fakten in sträflicher Weise vereinfacht worden. So heißt es gleich zu Beginn:

Die NATO ist ein Militärbündnis. Die Mitgliedsländer der NATO haben sich verpflichtet, einander zu helfen, wenn ein NATO-Mitgliedsland angegriffen würde. Wenn also Deutschland angegriffen würde, würden die anderen NATO-Länder Soldaten schicken, um Deutschland zu helfen.

Damit ist wahrlich nur das wenigste über die Natur des Bündnisses gesagt. Die Angriffskriege der NATO-Staaten gegen das ehemalige Jugoslawien, gegen Afghanistan, gegen Libyen und zuletzt gegen Syrien werden mit keinem Wort erwähnt. Aber schauen wir weiter:

Damit das auch wirklich klappt, falls es einmal nötig wäre, üben Soldaten aus verschiedenen NATO-Ländern gemeinsam, sich zu verteidigen.

Natürlich üben Soldaten regelmäßig auf Manövern, aber auch hier steckt der Teufel wiederum im Detail. Großübungen wie zum Beispiel Saber Strike oder Saber Guardian, bei denen auf dem ehemaligen Gebiet des Warschauer Pakts, an der Grenze zu Russland, ein militärisches Säbelrasseln stattfindet. Doch dazu später mehr.

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Natürlich müssen Soldaten, die miteinander kämpfen, auch mit gleichen Waffen schießen können:

Auch achten die NATO-Länder darauf, dass die einzelnen Armeen ähnliche oder gleiche Waffen anschaffen. Es ist einfacher, wenn alle Länder Waffen und Munition untereinander austauschen können.

Natürlich ergibt dies aus der Perspektive eines Kindes Sinn, doch auch hier wird gefährlich vereinfacht. Am Beispiel der Fusion des deutschen Panzerproduzenten Krauss-Maffey-Wegmann mit dem französischen Konzern Nexter zu KANT (!) kann man sehen, wie das praktisch funktioniert. Zusammen sollen, ähnlich wie bei Airbus, europäische Kanonen und Kettenfahrzeuge auf den Markt kommen, die wettbewerbsfähiger sind und auf dem heißumkämpften Rüstungsmarkt der Schwellenländer mithalten können. Zudem besteht die Befürchtung, dass die deutsche Rüstungsexportkontrolle, die vielen Firmen als zu streng gilt, auf dem Weg über Frankreich ausgehebelt werden soll.

Aber der Text hält noch einige Details zur Entwicklung der NATO bereit:

Seit fast 30 Jahren verstehen sich die Länder des Westens und des Ostens wieder gut. Der Warschauer Pakt wurde 1991 aufgelöst, und einige Länder aus dem Osten sind Mitglied in der NATO geworden. Seit den Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001 geht es der NATO vor allem um eins: Sie soll die Terroristen bekämpfen, die für solche Terroranschläge verantwortlich sind.

In diesem Abschnitt befinden sich mehrere Informationen, die für Stirnrunzeln sorgen sollten. Seit fast 30 Jahren verstehen sich die Länder des Westens und des Ostens wieder gut? Welcher Propagandatroll war da am Werk? Hat der russische Geheimdienst die ZDF-Redaktion unterwandert? War der Autor seit 2014 von den Nachrichten abgeschnitten? Auch Kinder haben ein Recht auf eine weitgehend umfassende Nachrichtenlage. Dass in diesem Text die Ukrainekrise mit all ihren Folgen nicht auftaucht, oder zumindest angedeutet wird, ist nicht zu entschuldigen.

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Auch die Erweiterung der NATO nach Osten wird in keiner Weise problematisiert, sondern als ein Ereignis ohne jede Konsequenzen präsentiert. Ohne auf die Folgen für die Sicherheitslage in Europa einzugehen, wird das Wachstum der NATO als völlig natürlich dargestellt. Dass aber die Erweiterung eine der Hauptursachen für den erneut aufflammenden Ost-West-Konflikt ist, scheint dem Autor keine Erwähnung wert zu sein.

Schließlich wird noch elegant das Legitimationsproblem der NATO nach dem Fall der Sowjetunion wegerklärt und gleichzeitig die schlimmsten Kriegsverbrechen des jungen 21. Jahrhunderts, der Afghanistankrieg und der Irakkrieg, als Kampf für die gute Sache verherrlicht, denn: Wer mag schon Terroristen?

Noch bevor Kinder lesen können, stellen sie schon knifflige Fragen, entwickeln ein Problembewusstsein und bringen Erwachsene in Erklärungsnot.

Aus padägogischer Sicht ist das, was das ZDF auf seiner Seite präsentiert, eine Katastrophe. Es ist ein Text ohne Haken und Ösen, glattgebügelt, um an keiner Stelle Nachfragen aufkommen zulassen. Selbst um den Preis der Geschichtsklitterung. Es wird zwanghaft aus einer Perspektive "berichtet", ohne Kindern die Möglichkeit zu geben, die dargebotete Information kritisch zu betrachten. Eine alternative Sichtweise fehlt vollständig.

Der Text stellt vermeintliche absolute Wahrheiten dar, ohne zu selbstständigem Denken anzuregen. Das scheint im Übrigen nicht erwünscht zu sein. Damit werden Kinder nicht dazu befähigt, die Konflikte auf der Welt in ihrer Komplexität zu verstehen, sondern dazu verleitet, Partei zu ergreifen für das System, das ihnen so sympathisch präsentiert wird.

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